Olaf Scholz’ Indien-Besuch: Nahe und ferne Hoffnungen

Wirtschaftlich erhoffen sich beide Länder einiges voneinander. Doch Beanstandungen zu heiklen Themen, etwa der Ukraine, machte Olaf Scholz kaum.

Scholz und Modi schütteln sich die Hände

Gegenseitige Erwartungen beschränken sich auf wirtschaftliche Fragen Foto: AP Photo/Manish Swarup

Dass er um Indien wirbt, daraus macht Olaf Scholz keinen Hehl. Indien habe einen großen Aufschwung genommen, so eines der ersten öffentlichen Statements des Bundeskanzlers auf seinem zweitägigen Staatsbesuch in Indien. Er schwärmte auch von der deutsch-indischen Partnerschaft für grüne und nachhaltige Entwicklung und äußerte sich positiv über Indiens G20-Präsidentschaft.

Schon länger wird über Indien als alternativer Wirtschaftspartner zu China diskutiert, nach der Pandemie mehr denn je. Dennoch funkte es zwischen beiden Staaten bisher noch nicht so richtig. Immerhin 1.800 deutsche Unternehmen gibt es in Indien, Deutschland ist Indiens größter Handelspartner in Europa. Aber was das Wirtschaftsvolumen angeht, kann Indien dem Konkurrenten China nicht das Wasser reichen. Langfristig soll sich das ändern.

Während Modi auf Investitionen hofft, die Arbeitsplätze im Land schaffen, hat Scholz im Besonderen „indische Talente“ im Blick. Das Migrations- und Mobilitätsabkommen mit Indien soll dem Fachkräftemangel in Deutschland entgegenwirken. Dass es Deutschland mit dem Ausbau der Beziehungen nun ernst ist, unterstreicht die Anreise mit einer hochrangigen Wirtschaftsdelegation. Unter den Vorständ:innen, die mit nach Delhi und Bengaluru reisten, herrschte durchaus Euphorie. Wenn die deutsche Wirtschaft nun mitzieht, wäre das also im Interesse von Scholz und Modi. Delhi pocht auf mehr wirtschaftliche Aktivitäten im eigenen Land.

Das 1,4 Milliarden Menschen umfassende Indien wächst und braucht daher mehr Arbeitsplätze für die relativ junge Bevölkerung. Deutschlands Interesse liegt auch darin, Indien unabhängiger von Russland zu machen. Beanstandungen zu heiklen Themen machte Scholz deshalb kaum, betonte aber die Schwere des russischen Angriffskrieges. Ein mögliches Joint Venture für den Bau von U-Booten in Indien könnte die Partnerschaft stärken und letztendlich ein Zeichen gegen Chinas Dominanz im Südchinesischen Meer setzen. Indien auf die Seite des Westens im Ukraine­krieg zu ziehen, scheint dagegen in weiter Ferne.

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Natalie Mayroth schreibt seit 2015 für die taz. Seit 2017 berichtet sie aus Indien und Südasien. Sie kam damals mit einem JournalistInnen-Stipendium nach Indien. In München absolvierte sie 2014 ihren Magister in Europäischer Ethnologie, Soziologie und Iranistik. Natalie Mayroth ist deutsch-iranischer Herkunft.

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