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Heizungsgesetz der AmpelWas von Habecks Plan geblieben ist

Lange haben die Ampel-Parteien um das Heizungsgesetz gestritten. Nun soll es kommen. Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu.

Läuft im Sparmodus: Das GEG soll in abgeschwächt in Kraft treten Foto: Laura A. Watt/getty

Berlin taz | Lange hat sich die FDP gegen das Heizungsgesetz gewehrt, das Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) im April vorgelegt hatten. Jetzt gibt es bei den letzten strittigen Details eine Einigung. Die beteiligten Ministerien sollen die beschlossenen Änderungen bis Freitag in den Gesetzentwurf einarbeiten. Kommende Woche schon sollen Bundestag und Bundesrat abstimmen.

1 Was bedeutet die Einigung, ist die Wärmewende nun aufgeschoben?

Nein, das Gesetz tritt wie ursprünglich geplant am 1. Januar 2024 in Kraft. In Neubaugebieten dürfen dann keine Öl- und Gasheizungen mehr eingebaut werden. Ansonsten haben Bür­ge­r:in­nen etwas Zeit gewonnen, wenn ihre alte fossile Heizung einen Totalschaden hat – Reparaturen waren ohnehin immer als möglich vorgesehen. Jetzt gilt: Erst wenn die Kommunen einen Plan über das Wie beim künftigen Heizen in ihrem Einzugsbereich vorgelegt haben – die kommunale Wärmeplanung – tritt das sogenannte Gebäudeenergiegesetz für die Bür­ge­r:in­nen vor Ort in Kraft. So bekommen diese etwa Klarheit darüber, ob für sie die Möglichkeit besteht, künftig an ein Nah- oder Fernwärmenetz angeschlossen zu werden. In diesem Fall müssen sie sich keine eigene neue Heizung anschaffen.

2 Bis wann müssen die Kommunen die Wärmeplanung spätestens vorlegen?

Große Städte mit mehr als 100.000 Ein­woh­ne­r:in­nen müssen ihre Pläne bis 2026 vorlegen, kleinere Gemeinden haben bis 2028 Zeit.

3 Was, wenn Eigentümer eine klimaneutrale Heizung brauchen, weil es keine Fern- oder Nahwärme gibt? Gibt es dann eine Unterstützung vom Staat?

Ja. Alle, die eine klimaneutrale Heizung anschaffen, bekommen einen Zuschuss von 30 Prozent der Anschaffungskosten – Vil­len­be­sit­ze­r:in­nen genauso wie arme Rent­ne­r:in­nen. Ei­gen­tü­me­r:in­nen mit bis zu sechs Wohnungen, die schneller als gefordert auf eine neue Heizung umstellen, bekommen bis 2028 einen Bonus von 20 Prozent, ebenfalls unabhängig vom Einkommen. Danach wird der Bonus alle zwei Jahre um drei Prozent gesenkt.

4 Und Leute mit wenig Geld?

Für Haushalte mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen bis zu 40.000 Euro gibt es weitere 30 Prozent Zuschuss. Eine Härtefallklausel für sehr arme Haushalte ist bislang nicht vorgesehen.

5 Können die verschiedenen Förderungen addiert werden?

Nur bis zu einer Grenze von 70 Prozent – mehr gibt es nicht.

6 Ursprünglich sollte das Heizungsgesetz für Leute ab 80 Jahren nicht gelten. Ist das noch so?

Nein, diese Klausel kommt doch nicht. Ältere sollen aber günstige KfW-Kredite bekommen.

7 Was kommt jetzt auf Mie­te­r:in­nen zu?

Sanieren Ver­mie­te­r:in­nen Häuser, können sie grundsätzlich die Investitionskosten über eine sogenannte Modernisierungsumlage auf Mie­te­r:in­nen abwälzen. Nehmen sie eine staatliche Förderung in Anspruch, muss die Fördersumme von den umlegbaren Kosten abgezogen werden. Nun soll neben der bestehenden Modernisierungsumlage eine neue eingeführt werden. Sie gilt nur für einen Heizungstausch und nur unter der Bedingung, dass Ver­mie­te­r:in­nen eine staatliche Förderung in Anspruch nehmen. Damit soll der Mietenanstieg abgemildert werden. Pro Jahr können Ver­mie­te­r:in­nen dann zehn Prozent der Investitionskosten (abzüglich der Fördersumme) auf die Miete umlegen. Zusätzlich greift eine Kappungsgrenze von 50 Cent pro Quadratmeter. Heißt: Die Miete für eine Wohnung, die 60 Quadratmeter groß ist, darf monatlich höchstens um 30 Euro steigen.

8 Müssen Ver­mie­te­r:in­nen für einen Heizungstausch Fördermittel in Anspruch nehmen?

Nein. Wenn sie sich dagegen entscheiden, dürfen Ver­mie­te­r*in­nen pro Jahr acht Prozent der Investitionskosten auf die Miete umlegen. Auch hier darf die Monatsmiete pro Quadratmeter um nicht mehr als 50 Cent steigen. Achtung: Dies gilt nur für einen Heizungstausch. Dämmen Ver­mie­te­r:in­nen zusätzlich die Wände ihres Hauses, gilt die bereits bestehende Modernisierungsumlage. Bei dieser dürfen acht Prozent der Investitionskosten pro Jahr auf die Miete umgelegt werden. Bei dieser Umlage darf eine Monatsmiete höchstens um drei Euro pro Quadratmeter steigen. Wenn die Miete unter sieben Euro pro Quadratmeter liegt, um nicht mehr als zwei Euro.

9 Können Modernisierungsumlagen addiert werden?

Nein. Wird ein Heizungstausch und eine weitere Modernisierungsmaßnahme durchgeführt, dann gilt die Kappungsgrenze von drei bzw. zwei Euro pro Quadratmeter.

10 Was passiert, wenn Mie­te­r:in­nen trotzdem finanziell überfordert sind?

Es ist vereinbart, dass Mie­te­r:in­nen bei finanzieller Überforderung Härtefälle geltend machen können – zum Beispiel, wenn diese durch eine Modernisierung mehr als 30 Prozent ihres Haushaltseinkommens für die Miete ausgeben müssen. Laut Fraktionskreisen soll es dann nur eine beschränkte Umlagefähigkeit geben. Die mietenpolitische Sprecherin der Linken, Caren Lay, fürchtet jedoch, dass die Härtefallregelung nicht funktionieren wird, „da die Mieterinnen und Mieter den Nachweis über die Kostenbelastung selbst erbringen“ müssten. Ihre Partei fordert, dass die Modernisierungsumlage ersatzlos gestrichen wird.

11 Die Einigung kommt kurz vor der parlamentarischen Sommerpause, sodass wenig Zeit für Beratungen bleibt. Werden damit die Rechte der Abgeordneten nicht eingeschränkt?

Das findet die Ampel nicht, die oppositionelle Union aber schon. „Die Bundesregierung streitet über Monate, und dem Parlament soll ein Wochenende für die Bewertung genügen“, kritisiert der CDU-Parlamentarier Andreas Jung. Das untergrabe die parlamentarische Beratung. Am Freitag soll der überarbeitete Gesetzentwurf an die Abgeordneten und an die Ex­per­t:in­nen für eine am Montag angesetzte Anhörung geschickt werden. Für CDU/CSU ist das viel zu kurzfristig.

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12 Kommentare

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  • Was wird mit der Holzheizung? Soll die jetzt verboten werden, oder gilt sie immer noch als erneuerbar?



    Ich frage für südosteuropäische Nationalparks und Bewohner von Wohngebieten.

  • Laut Fraktionskreisen soll es dann nur eine beschränkte Umlagefähigkeit geben.



    Das könnte dazu führen dass sich Vermieter künftig dreimal überlegen an Geringverdiener zu vermieten

  • Und was bringt das meinetwegen in zehn Jahren summa summarum für eine CO2-Reduktion pro Jahr in Tonnen?

    Beispielsweise im Vergleich dazu, brächte man mehr Güter auf die Schiene.

    Von den jährlich etwa vier Milliarden Tonnen Güterfrachtverkehr in Deutschland gehen etwa 3,8 Milliarden Tonnen über LKW. Die gesamten Autobahnen und großen Bundesstraßen in Deutschland bestehen werktags auf der rechten Spur aus einer einzigen LKW-Kolonne.

    Diese haben das deutsche Autobahn- und Brückennetz derart ruiniert, dass endlose Baustellen zu Umwegen zwingen, deren Zusatzverkehr die Schäden noch vergrößert.



    Die Autobahnparkplätze, in Wahrheit längst ein öffentlich finanzierter Ersatz für die eingesparten Lagerhallen, quellen über, der ungeheure Schadstoffausstoß schädigt die Umwelt. Ein beladener 40 t-Lkw verbraucht im Schnitt 39,2 l/100 km, der leere 40 t-Lkw 29,3 l/100 km. Und wie viel zig oder hundert Millionen LKW-Fahrten sind hier im Jahr unterwegs, oft über sehr lange Strecken?

    Den LKW-Verkehr um 80 Prozent zu reduzieren? Die Idee gefällt mir besser als der ganze Heizungszirkus, an den ich noch nicht so recht glaube.

    Doch Zahlen können mich sicher eines Besseren belehren.

  • "Für Haushalte mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen bis zu 40.000 Euro gibt es weitere 30 Prozent Zuschuss. Eine Härtefallklausel für sehr arme Haushalte ist bislang nicht vorgesehen."

    Auch hier wird anscheinend schon wieder davon ausgegangen, dass jeder Häusle- oder wenigstens Wohnungsbesitzer ist. Was ist denn mit 50% der Bevölkerung, die Miethaien ausgesetzt sind? Die haben keinen Einfluss darauf, welche Heizungen sie von ihren VermieterInnen vorgesetzt bekommen. Und da diese jeden Cent auf die Mieten abwälzen, der geht, bezahlen es ausgerechnet die dann voll. Oder gibt es einen Zuschuss für die?



    Da ist es nämlich so, dass die Anschaffung einmalig ist, der Zuschuss einmalig ist, aber die Miete brav bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag erhöht wird.

  • Warum haben kleinere Gemeinden f+r die kommunale Wärmeplanung zwei Jahre mehr Zeit?

    Das erschließt sich mir nicht. Es ist doch wesentlich einfacher eine kleinere Gemeinde zu beplanen als eine große.

    • @Rudolf Fissner:

      Kleinere Gemeinden haben oft weniger Personal und finanzielle Mittel. Je nachdem, wie klein die Ortschaft ist, gibt es evtl. nicht mal einen hauptamtlichen Bürgermeister.



      Auch Know-How ist in einer kleinen Gemeinde nicht so einfach zu holen und ländliche, zerstreute Strukturen machen die Planungen auch nicht unbedingt einfacher - Kosten für Leitungen können auf weniger Haushalte umgelegt werden etc.

  • In die Realität übersetzt heißt das: die Heizungen müssen ausgetauscht werden, wenn wir überhaupt keine mehr brauchen weil die Erde dann schon komplett überhitzt ist. Dann kommen vermutlich Gesetze zum Thema "mit welcher Energiequelle müssen die vielen Klimaanlagen betrieben werden".

    Und wir dürfen alle mal raten, wer von den Medien dafür gebasht wird: die Grünen. Und ganz vorne mit dran beim bashen werden auch die eigentlichen Schuldigen sein: die FDP.

    Leute, die Wirklichkeit ist inzwischen eigentlich schon zu vorhersagbar geworden als dass man noch Zeitungen lesen muss.

    • @Jalella:

      "mit welcher Energiequelle müssen die vielen Klimaanlagen betrieben werden"

      Sie haben Recht, mit dem Nichtstun verstärken wir die Probleme immer mehr. Und bei der wissenschaftlichen Faktenlage nichts zu tun, erinnert irgendwie an die "Wir haben alle nichts gewußt"-Chöre unserer Eltern/Großeltern/Urgroßeltern.

      Die Wirklichkeit ist nicht nur vorhersehbar, sie ist schon da.







      Insbesondere in der sogenannten 3. Welt, in der sich kaum einer den Luxus von Klimaanlagen, egal mit welchem Antrieb, leisten kann.

      • @0 Substanz:

        Stimmt so nicht ganz, schon in den 80ern waren viele Jugendliche für Klimaschutz, aber es wurde nicht gehört,bzw. unterdrückt.



        Heute ist es nicht mehr zu leugnen, trotzdem leben auch viele junge Menschen lieber Ihren Konsum aus,als den unangenehmen Fakten Rechnung zu tragen.

        • @Grandpa:

          Ich teile Ihre Meinung bezüglich der 80er und der Konsumliebe heutzutage, verstehe aber nicht, was an meinem obigen Kommentar nicht so ganz stimmt.

          Falls Sie die "Wir haben alle nichts gewußt"-Chöre irritierten, ich hatte da die Nazis im Sinn.

    • @Jalella:

      "mit welcher Energiequelle müssen die vielen Klimaanlagen betrieben werden".



      Der Betrieb von Klimaanlagen mit PV-Strom ist kein Problem. Da fallen Stromangebot und -bedarf zeitlich und örtlich weitgehend zusammen.



      Anders ist es mit Wärmepumpen. Da muss u.a. Ersatz für 250 TWh Gasspeicher gefunden werden.

    • @Jalella:

      "Leute, die Wirklichkeit ist inzwischen eigentlich schon zu vorhersagbar geworden als dass man noch Zeitungen lesen muss."

      Wenn alles schon vorhersehbar und unumkehrbar ist, weshalb machen wir uns dann überhaupt noch über den ganzen Klimakram Gedanken ? Die paar Jahre die uns noch bleiben können wir dann sinnvoller nutzen.