Neuer Präsident in Paraguay: Triumph der Colorados
Paraguay hat Santiago Peña als neuen Präsidenten gewählt. Die Opposition bringt ihn mit Korruption und der Mafia in Verbindung.
Der 44-jährige Wirtschaftswissenschaftler Peña setzt die Herrschaft der Colorado-Partei fort, die seit 1947 sowohl unter Zivil- als auch unter Militärregierungen regiert hat und nur durch die Präsidentschaft des linksgerichteten Präsidenten Fernando Lugo (2008-2012) unterbrochen worden war. Peña war bereits Finanzminister im Kabinett des ehemaligen Präsidenten Horacio Cartes (2013-2018) und anschließend bei einer Bank im Besitz von Cartes beschäftigt.
Herausforderer Alegre hat seine Niederlage eingeräumt und zur Respektierung des Wahlergebnisses aufgerufen. Eine Mehrheit hätte jedoch gegen die Colorados gestimmt, so Alegre. Für den 60-jährigen Vorsitzenden der gemäßigt liberalen Partei PLRA war es die dritte Niederlage bei einer Präsidentschaftswahl in Folge. Auf den dritten Platz kam der rechtsgerichtete Kandidat Payo Cuba mit 23 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 63 Prozent.
Die rund 4,8 Millionen Wahlberechtigten waren auch aufgerufen, über ein neues Parlament, 17 Gouverneure und 80 Mitglieder des Senats abzustimmen. Auch hier spiegelt sich der Triumph der Colorados wider. Künftig stellen sie 15 der 17 Provinzgouverneure sowie die Mehrheit in beiden Kammern des Kongresses. Mit diesem Ergebnis ist der 66-jährige Vorsitzende der Colorado-Partei, Horacio Cartes, der große Gewinner des Wahltages.
Cartes auf US-Sanktionsliste
Für viele ist der zukünftige Präsident Peña nichts anderes als Cartés' Statthalter. „Wollen wir das Paraguay der Cartes, der Mafia und der Korruption oder ein Paraguay der Hoffnung und der Chancen für unsere Familien“, hatte Alegre im Wahlkampf gefragt. Aber offensichtlich ist es der Opposition nicht gelungen, die Korruptionsvorwürfe gegen Cartes und seine mutmaßlichen Verwicklungen in Drogenhandel und Schmuggelgeschäfte in genügend Stimmen gegen seinen Kandidaten zu übersetzen.
Dabei erhielt die Opposition sogar die Unterstützung der US-Regierung. Vergangenen Juni war Cartes in den USA bereits wegen Behinderung internationaler Ermittlungen gegen das organisierte Verbrechen angeklagt worden. Die Anklagen betrafen mutmaßliche Geldwäsche und Verbindungen zu terroristischen Organisationen. Im Januar setzte das US-Finanzministerium seinen Namen schließlich auf eine Sanktionsliste.
„Cartes war vor, während und nach seiner Amtszeit als Präsident von Paraguay in Korruption verwickelt“, lautet die Begründung des zuständigen Office of Foreign Assets Control des US-Finanzministeriums. Konkret geht es um Schmiergeldzahlungen, mit denen sich Cartes 2013 den Weg ins Präsidentenamt erkauft und gesichert hatte.
Neben einem Einreiseverbot in die USA ist es dem 66-Jährigen untersagt, Transaktionen über das US-Finanzsystem abzuwickeln und Geschäfte mit US-Unternehmen zu tätigen. Dies zwang Cartes dazu, sich offiziell von allen Anteilen an seiner Unternehmensgruppe zu trennen, zu der mehr als 40 Unternehmen aus verschiedenen Branchen gehören.
Paraguay ist Taiwan-Verbündeter
Dennoch dürfte die US-Regierung aus geopolitischen Gründen mit dem Wahlsieg des Cartes-Vertrauten Peña zufrieden sein. Paraguay ist Taiwans einziger diplomatischer Verbündeter in Südamerika und einer von weltweit nur noch 13. Die gegenseitige Anerkennung geht zurück auf die Militärdiktatur von Alfredo Stroessner (1954-1989), die das kommunistische China rundweg ablehnte und Taiwan anerkannte. Peña hatte bereits erklärt, dass er die Beziehungen zu Taiwan nicht in Frage stellen werde, während Alegre eine Überprüfung ankündigte.
Als wichtiger Exporteur von Rindfleisch und Sojabohnen kann es sich Paraguay nicht leisten, auf den chinesischen Markt zu verzichten. Der Großteil der Lieferungen nach China wird über Dritte abgewickelt. So weist die offizielle Statistik für 2022 gerade einmal 22 Millionen US-Dollar an Exporten nach China aus, während die Volksrepublik mit Waren und Dienstleistungen im Wert von 4,69 Milliarden US-Dollar im vergangenen Jahr längst das wichtigste Importland ist.
Eine innenpolitische Begründung für den landesweiten Colorado-Erfolg bieten die Angestellten und Funktionsträger des Staates. Wer kein Colorado-Parteibuch hat, hat auch keine Chance in den Kreis der rund 338.000 öffentlich Bediensteten aufgenommen zu werden. Nimmt man hinzu, dass dies ganze Familien betrifft, lassen sich auch die rund 2,5 Millionen Mitglieder der Colorado-Partei erklären, deren Kandidat Peña am Sonntag insgesamt 1,3 Millionen Stimmen erhalten hat.
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