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+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++100.000 russische Soldaten verloren

Laut US-Geheimdiensten sind in den letzten fünf Monaten 20.000 russische Soldaten gestorben. In Polen läuft bis zum 26. Mai die größte Nato-Militärübung des Jahres.

Das umkämpfte Bachmut im April Foto: ap

Militärübung mit über 12.000 Soldaten beginnt in Polen

In Polen hat am Dienstag die größte Militärübung des Jahres begonnen. Es nehmen an der Übung unter dem Codenamen Anakonda 23 vom 2. bis 26. Mai mehr als 12.000 polnische und mehrere Hundert Soldaten aus den USA und anderen Nato-Bündnispartnern teil, wie der TV-Nachrichtensender TVN24 online berichtete. Der polnische Generalstab hatte am Montag auf Twitter den Beginn der Übung angekündigt und auf zu erwartende Verkehrsbehinderungen durch Militärtransporte im ganzen Land hingewiesen.

Das EU- und Nato-Land grenzt direkt an die von Russland angegriffene Ukraine und gehört zu deren wichtigsten politischen und militärischen Unterstützern. Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak begründete im April seinen Wunsch nach einem weiteren Verbleib deutscher Patriot-Flugabwehrsysteme in Polen mit den Worten: „Polen ist die wichtigste Drehscheibe, wenn es um die Unterstützung der Ukraine geht.“

Polen liefert aber nicht nur Panzer, Kampfflugzeuge und große Mengen anderer Rüstungsgüter an die Ukraine, sondern rüstet auch die eigene Armee im Rahmen eines ehrgeizigen Modernisierungsprogramms kräftig auf. Nach dem Wunsch der nationalkonservativen Regierung soll Polens Armee innerhalb der nächsten zwei Jahre zur stärksten Europas werden. Das versprach Blaszczak Ende April auf einer Wahlveranstaltung. (dpa)

Pestizid-Nachweis in ukrainischem Weizen bestätigt

Kontrolluntersuchungen in Kopenhagen haben bestätigt, dass in der Slowakei getesteter Weizen aus der Ukraine gesundheitsschädliche Pestizide enthielt. Das gab der slowakische Landwirtschaftsminister Samuel Vlcan am Dienstag in Bratislava bekannt.

Das im April von den slowakischen Agrarbehörden ausgesprochene Verkaufsverbot für den beanstandeten ukrainischen Weizen war politisch brisant. Die Slowakei gehört nämlich zu den EU-Ländern, die den Import ukrainischer Agrarprodukte beschränken wollen, weil sie dadurch ihre eigene Landwirtschaft bedroht sehen. Die Regierung der Slowakei – die zu den engagiertesten militärischen Unterstützern der Ukraine gehört – wollte daher den Eindruck vermeiden, der Pestizid-Nachweis diene lediglich als Vorwand für protektionistische Maßnahmen.

Am 13. April hatte Vlcan bekannt gegeben, in einer slowakischen Getreidemühle seien bei einer untersuchten Lieferung von 1500 Tonnen ukrainischen Weizens erhöhte Werte von in der EU verbotenen Pestiziden nachgewiesen worden. Als Konsequenz verbot das Ministerium bis auf Weiteres die Verarbeitung und den Verkauf des ukrainischen Weizens und informierte die für Lebensmittelsicherheit zuständigen Behörden der EU und der Ukraine. Die Getreidemühle kritisierte die Tests, weshalb das Labor im dänischen Kopenhagen als neutrale Schiedsinstanz herangezogen wurde. Der beschlagnahmte Weizen muss nun vernichtet werden. (dpa)

Russland: 15.000 ukrainische Soldaten im April verloren

Das ukrainische Militär hat nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums im April hohe Verluste erlitten. „Allein im vergangenen Monat haben sie mehr als 15.000 Mann verloren“, sagte Verteidigungsminister Sergej Schoigu am Dienstag dem Telegram-Kanal der Behörde zufolge. Zudem sei es der russischen Armee im gleichen Zeitraum gelungen, 8 feindliche Flugzeuge, 277 Drohnen und 430 Panzer und gepanzerte Fahrzeuge sowie 225 Artilleriegeschütze abzuschießen. Unabhängig lassen sich die Aussagen nicht überprüfen. Zu eigenen Verlusten machte Schoigu keine Angaben.

In der Vergangenheit ist das russische Verteidigungsministerium immer wieder mit überhöhten Angaben zu feindlichen Verlusten aufgefallen. So hat Russland offiziellen Angaben nach bis Anfang Mai 413 feindliche Flugzeuge abgeschossen. Zu Beginn des Kriegs hatte die Ukraine Medien zufolge dabei gerade einmal 124 Kampf- und Trainingsflugzeuge sowie 63 Transportmaschinen. Aus dem Westen hat das Land seither nur vereinzelt Restbestände sowjetischer Flugtechnik erhalten. (dpa)

Kyjiw: Vorbereitung der Offensive in Endphase

Die Vorbereitungen der Ukraine für die erwartete Frühjahrsoffensive zur Rückeroberung russisch besetzter Gebiete sind nach Worten von Verteidigungsminister Olexij Resnikow „in der Endphase“. „Ich glaube an sie“, sagte er am Montag im Staatsfernsehen. „Es ist viel für ihren Erfolg getan worden.“

„Ich glaube, dass wir ab heute auf die Zielgerade einbiegen und sagen können: Ja, alles ist bereit“, betonte Resnikow. „Und dann werden der Generalstab, der Oberbefehlshaber und sein Team auf der Grundlage der Entscheidung und des Verständnisses der Lage auf dem Schlachtfeld entscheiden, wie, wo und wann“, sagte der Minister. Er sei ebenso wie die internationalen Partner der Ukraine vom Erfolg der Offensive überzeugt. Schließlich verstünden die Partner Kyjiws, dass ein Erfolg „im Sicherheitsinteresse ihrer Länder und ihrer Völker liegt“.

Nach der Rückeroberung der besetzten Gebiete durch seine Truppen setzt Resnikow auf eine Verurteilung der politischen und militärischen Führung Russlands. „Es muss ein Urteil eines internationalen Tribunals für die militärischen Verbrecher des Kreml und dieser Mafia-Bande geben“, forderte er. Kremlchef Wladimir Putin „und sein Umfeld müssen sitzen“. Eine Verurteilung wäre das wichtigste Signal für alle Nachfolger und Nachkommen in Russland: „Denkt nicht an Rache.“ Vielmehr müsse sich in Russland die Führung grundlegend ändern, damit normale Menschen in einer zivilisierten Welt leben könnten, sagte er weiter. (dpa)

Russische Rüstungsindustrie kommt Kriegsbedarf nicht nach

Nach Einschätzung britischer Geheimdienste verfügt Russland nicht über genügend Munition, um bei Offensiven in der Ukraine entscheidende Fortschritte zu erzielen. Moskau räume der Stärkung der Rüstungsindustrie zwar oberste Priorität ein, hieß es am Dienstag im Kurzbericht des britischen Verteidigungsministeriums – die Branche werde dem hohen Kriegsbedarf jedoch weiterhin nicht gerecht.

Russlands politische Führung verlange Erfolge auf dem Schlachtfeld, während die für die Logistik verantwortlichen Führungskräfte auf der Strecke blieben, hieß es. Als Beispiel dafür nennen die Briten die kürzliche Entlassung des Vize-Verteidigungsministers Michail Misinzew, der acht Monate lang für die materielle und technische Versorgung der Armee zuständig war. In der vergangenen Woche wurde seine Auswechslung bestätigt, seine Aufgabe hat nun Generaloberst Alexej Kusmenkow übernommen, bislang stellvertretender Direktor der Nationalgarde.

Die Munitionsknappheit führe außerdem zu internen Streitigkeiten, vor allem zwischen der Armee und dem Chef der berüchtigten russischen Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin. Für den Kampf um Bachmut seien etwa 300 Tonnen Artilleriegranaten pro Tag nötig, Wagner erhalte aber nur ein Drittel dieser Menge, schreibt Prigoschin am Dienstag auf seinem Telegram-Kanal.

Das Verteidigungsministerium in London veröffentlicht seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Moskau wirft London eine Desinformationskampagne vor. (dpa/rtr)

Russland hat 100.000 Mann verloren

Russland hat nach Darstellung der USA bei den Kämpfen in der Region um die Stadt Bachmut und anderen Teilen der Ukraine in den vergangenen fünf Monaten rund 100.000 Soldaten und Söldner durch Tod oder Verwundung verloren. Davon seien etwa 20.000 gefallen, darunter die Hälfte als Angehörige der Wagner-Gruppe, sagt der für nationale Sicherheit zuständige Sprecher des Weißen Hauses, John Kirby. Die Zahlen beruhten auf Schätzungen der US-Geheimdienste. Kirby bezeichnet die russische Offensive auf Bachmut als gescheitert. (rtr)

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9 Kommentare

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  • 4G
    49732 (Profil gelöscht)

    Russland 2023 ist identisch mit Russland 1923. Menschenleben ist in der russichen Gesellschaft nichts Wert!

  • Multiplikatoren der Katastrophe: Außer den Partnerinnen als Betroffenen (Tote, Verwundete) gehen wir grob geschätzt von ca. 200 000 Personen als Eltern und bei den Jahrgängen der Verpflichteten von ca. max. 400 000 Personen als möglw. lebenden Großeltern aus. Aus der Geschichte kann man jetzt schon die apokalyptische Dimension erahnen, was den Rückhalt des Systems angeht, auch wenn das noch nicht zu hören oder zu sehen ist. Russen lieben ihre Kinder und Enkel, wie überall auf der Welt. Und die Offiziere: Sie sehen den Opferstatus ihrer Truppen. Das wird nicht ohne Folgen bleiben, auch sie sind Menschen, keine Maschinen. Geschichte wiederholt sich, leider.

    • @Martin Rees:

      Vielleicht denkt noch jemand (wie ich) dieser Tage an das Lied von Sting "Russians"



      //



      musikguru.de/sting...ssians-286825.html



      //



      Auch Themen wiederholen sich, leider:



      "Was uns retten könnte, mich und dich



      Ist, dass die Russen ihre Kinder auch lieben"

      • @Martin Rees:

        Das russische Volk hat inzwischen mehr Soldaten verloren als die Sovietunion in allen Kriegen seit dem 2. WK. Damit die Führung die Ukraine in einem neokolonialen Projekt unterwerfen kann. Und trotzdem gab es keine Rebellion, die Russen lieben ihre Kinder nicht ausreichend um uns Frieden zu bringen.

  • Die Überschrift stimmt nicht. Die Angaben aus den USA nennen 100.000 Verluste, davon 20.000 Tote, nicht 100.000 Tote.

  • Nein 100.000 Soldaten sind tot, verwundet, vermisst oder gefangen genommen. Wobei die Aufteilung da schwierig ist die Amerikaner gehen 20.000 Toten aus das ist aber eine Schätzung basierend auf eigen Erfahrungswerten. Die medizinische Versorgung der russischen Armee ist aber nicht so gut wie bei den Amerikanern. Daher werden es vermutlich mehr Tote sein.

    • @Machiavelli:

      "Die medizinische Versorgung der russischen Armee ist aber nicht so gut wie bei den Amerikanern. "



      Ein glaubwürdiger russischer Fachmann (Dozent des russischen "Kalaschnikow-Zentrums für Militärmedizin") hat vor einigen Tagen erklärt, die Hälfte der russischen Toten würden durch unzureichende medizinische Versorgung an eigenlich nicht tödlchen Verletzungen sterben. Außerdem ginge etwa ein Drittel der Amputationen auf falsche/unzureichende Erstversorgung zurück. Als Hauptgründde nannte er fehlende/unzureichende Ersthelferschulung von Soldaten und schlechte Logistik bei der Bergung von Verletzten.

  • Guten Tag,

    sie schreiben

    "100.000 russische Soldaten tot



    Laut US-Geheimdiensten starben 100.000 russische Soldaten in den letzten fünf Monaten."

    Weiter unten heißt es

    "[...] Russland hat nach Darstellung der USA bei den Kämpfen in der Region um die Stadt Bachmut und anderen Teilen der Ukraine in den vergangenen fünf Monaten rund 100.000 Soldaten und Söldner durch Tod oder Verwundung verloren. Davon seien etwa 20.000 gefallen,[...]"

    Das passt nicht zusammen.

    • @Peter Müller:

      "gefallen" heisst, direkt im Kampf getötet. Der grosse Rest starb dann später aufgrund mangelnder ärztlicher Versorgung, ist einfach erfroren oder auf andere Art umgekommen. Der Tod hat tausend Gesichter, Granaten sind nur eins davon...