piwik no script img

Kritik in der MedienweltWeihnachten bei Gutverdieners

Steffen Grimberg
Kolumne
von Steffen Grimberg

Zur Festzeit drehen alle steil. Die Grüne Claudia Roth kritisiert nochmal schnell ARD und ZDF. Und Elon Musk will Twitter auf den Mond schießen.

Zu Weihnachten werden Debatten nochmal etwas irrer Foto: Anna Bogush/imago

H errliche Weihnachtszeit! Da drehen alle ein bisschen steil. Schließlich kommen Mutti und die Omma, und wehe, der Kartoffelsalat ist nicht so, wie’s Onkel Heinz gewöhnt ist. Die Medienwelt macht hier keine Ausnahme. Deshalb sagt Medienstaatsministerin Claudia Roth (B90/Grüne) auch nochmal, dass diese In­ten­dan­t*in­nen­ge­häl­ter so gar nicht gehen. Für die gebe es „völlig zu Recht kein Verständnis. Wenn ein Intendant mehr als der Bundeskanzler verdient, besteht eine Schieflage“, sagt sie der Augsburger Allgemeinen. „Ach so, die Medien lassen nicht locker und walzen das Thema immer noch weiter aus. Jetzt befragen sie schon bunte Promis“, sagt die Mitbewohnerin.

Zumal Roth als Fachkraft des Bundes gar nichts mit ARD und ZDF zu tun hat. Da dürfen nur Fachkräfte der Länder ran. Und geil hohe Gehälter sind beim Bund ja völlig unbekannt. Der Bund ist zum Beispiel Mehrheitsgesellschafter der Juris GmbH. Das ist ein Online-Portal für juristisches Gedöns und betreibt mit Libra ein eigenes Info-Medium. „Unsere Redaktion arbeitet journalistisch, begleitet von unseren Herausgeberinnen und Herausgebern. Wir berichten, interviewen, analysieren und fragen im Wochentakt, was die juristische Welt von morgen formen wird“, heißt es auf der Libra-Website.

Das ist nicht nur verdammt staatsnah, weil das Ding eben dem Bund gehört, wie die FAZ zu Recht bekrittelt. Was die Zeitung für die klugen Köpfe dann berichtet, ist besonders hübsch. Libra-Mitherausgeber und Juris-Geschäftsführer Samuel van Oostrom bekam 2020 auch noch ein Salär von insgesamt stolzen 333.634,04 Euro. Boah ey! Das ist fast Tom Buhrow und mehr als das Grundgehalt der Bundeskanzler*in, das schlappe 25.000 Euro im Monat beträgt. Und das bei einer 250-Mitarbeitenden-Butze!

Musk erratisch

Egal ob noch ein paar Milliarden oder ein paar Angestellte mehr, völlig abgedreht ist auch die selbsternannte Medienfachkraft Elon Musk. Der bekannte Elektroauto-Hersteller mit deutscher Postanschrift in Grünheide/Mark generiert sich ähnlich erratisch wie Holger Friedrich von der Berliner Zeitung. Musk hat angekündigt, noch vor dem Jahreswechsel Twitter endgültig vor die Wand zu fahren bzw. auf den Mond zu schießen.

Es ist die alte Leier. Da macht einer auf Verteidiger der totalen Presse- und Meinungsfreiheit. Und agiert doch als beleidigte Leberwurst, wenn es um ihn selbst geht. Es bleibt auch bei Musk eben bei der alten Erkenntnis, die Hilfshausmeister Höge schon im letzten Jahrtausend so messerscharf formuliert hat: „Wenn ich eins nicht abkann, dann ist das Kritik“. In diesem Sinne frohes Fest. Und jetzt bloß kein falsches Wort über den Kartoffelsalat von Claudia!

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Steffen Grimberg
Medienjournalist
2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"
Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Jaklar. Privat darf alles. Erst recht in der Wirtschaft. Ich darf sie trotzdem "Schnösel" schimpfen.

    Total lieeeberal.

    Frohes Fest auch :)

  • Irgendwie verwunderlich wenn Personen, wie Frau Roth, selbst ohne jegliche Qualifikation Jahrzehntelang sehr hohe Gehälter auf Staatskosten kassieren, jetzt mit noch mehr Geld für ein unnützes Ministerium für lange Partei treue belohnt, sich darüber Aufregen das andere zu viel bekommen. Wer im Glashaus sitzt, sollte sich im Dunklem umziehen !

  • Und was verdient so der Geschäftsfhrer der FAZ?

    Twitter auf dem Mond ist gar nicht so eine schlechte Idee, wegen der zusätzlichen Latenz von einer Sekunde.

    Eigentlich fände ich Mars noch besser, mit einer variablen Latenz von vier bis 20 Minuten (so gaaanz grob), je nach dem, wie die Sterne stehen. Das könnte die Aufgeregtheit ein wenig dämpfen :-)

    Über den Kartoffelsalat äussere ich mich erst, wenn Ihr mich dazu eingeladen habt :-D

    • @tomás zerolo:

      Gehört die FAZ der FAZ Stiftung und wirtschaften nicht staatlich

  • Warum ein Intendant des ÖRR mehr verdient als ein Behördenleiter ist in der Tat nicht nachvollziehbar. Beide tragen kein persönliches Risiko und geben Steuergelder aus. Das darf Frau Roth ruhig kritisieren, genau wie jeder Andere, der das mitfinanziert.