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Warten aufs Handy-PaketNur noch zwanzig Stops

Unserer Autorin wurde das Handy geklaut. Nun versucht sie, ohne Handy ein Handy zu kaufen – und verfolgt gebannt die DHL-Lieferung im Live-Tracker.

Sehnsüchtiges Warten auf das gelbe Auto Foto: Jürgen Heinrich/imago

N ur Ewiggestrige machen Neujahrsvorsätze, denke ich und besuche an Silvester ein Studio für Rückenmuskelaufpumperei. Weil der Akku leer ist, stöpsele ich mein Handy an die Steckdose in der Umkleide. Als ich vom Rückenmuskelaufpumpen zurückkomme, ist es weg. Geklaut.

Zu Hause am Laptop öffne ich die Homepage meines Mailanbieters, um zu checken, ob sich nach meiner Anzeige die Polizei schon gemeldet hat. Mein Mailanbieter will aber vorher den Verifizierungscode wissen, den er soeben an mein Handy geschickt habe. Grmpf. Erst mal ein neues Handy kaufen. Im Internet, weil billiger. Bevor ich aber den Bestellvorgang abschließen kann, fordert der Bezahldienst mich auf, den Verifizierungscode einzugeben, den er soeben an mein Handy … – oh neeeee.

Ein Freund bietet ein altes Handy an. Aber dann sitz ich da und es kommen keine Verifizierungscodes an. Ich bewege wieder die Hand an die Stirn und bestelle bei meinem Mobilfunkanbieter eine neue SIM-Karte. Bevor ich den Bestellvorgang abschließen kann, verlangt mein Mobilfunkanbieter allerdings den Verifizierungscode, den er soeben an mein Handy … – aaaaaaaaaaah. Seitdem mein Facebook-­Account gehackt wurde, habe ich alle digitalen Passwörter mit der von allen Experten empfohlenen Zwei-Faktor-Authentisierung verknüpft. Geniale Idee!

Ein anderer Freund kauft mir schließlich ein Handy im Internet. Der Paketzusteller benachrichtigt mich über den Lieferzeitraum (zwischen 13.40 Uhr und 17.55 Uhr ) und schickt alle halbe Stunde Statusupdates über den Verbleib. Alle vier Minuten refreshe ich die „Sendungsverfolgung“. Etwa drei Stunden lang. Es tut sich nichts, die Ware verbleibt in der „Empfängerregion“ Rüdersdorf.

Position ändert sich in Millimeterschritten

Plötzlich ploppt eine Karte mit dem Ausschnitt des südlichen Berlins auf, ein roter Lkw ist zu sehen, der sich von jwd dem Zentrum nähert. „Noch etwas mehr als 20 Zustellstops bis zur Zustellung“, teilt die jetzt „Live-Zustellung“ heißende Sendungsverfolgung mit.

Der Lkw ändert seine Position in Millimeterschritten. Drei Stunden lang. An der Mitteilung „Noch etwas mehr als 20 Zustellstops bis zur Zustellung“ ändert sich nichts.

Plötzlich biegt der Lkw in meine Straße ein. Ich beuge mich aus dem Fenster, und jaaaaaaa!, da ist er wirklich, ich kann ihn sehen, keine 500 Meter entfernt. Zweieinhalb Stunden später steht der Lkw immer noch da. „Noch etwa 10 Zustellungsstopps bis zur Zustellung“, heißt es im Livetracker.

Dann: „Ihr Paket wird voraussichtlich in 15 Minuten zugestellt.“ In der gleichen Sekunde fährt der rote Lkw auf den Kreis, der anzeigt, wo ich wohne. Nach einer halben Stunde: nichts. Ich renne zum Briefkasten, weil ich einen Verdacht habe: „Leider war es heute nicht möglich, Ihnen Ihre Sendung(en) zuzustellen. Ihre Abholfiliale: Junkys Point Späti oder Quicky Markt Späti und Bar. Abholung am übernächsten Werktag, nicht vor 15.32 Uhr.“ Aber nein, nichts dergleichen.

wochentaz

Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.

Zurück in der Wohnung: Der Livetracker ist aus. Eine grau unterlegte Mitteilung behauptet, mein Paket sei nicht mehr zu orten. Mögliche Gründe: Witterung, schlechte Internetverbindung. Ich schreie: „Ich hab’s gewusst.“ „Skandal.“ „Scheiß DHL.“ „Dunja Hayali for president.“ In der Sekunde, 16.35 Uhr, klingelt es. Ich drücke auf die Gegensprechanlage: „Ein Paket für Sie.“

Neujahrserkenntnis: Nur Ewiggestrige unterstellen Paket- und Postboten das Böseste. Das wirklich Böse findet man unter Be­su­cher*in­nen von Fitnessstudios. Und unter den Er­fin­de­r*in­nen von Sendungsverfolgungen in live. Bei der Post finden übrigens seit Freitag Tarifverhandlungen statt. Die Gewerkschaft Verdi verlangt 15 Prozent mehr. Nur Ewiggestrige finden das zu viel.

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Doris Akrap
Redakteurin
Ressortleiterin | taz zwei + medien Seit 2008 Redakteurin, Autorin und Kolumnistin der taz. Publizistin, Jurorin, Moderatorin, Boardmitglied im Pen Berlin.
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2 Kommentare

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  • ...die Autorin hat einen Rechenknecht zur Hand, zufällig? Auch ein Backup ihrer Daten?



    Kein Thema also...



    Ansonsten, das mit dem Paketdiensten: Stimmt!

  • Wie wäre es mit dem stationären Handel?



    Besuch im Mobilfunkshop, Ausweis zeigen und neue SIM mitnehmen.



    Dann ab zu Expert Euronics und Co und neues Smartphone kaufen.



    Zeitaufwand gering.



    Erleichterung unbezahlbar.