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Prozess gegen Ex-Rockerboss in MadridOhne Kutte vor Gericht

Frank Hanebuth, einst Präsident von Hannovers Hells Angels, steht in Spanien vor Gericht. Auf Mallorca soll er das Rotlichtmilieu kontrolliert haben.

Bemüht lässig in Madrid: Hells Angel Frank Hanebuth Foto: Paul White/dpa

San Fernando de Henares taz | Sein Auftritt soll locker wirken: Seit Montag steht Frank Hanebuth vor der Audiencia Nacional, dem Obersten Strafgericht in Spanien. Der ehemalige Präsident des Hannoverschen Charters der Hells Angels, der vor über einem Jahrzehnt einen Ableger der Rockergang auf Mallorca organisiert haben soll, trägt einen langen, schwarzen Mantel, Jeans und ein blaues Hemd. Sein Kopf ist kahlgeschoren, sein Gesicht schmücken ein gestylter, dünnliniger Bart und eine blauverspiegelte Sonnenbrille.

„Endlich ist es so weit“, sagt der über 1,90 große Mann mit sonorer, ruhiger Stimme. Seit bald zehn Jahren warten Hanebuth und die 48 weiteren Angeklagten auf diesen Tag. Zur Verhandlung stehen Aktivitäten der Hells Angels auf Mallorca zwischen 2009 und einer Razzia im Juli 2013. Hanebuth saß knapp zwei Jahre in Untersuchungshaft, bis er 2015 auf freien Fuß gesetzt wurde. Seither lebt er wieder in seiner niedersächsischen Heimat.

Hanebuth war am Montag schon über eine halbe Stunde vor offiziellem Verhandlungsbeginn da. Doch dieser sollte sich dann um mehr als dreieinhalb Stunden verzögern. In dieser Zeit handelten mehrere Angeklagte mit der Staatsanwaltschaft einen Deal aus. Sie gestanden einzelne Taten und bekommen dafür niedrigere Strafen.

Hanebuth will keinen Deal

Nicht so Hanebuth, er will es darauf ankommen lassen. „Warum solle er einen Deal anstreben?“, fragt seine Anwältin Ana Madera. Sie ist sich sicher, dass die Staatsanwaltschaft keine Beweise habe, um ihren Mandanten für die geforderten 13 Jahre wegzusperren.

Unter seiner Regie sollen – so die Staatsanwaltschaft – die Hells Angels das Rotlichtmilieu auf der Insel kontrolliert haben. Drogenhandel, Prostitution, Geldwäsche, Erpressung oder illegaler Waffenbesitz lauten die wichtigsten Hauptanklagepunkte. Vor den Deals forderte die Anklage insgesamt 298 Jahre Haft für die 49 Angeklagten. Darunter sind auch drei spanische Polizisten, die der Gruppe zugearbeitet haben sollen.

Ob während der langen Wartezeit am Kaffeeautomat oder bei der Zigarettenpause vor der Tür, Hanebuth wirkt am ersten Verhandlungstag entspannt. „Ich bin optimistisch“, sagt er vor Prozessbeginn. „Immer optimistisch, das ist meine Lebenseinstellung.“ Anfangs steht der ruhig und bedächtig wirkende Mann meist alleine, etwas abseits vom Rummel. Ab und an kommt jemand vorbei, ein Handschlag, Schulterklopfen. Auch sie sehen schon von Weitem aus wie Rocker in Zivil.

Sondergerichtshof im Industriegebiet

Das Verfahren findet vor der Audiencia Nacional statt, dem spanischen Sondergerichtshof für Terrorismus, Bandenkriminalität und Korruption im großen Stile. Dieses hohe Gericht unterhält für besonders wichtige Verfahren mit vielen Angeklagten ein Gebäude in einem Industriegebiet in San Fernando de Henares, weit außerhalb der spanischen Hauptstadt. Hier sorgt die Nationalpolizei weiträumig für Sicherheit. Taxen, die auf die Idee kommen, direkt am Eingang anzuhalten, werden weitergewunken.

Hanebuth nimmt, als es endlich losgeht, in der ersten Reihe Platz. Von seinen zahlreichen Tätowierungen ragt nur ein kleiner Zacken aus dem Kragen hervor.

Ebenfalls in der ersten Reihe sitzen die Brüder Youssafi. Ihnen droht die höchste Haftstrafe: Khalil, Vizepräsident des Hells-Angels-Charters auf Mallor­ca, soll für 38 Jahre und 6 Monate hinter Gitter, sein Bruder und Schatzmeister Abdelghani für 33 Jahre und 10 Monate. Die beiden sollen den operativen Teil des Drogen- und Frauenhandels organisiert haben.

Die Anklageschrift ist knapp 60 Seiten stark. Die Polizei hat viele Stunden Telefongespräche abgehört. Die Ermittlungsergebnisse füllen 12.000 Seiten. Dennoch sind sich die Verteidiger sicher, dass sich die Staatsanwaltschaft auf sehr dünnem Eis bewegt – und Hanebuth sieht das auch so.

Zehn Verhandlungstage sollen es werden. „Vielleicht kann ich zwischendurch ja mal nach Hause, dort wartet viel Arbeit auf mich“, sagt Hanebuth. Was für Arbeit, verrät er nicht. Nach Mallorca will Hanebuth nicht zurück, „außer zum Urlaub, denn die Insel ist wirklich sehr schön“. Er habe dort nichts mehr. Das Fitnessstudio, das ihm gehörte, ist schon lange zu. Und die 2 Millionen Euro teure Villa, die er bewohnte? „Die hat mir nie gehört, das weiß doch jeder“, sagt er. Ein „Präsi“ der Hells Angels weiß sich abzusichern. In den kommenden Tagen wird sich vor Gericht zeigen, wie gut.

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1 Kommentar

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  • wer mit dem teufel zu tisch sitzen wollte ...

    braucht einen langen löffel.