piwik no script img

Stockende EnergiewendeKeine neuen Windräder im Süden

Etliche Bundesländer verschleppen weiterhin die Energiewende. Darunter sind auch grün regierte. Betreiber beklagen den politischen Stillstand.

Über allen Wipfeln ist Ruh: Windräder im oberschwäbischen Uttenweiler im Februar Foto: Thomas Warnack/dpa

Berlin taz | Die Energiewende lässt auf sich warten: Seit Anfang Januar wurde in sechs Bundesländern keine einzige neue Windkraftanlage genehmigt, davon drei mit einer grünen Regierungsbeteiligung. Dabei handelt es sich um Baden-Württemberg (grün-schwarz), Rheinland-Pfalz (Ampel), Sachsen (CDU, SPD, Grüne) sowie Bayern (CSU/Freie Wähler), das Saarland (SPD) und Mecklenburg-Vorpommern (rot-rot). Im schwarz-grünen Hessen wurde nur eine einzige neue Anlage genehmigt. Das geht aus Zahlen des Bundesverbands Windenergie (BWE) hervor.

„Die aktuelle Genehmigungssituation läuft den Zielen der Bundesregierung entgegen“, sagte BWE-Geschäftsführer Wolfram Axthelm. Es dürfe „keine achselzuckende Hinnahme der dramatischen Situation, insbesondere im industriestarken Südosten und Südwesten“, geben, betonte er. „Der Stillstand der Windenergie ist in diesen Bundesländern politisch verursacht, er lässt sich politisch auflösen.“

Nach Angaben des Verbandes wurden seit Anfang Januar bundesweit 51 neue Windkraftanlagen genehmigt. Mit 19 entstanden die meisten in Sachsen-Anhalt, 11 in Schleswig-Holstein, 8 in Nordrhein-Westfalen, 5 in Niedersachsen, 4 in Thüringen und 3 in Brandenburg.

Die aktuellen Zahlen spiegeln allerdings nicht alle Maßnahmen wider, die die Bundesregierung zum Ausbau der Windenergie ergriffen hat. Das Wind-an-Land-Gesetz, mit dem Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) den Bau neuer Anlagen forcieren will, ist erst am 1. Februar in Kraft getreten. Damit werden Genehmigungsverfahren gestrafft und die Länder verpflichtet, mehr Flächen für die Windkraft auszuweisen.

Erleichterungen etwa bei Naturschutzprüfungen sind aber schon länger in Kraft. Der Nachholbedarf bei Windkraftanlagen ist im Süden weitaus größer als im Norden. Vor allem in Bayern war der Widerstand der Regierung gegen neue Anlagen lange groß, was sich in etwa in Vorschriften für einen extrem großen Abstand zwischen Windrädern und Wohngebäuden zeigt.

Stromnetz in der Nordsee

Die Bundesregierung will, dass bis zum Jahr 2030 80 Prozent des Stroms mit erneuerbaren Energien erzeugt werden, heute ist es etwa die Hälfte. Dazu setzt sie auch auf Windkraft in der See, die sogenannten Offshore-Anlagen. Am Montag haben das Bundeswirtschaftsministerium und Übertragungsnetzbetreiber Pläne für die Vernetzung von Windparks in der Nordsee veröffentlicht. Sie sollen künftig mit Leitungen untereinander verbunden werden, sodass ein internationales Stromnetz in der Nordsee entsteht.

Das soll die Versorgungssicherheit für Deutschland erhöhen, weil in Zeiten großer Nachfrage zusätzlicher Strom aus Nachbarländern importiert werden kann. Gleichzeitig kann bei einer geringen Nachfrage in der Bundesrepublik Energie exportiert und das heute in diesen Fällen häufig nötige Abschalten von Windkraftanlagen vermieden werden.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • 6G
    669190 (Profil gelöscht)

    Die Bundesregierung kann einpacken, weil die Energiewende schon vor Jahrzehnten verschlafen wurde:

    taz.de/Solarenergie/!3203358/

    So bleiben die hehren Klimaziele nicht mehr als ein Witz:

    “Das 1,5-Grad-Ziel wies den Weg aus der Klimakrise, war aber ein leeres Versprechen. Forscher erklären es endgültig für tot.”



    1. Februar 2023” (in ‘Die Zeit’)

    youtu.be/xSyIlwnRgyw

    climateactiontrack...countries/germany/

  • Dass es mit Windkraft nicht voran geht, ist ein Versagen der Bundesländern. Allen voran Bayern.



    Dass sich da Herr Söder so dick aufplustern kann, ist unverständlich. Seine Regierung hat die Probleme im Land verursacht!



    Weshalb erkennen das meine Landsleute nicht? Und verschaffen ihm voraussichtlich im Herbst erneut eine komfortable Mehrheit?



    Armes Bayern! Da verfängt nach wie vor das dämliche Einprügeln auf die Bundesregierung, die in diesem Punkt wirklich gute Arbeit geleistet hat.

  • 4G
    49732 (Profil gelöscht)

    "...51 neue Windkraftanlagen genehmigt"

    Dann fehlen ja nur noch 9949 Windkraftanlagen. Oder pro Monat bis 2030 nur ca. 120 Stück genehmigt und gebaut.

    Vielleicht behalten wir doch mal die Kernkraftwerke. Nur so zur Sicherheit.

  • Da fehlt noch die Tatsache, dass es kein Windenergieprojekt ohne gerichtliche Klagen von Gegnern gibt, und die sehr oft auch aufschiebende Wirkung haben.

  • Die Anlagen müssen nicht nur geplant und genehmigt werden, sondern auch bestellt, geliefert, aufgestellt.

    Ausbau vom Stromnetz für den Anschluss nicht vergessen.

    Nicht das es dann wie in Bayern einen Solarpark gibt der in der Mittagssonne immer ausschalten muss um das Netz nicht zu überlasten (es sei denn es ist stark bewölkt).

    Gut das wir Zeit haben ...

  • Als auf dem Hunsrück (RLP) Lebende kann ich sagen: Hier stehen haufenweise WEA, fast jedes Dorf hat welche in seiner Gemarkung, selbst auf den Höhen des Soonwalds stehen schon welche, mehr sollten dort nicht hin - genausowenig wie Solarpaneelfelder auf Magerwiesen.



    Ich finde die WEA nicht störend, habe lange genug in einem "umzingelten Dorf gelebt, mit Rundumblick auf ca. 60 WEA - aber die letzten Reste von weitgehend lärmfreien Gebieten, in denen Schwarzstorch, Milan, Wildkatze, Knabenkraut und Arnika leben, sollten erhalten bleiben, auch außerhalb des Nationalparks. Ganz eigennützig für Wandersleut und Radfahrer*innen.



    Ja, es gibt tote Greifvögel durch Windschlag, selbst schon gefunden - dass es haufenweise Roadkill gibt, macht das andere nicht besser...

    Vielleicht könnten vorher mal alle, wirklich alle Dachflächen und Parkplätze mit Photovoltaik ausgestattet werden? Und parallel Schottergärten und nutzlose Begrünung mit Thuja, Dekogras und Kirschlorbeer verboten werden?

  • Die Freuden des Föderalismus! Macht weiter so!