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Volksinitiative gegen Werbung in HamburgGrüne mögen Flimmerwerbung

Die Volksinitiative „Hamburg Werbefrei“ will das Aufstellen digitalisierter Werbetafeln beenden. SPD und Grüne sind noch nicht überzeugt.

Die In­itia­to­r:in­nen zum Start der Unterschriftensammlung auf dem Hamburger Rathausmarkt Foto: Hamburg Werbefrei

Hamburg taz | Die Dauer der Fragerunde hat Martin Weiser überrascht. Mehr als vier Stunden lang befragten am Dienstagabend die Hamburger Bürgerschaftsabgeordneten im Verkehrsausschuss Weise und seine Mit­strei­te­r:in­nen von der Volksinitiative „Hamburg Werbefrei“ nach ihren Anliegen. „Das war ein sehr intensiver Austausch“, sagt Weise.

Doch vor dem heutigen Treffen mit den Spitzen der Regierungsfraktionen von SPD und Grünen sollte sich die Initiative nicht allzu große Hoffnungen darauf machen, dass die Fraktionen dem Ziel der Initiative zustimmen oder wenigstens Kompromissbereitschaft signalisieren werden: Sowohl SPD als auch Grüne halten die wachsende Zahl großer digitalisierter und damit energieintensiver Werbeflächen für weitgehend unproblematisch. Die nächste Stufe auf dem Weg zu einem Volksentscheid bahnt sich damit an.

Nachdem die Ak­ti­vis­t:in­nen bis Oktober vergangenen Jahres rund 15.000 Unterschriften für ein Regulierungsgesetz von Werbetafeln im öffentlichen Raum gesammelt hatten, konnten sie am Dienstag ihre Argumente und ihren Gesetzesvorschlag den Abgeordneten vorstellen. So will Hamburg Werbefrei zum einem die in den vergangenen Jahren rapide gewachsene Zahl an digitalisierten Werbetafeln wieder auf null reduzieren: „Sie verbrauchen derzeit mindestens 6,5 Millionen Kilowattstunden pro Jahr“, beklagte Weise vor dem Ausschuss.

Damit würde mehr Strom verbraucht als die Haushalte von Stadtteilen wie der Veddel oder der Hafencity. „SPD und Grüne haben sich im Koalitionsvertrag selbst auf die Fahnen geschrieben, Hamburg zur ‚Modellstadt für den Klimaschutz‘ machen zu wollen“, sagte Weise.

Unfälle und Stromverbrauch

Auch die sinkende Verkehrssicherheit durch das zuletzt sprunghaft gestiegene Austauschen von herkömmlichen Plakatwechselanlagen führt die Initiative als Argument an. So sei die sogenannte Fixierungsdauer von Au­to­fah­re­r:in­nen – wie lang sie also während der Fahrt auf eine hell glimmernde Tafel am Straßenrand schauen und damit nicht auf die Straße – deutlich gestiegen. Dies gehe aus Untersuchungen der Firmen hervor, die auch in Hamburg Betreiber der Werbetafeln sind.

Zwar hatte der Hamburger Senat bereits erklärt, dass ihm keine Unfälle in der Stadt bekannt seien, die auf den Einfluss von Werbetafeln zurückzuführen seien – jedoch weisen die Volks­in­itia­to­r:in­nen darauf hin, dass geringere Ablenkungsmöglichkeiten die allgemeine Verkehrssicherheit erhöht.

Mit ihrem vorgeschlagenen Gesetz zur Regulierung von Außenwerbung auf öffentlichem Grund will die Initiative auch die Größe der Tafeln einschränken: Während an Hamburgs Straßenrändern immer mehr 10,5 Quadratmeter große Screens stehen, soll die maximale Plakatgröße auf einen Quadratmeter beschränkt sein.

Dadurch würden sich Werbetafeln, die auf öffentlichen ­Flächen stehen, nicht mehr „negativ auf das Straßen-, Orts- oder Landschaftsbild sowie die architektonische und städtebauliche Gestaltung auswirken“, argumentiert die Initiative.

Wichtige Einnahmequelle für Hamburg

Doch kaum eines der Argumente wollen SPD und Grüne gelten lassen. „Wir als SPD-Fraktion können der Initiative nicht viel abgewinnen“, sagt Ole Thorben Buschhüter, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. „Werbung gehört zu einer großen Metropole dazu“, findet er.

Eine Regulierung würde für die Stadt zudem finanzielle Einbußen bedeuten: Mehrere Millionen Euro kassiert sie jährlich von den Werbefirmen. Wie weit die Einnahmen durch ein Werberegulierungsgesetz sinken würden, wissen jedoch weder die Stadt noch die Initiative.

Ähnlich sieht es beim grünen Koalitionspartner aus, von dem sich die Volksinitiative durchaus Unterstützung erwartet hatte. Zwar erklärt auch Fraktionschef Dominik Lorenzen seine Sympathie für die Ziele der Ini­tiative: „Die Frage, wie der öffentliche Raum aussehen soll, ist ein grünes Ur-Anliegen.“

Jedoch halten die Grünen die digitale Außenwerbung in bisheriger Form und im Ausmaß für einwandfrei: „Die Verträge, die wir darüber mit den Betreiberfirmen geschlossen haben, regulieren bereits angemessen die Außenwerbung in der Stadt“, sagt Lorenzen.

Kompromiss nicht in Sicht

Somit ist auch nach dem heute geplanten Gespräch zwischen den Volks­in­itia­to­r:in­nen und den Fraktionsspitzen von Grünen und SPD kaum damit zu rechnen, dass sich ein Kompromiss abzeichnet. Sollte der Hamburger Senat nicht noch nach juristischer Prüfung Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Initiativenziels anmelden und damit das Hamburgische Verfassungsgericht einschalten, könnte schon bald die nächste Phase in der Volksgesetzgebung beginnen.

Dann muss die Initiative 65.000 Unterschriften sammeln, damit sich die Bürgerschaft erneut mit der Initiative auseinandersetzen muss.Würde sie dann erneut ablehnen, käme es zum Volksentscheid.

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5 Kommentare

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  • Digitale Werbung

    -verbraucht eine Menge Strom



    - Werbung ist generell eine gezielte Form der Desinformation



    - sie hinterlässt bei den Betrachtern den Eindruck dass ihnen etwas fehlen könnte..und das ihr Leben gar nicht so bunt ist wie auf den Werbetafeln...mithin macht Werbung latent unzufrieden.



    - Werbung heizt (unnötiger Weise) den Konsum an.

    Kurzum: Werbung in dieser Form ist Klima schädlich, macht unzufrieden sorgt für ein nervöses Stadtbild (im Unterschied zu Street Art, etc)..

    Diese Art von Werbung gehört aus dem Stadtbild entfernt.

    Danke an die Initiatoren.

  • Danke an die Initiative!



    Ein sehr sehr spannendes Thema, welches gesellschaftlich weiter verhandelt werden sollte. Gehören Werbestelen in dieser Größenordnung tatsächlich auch zur nachhaltigen Großstadt der Zukunft? Wer kommt da auf den Werbeflächen überhaupt zu Wort (Autohersteller? Internetgiganten? Bürgerinitiativen? Parteien?, gemeinnützige Vereine? Medienunternehmen? Lokale Kultureinrichtungen? usw. usw.) Ist das gerecht und demokratisch? Reicht auch 1 m²? Wenn nicht, warum? Ist es nachhaltig mit großen digitalen Werbeflächen? Wird die Energie dafür mit richtigen Priorität eingesetzt oder wird sie anderswo dringender gebraucht? Ist die digitale Aufrüstung legitimiert mit einem blick auf dem Ressourcenverbrauch?



    Fragen auf Fragen. Ich würde mich sehr auf eine gründliche, kluge und konstruktive Debatte zu diesem Thema freuen. Welche Kommunen werden hier zu Pioniere der Transformation? Hamburg?

    • @Nilsson Samuelsson:

      Die Energie könnte relativ neutral sein, wenn die Werbenden bereit sind, bei hohem Energieverbrauch abzuschalten, bzw. sich mit eigenem Akku zu versorgen.



      Die Tafeln wären dann eine Art Puffer, um dem Bedarf die Spitzen zu nehmen.



      Ohne diese Bedingung kommen alle anderen Nachteile umso stärker zum Tragen.

    • @Nilsson Samuelsson:

      Jeder kann die Werbetafeln mieten.



      Seien es grosse Konzerne oder jemand, der einen Heiratsantrag machen möchte:)

  • Ein oder zwei superschlaue Sätze auf Papp- oder digitaler Tafel kostet Steuergeld. Ein schönes Beispiel für rausgeschmissenes Geld. Warum wird das nicht diskutiert?

    Die SPD hat ja bei der letzten verunglückten Berlin-Wahl sogar auf uralte Fotos mit Willy Brandt zurückgegriffen.



    AUFHÖREN MIT DEM QUATSCH!



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