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Neue Regeln für Tran­s*a­thletin­nenZum Wohle des Frauensports

Die Leichathletik verschärft die Regeln zur Teilnahme von Trans*sportlerinnen. Warum das eine gute Entscheidung ist.

Nichts für Trans*athletinnen: Wettberwerb über 3000 Meter Hindernis Foto: Belga/imago

D er Leichtathletik-Weltverband hat eine neue Policy zu Tran­s­*ath­le­tin­nen – und diese hat für den Sport schlechthin weitreichende Folgen. Vom kommenden Freitag an können Trans­frauen nur noch dann an Wettbewerben in der erwachsenen Leichtathletik teilnehmen, wenn sie keine männliche Pubertät durchlaufen haben. Das soll den weiblichen Sport schützen. Eine kluge Entscheidung, ähnlich der, die der Internatio­na­le Schwimmverband vor knapp zwei Jahren getroffen hat.

Wer an Schwimmkonkurrenzen von Frauen teilnehmen möchte, darf dies nur dann, wenn die Transition von männlicher zu weiblicher Physis – Muskularität, Stoffwechsel, Lungenvolumen – bis zur Pubertät abgeschlossen ist. Eine Trans*­sport­le­rin soll sich also keine „männlichen“ Körpervorteile verschaffen, weil sie zwar gewisse Hormonblocker zu sich nimmt, dies aber in einem männlich herangewachsenen Körper.

Diese Entscheidung des Leichtathletik-Verbandes wird in einigen Social-Media-Foren als „transphob“ interpretiert, denn auch Trans*­frau­en seien Frauen. Sportverbände wie der von Sebastian Coe argumentieren hingegen, dass, gemessen am Männersport, Frauensport erst in jüngster Zeit gleichberechtigt am Sport schlechthin ist. Noch in den 1960er Jahren waren Frauen olympisch von Laufstrecken jenseits der 800 Meter ausgeschlossen – längere Strecken seien für Frauen gefährlich, hieß es lange. Ähnlich wurde beim Skifliegen argumentiert, das erst in dieser Saison auch für Frauen in einem offiziellen Wettbewerb möglich war.

Gefahr der Delegitimierung des Frauensports

Frauensport, der weltweit immer populärer wird, würde durch dominierende Tran­s*ath­le­tin­nen deligitimiert. Denn: Trans*­frau­en in der Leichtathletik, die erst am Ende der Pubertät in den Frauensport einsteigen, könnten auf Anhieb alles gewinnen, was es zu gewinnen ist. Ein durchschnittlicher Kugelstoßer würde als Frau zur überragenden Stoßerin – allein schon ihrer männlichen Muskularität und der Lungenkraft wegen.

Ebenso öffentlich wurde, dass strengere Regeln künftig auch für Sportlerinnen wie die Südafrikanerin Caster Semenya gelten. Die zweifache Olympiasiegerin über 800 Meter ist eine Frau mit „Differences of Sex Development“.

Auch deshalb ist sie schneller als andere Frauen über die Mittelstrecken, aber langsamer als jede Männerkonkurrenz. Die neuen, härteren Testosteron-Grenzwerte, die bislang nur Mittelstrecklerinnen wie Semenya trafen, sollen nun für alle leichtathletischen Disziplinen gelten. Fair geht auch hier vor, zugunsten des Frauensports.

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Jan Feddersen
Redakteur für besondere Aufgaben
Einst: Postbote, Möbelverkäufer, Versicherungskartensortierer, Verlagskaufmann in spe, Zeitungsausträger, Autor und Säzzer verschiedener linker Medien, etwa "Arbeiterkampf" und "Moderne Zeiten", Volo bei der taz in Hamburg - seit 1996 in Berlin bei der taz, zunächst in der Meinungsredaktion, dann im Inlandsressort, schließlich Entwicklung und Aufbau des Wochenendmagazin taz mag von 1997 bis 2009. Seither Kurator des taz lab, des taz-Kongresses in Berlin,und des taz Talks, sonst mit Hingabe Autor und Interview besonders für die taz am Wochenende. Interessen: Vergangenheitspolitik seit 1945, Popularkulturen aller Arten, besonders des Eurovision Song Contest, politische Analyse zu LGBTI*-Fragen sowie zu Fragen der Mittelschichtskritik. RB Leipzig-Fan, aktuell auch noch Bayer-Leverkusen-affin. Und er ist seit 2011 mit dem in Hamburg lebenden Historiker Rainer Nicolaysen in einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft, seit 2018 mit ihm verheiratet. Lebensmotto: Da geht noch was!
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1 Kommentar

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  • Hört sich nach einer sinnvollen Regelung an. Ein mutiger Artikel.