piwik no script img

Verhandlungen über KunststoffentsorgungPakt gegen Plastikmüll

Delegationen aus 175 Staaten verhandeln ab Montag in Paris über eine internationale Konvention. Die Industrielobby reist auch an.

Das weltweites Problem muss international gelöst werden: Plastikmüll Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

Paris taz | Nach ersten Diskussionen über eine internationale Plastikkonvention im vergangenen Dezember in Uruguay, treffen sich erneut die Delegationen aus 175 Ländern und insgesamt rund 1.500 Teilnehmende von Montag bis Freitag am Sitz der Unesco in Paris. Sie verhandeln über das weltweite Problem der Entsorgung von Kunststoffen wie Plastik.

Das von der Umweltversammlung der UNO (Unea) im März 2022 definierte Ziel ist es, bis 2024 ein international rechtsverbindliches Abkommen zur Bekämpfung der Verschmutzung mit Plastik zu schaffen.

Kaum jemand stellt heute noch infrage, dass die weltweite Verschmutzung mit Plastikmüll zusammen mit dem Klimawandel und dem Verlust der Artenvielfalt eine der größten Herausforderungen im Umweltbereich darstellt. Mikropartikel und andere Rückstände dieser aus Erdöl oder -gas hergestellten Kunststoffe sind omnipräsent – im Wasser, im Regen und im Nahrungszyklus und selbst in den entlegensten Gebieten wie dem Himalaja.

Erhebungen weisen in den meisten Ländern auf ein Problembewusstsein der Bevölkerung hin. Das Ausmaß der Entsorgungsschwierigkeiten, der Verschmutzung und ihrer Folgen aber wird immer noch stark unterschätzt.

Doppelt so viel Plastik in 20 Jahren

An sich herrscht bei den UNO-Mitgliedern fast Einstimmigkeit über die Notwendigkeit eines globalen Abkommens. Doch zur Verbindlichkeit, zum Zeitplan, zur Definition von Zielsetzungen für bestimmte Wirtschaftssektoren sowie zur Frage der Finanzierung und Überwachung der Umsetzung bestehen enorme Differenzen.

Es überrascht nicht, dass die Hersteller und Verkäufer von Plastikflaschen und anderen Kunststoffbehältern aus wirtschaftlichen Interessen bremsen, wo immer sie das können. Sie sind dazu mit ihren Lobbyisten in Paris ebenfalls sehr zahlreich vertreten.

Eine der Hauptaufgaben der zahlreichen NGOs in Paris ist daher die Gegeninformation und das Einbringen von griffigen Zielsetzungen. Greenpeace fordert beispielsweise, dass in der zukünftigen Konvention nicht nur eine Obergrenze für die Produktion von neuem Plastik festgehalten wird, sondern auch die Abschaffung der weiterhin massiven Subventionen für die Erdöl- und -gasproduktion.

Zudem fordert die Organisation konkrete Zielvorgaben für einen schrittweisen Ausstieg aus dem System der Einwegplastikflaschen sowie klare Prozesse der Überwachung der versprochenen Fortschritte in den einzelnen Ländern und Wirtschaftssektoren wie Landwirtschaft, Fischerei, Textil oder Bau.

Für Greenpeace war es schon vor dem Beginn der Diskussionen am Montag absehbar, dass es in Paris „ein zähes Ringen“ wird. Die Öl- und Gaslobby kämpft verbissen um das Überleben einer Industrie, die wegen des schrittweisen Verzichts auf fossile Energien in der ­Plastikproduktion einen Rettungsanker sieht. Sie will darum die Verhandlungen bremsen, die eventuellen Beschlüsse verwässern oder mit Pseudolösungen in iĥrem Sinne beeinflussen.

Eine von Norwegen und Ruanda angeführte Koalition von 53 Ländern, zu der auch die EU gehört, setzt sich für ein „ambitiöses Abkommen“ ein. Es eilt, denn laut Schätzungen könnte sich die Herstellung von neuem Plastik in den kommenden 20 Jahren weiter verdoppeln.

Mehrere asiatische Staaten, die USA sowie die Erdölproduzenten am Persischen Golf dagegen möchten sich darauf beschränken, das – bisher sehr problematische – Recycling zu fördern, ohne die Plastikproduktion zu begrenzen. Die nächste Verhandlungsrunde nach Paris ist im November in Kenia geplant.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • So geht das nicht weiter. Ist die Industrie völlig verrückt geworden?



    Was Greenpeace fordert ist mir piepegal. Ich fordere, macht Schluss mit dem Wahnsinn. Auflagen für die Verpackungsindustrie JETZT!!!!!!

  • Ähnlich wie beim Geoengineering ist eine technische Lösung prinzipiell denkbar für bereits jetzt massive unkontrollierbare Einträge in die Umwelt, aber wie bei den klimarelevanten Gasen läuft die Uhr gegen unsere Spezies.



    /



    www.spiegel.de/wis...-a3b2-bfb356555ea2