Kinotipp der Woche: Film zur Debatte
Zur Berlinale lädt die Woche der Kritik internationale Gäste zu Fachgesprächen über Vorlieben, Nischen. Dazu gibt es eine ganze Reihe Arthouse-Filme.
Wohin entwickelt sich das Kino? Dieser Frage wird man neben der, welcher Film im Wettbewerb unbedingt den Goldenen Bären bekommen sollte, auch auf der Berlinale nachgehen. Aber sicherlich nicht so detailliert und spezialistisch wie bei der seit 2015 parallel zum großen Publikumsfilmfestival statt findenden Woche der Kritik. Acht Tage lang werden dort hauptsächlich im Kino Hackesche Höfe Filmschaffende aus aller Welt auf Panels sitzen und teilweise ziemlich eigenwillige Themenfelder diskursiv bearbeiten. Dazu werden vor allem aktuelle Filme, aber auch welche aus dem Archiv gezeigt, allesamt Independentproduktionen und Arthouse-Ware der eher sperrigen Art.
Debattiert wird wirklich über alles nur Erdenkbare, teils über Naheliegendes, aber auch ganz schön Entlegenes. An einem Abend geht es somit über surrealistische Motive im Film, was ja immer wieder neu ein ergiebiges Diskussionsthema sein kann. Oder über das sogenannte „Mitternachtskino“, also Genrefilme aller Art, worunter sich so mancher Schmuddel, aber auch diverse Kultstreifen subsumieren lassen.
Aber wenn dann beispielsweise eine Debatte über „Träume von Räumen“ angekündigt wird, kann man sich schon fragen, was einen hier bitteschön zu erwarten hat. Wenn in diesem Rahmen eine Plauderei „über den Sinn für das Miteinander und Gegeneinander, dort wo Säugetiere und andere Lebewesen auf Gegenstände und Gebäude treffen: in Städten, im Kinosaal und darüber hinaus – bis hin zu Orten, die nur in Filmen existieren“ versprochen wird, dann liest sich das ganz schön verwurschtelt und weitgehend unkonkret. Da kann man nur hoffen, dass die geladenen Filmschaffenden, von denen sich wegen der Berlinale dankenswerterweise eh ziemlich viele in der Stadt befinden, das Beste aus dieser Diskurs-Vorgabe machen werden.
Final Girls und feministische Videokunst
Woche der Kritik: Akademie der Künste und Hackesche Höfe Kino, 15. bis 23. Februar
Aber dass spannende Gäste für die vielen Podien gewonnen werden konnten, das lässt sich wirklich sagen. Gleich bei der Eröffnungsveranstaltung, die als einzige nicht in den Hackeschen Höfen, sondern in der Akademie der Künste statt findet, wird beispielsweise die großartige französische Filmemacherin Claire Denis mit dabei sein, ein echter Regie-Star. Sie wird vielleicht von ihren eigenen Erfahrungen am Set erzählen, wenn sich darüber unterhalten wird, wie sich toxische Bedingungen bei der Produktion von Filmen noch besser als bislang vermeiden lassen.
Sara Neidorf vom Final Girls Berlin Film Festival wird außerdem an einem Abend etwas über ihre Beziehung zum Horrorfilm berichten. Und Elke Lehrenkrauss, die mit „Lovemobil“ für einen unvergessenen Skandal sorgte, weil sie die Produktion für den WDR als Dokumentarfilm deklarierte, obwohl sie in wesentlichen Teilen gescripted war, wird über Männlichkeitsbilder im Film referieren.
Das begleitende Filmprogramm ist dann so vielfältig und bunt wie hoffentlich die Diskussionen. Valie Exports feministischer Kunstfilmklassiker „Lust – Ein perfektes Paar oder die Unzucht wechselt ihre Haut“ (1986) etwa wird gezeigt, oder als Beispiel für einen modernen Mitternachtskinofilm „The Fifth Thoracic Vertebra“ (2022) von Syeyoung Park. Wobei dieser wirklich kein neuer Arthouse-Horror-Hit ist, sondern eine eher anstrengende Low-Budget-Produktion, für die sich Netflix auf der Suche nach dem neuesten Knaller aus Südkorea bestimmt nicht interessieren wird.
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