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Polizist verbreitet rechtsextreme PostsDuldsame Kol­le­g*in­nen

Ein Hamburger Polizeibeamter veröffentlichte jahrelang rechtsextreme Posts auf Facebook. Viele Kol­le­g*in­nen wussten davon – und schwiegen.

Hamburgs Polizeipräsidenten beschäftigt derzeit eine Beschwerde über die rechten Posts eines Beamten Foto: dpa | Daniel Bockwoldt

E in weiterer Einzelfall, getragen von vielen: Auf Facebook hat ein Hamburger Polizeibeamter Posts sogenannter alternativer Medien aus dem rechtsextremen Spektrum verbreitet. Über Jahre hat der als bürgernaher Beamter eingesetzte Polizist über das soziale Medium Hass und Hetze verbreitet.

Die Facebook-Seite war Kol­le­g*in­nen aufgefallen. Doch anstatt die politischen Aktivitäten zu melden, setzten einzelne von ihnen zustimmende Kommentare ab. Erst ein anonymer Hinweis, ein mehrseitiger Brief an die Beschwerdestelle der Polizei, habe zu Maßnahmen geführt, sagt Deniz Celik. Der innenpolitische Sprecher der Bürgerschaftsfraktion der Linken brachte den Vorgang durch eine Kleine Anfrage in die Öffentlichkeit.

Im Innenausschuss der Bürgerschaft wollte Celik am Dienstag wissen, was genau der Beamte postete. Doch eine Auskunft erhielt er nicht. Der Polizist, der im multikulturell geprägten Stadtteil Wilhelmsburg auch in Schulen als sogenannter Cop4U, also als Ansprechpartner für Schü­le­r:in­nen und Lehrpersonal, wirkte, wurde versetzt. Die Disziplinarabteilung der Polizei ermittelt. Der Staatsschutz war zwischenzeitlich ebenfalls mit der Sache befasst, hatte in den Facebook-Posts aber keine strafrechtliche Relevanz erkannt. Sieben weitere Profile von Beamten seien ebenfalls überprüft worden

„Zu dem laufenden Disziplinarverfahren kann ich nichts sagen“, sagt Polizeipressesprecher Holger Vehren, da dieses eben noch liefe. Nach Abschluss würde sich zeigen, ob und wenn ja welche disziplinarischen Schritte geboten seien, so Vehren zur taz. Zu überprüfen sei, ob ein Verstoß gegen die politische Neutralitätspflicht oder die Pflicht zur Verfassungstreue vorliege und ob der Beamte gegen das Mäßigungsgebot oder die Wohlverhaltenspflicht verstoßen habe. Im Innenausschuss hieß es, das Verfahren werde bald abgeschlossen.

Manche Kol­le­g*in­nen des Beamten stimmten den rechtsextremen Posts auch zu

Die Versetzung sei nicht bloß ein „falsches Signal“, sagt indes der Abgeordnete Celik. Er vermisst ein „klares und deutliches Zeichen gegen rechts“. Personen mit menschenfeindlichen Positionen müssten aus dem Polizeidienst entfernt werden, so der Bürgerschaftsabgeordnete. Und die Fraktion der Linken erwartet von der Behörde eine „umfassende Aufklärung über die Situation am PK 44“, dem Kommissariat in Wilhelmsburg, wo der Polizeibeamte Dienst tat.

Den Vorfall hatte Celik im ersten Tätigkeitsbericht der Dienststelle „Beschwerdemanagement und Disziplinarangelegeheiten“ der Polizei Hamburg ab Seite 70 entdeckt. Dort wird ausgeführt, dass der Polizeibeamte den Hinweisgebenden auffiel, weil er auf seinem privaten Profil über Jahre regelmäßig Beiträge mit rechten Posts als auch solche mit „dienstlichem Bezug“ veröffentlicht hatte. Auf dem öffentlichen Profil habe der Beamte zudem rechtsextreme Kommentare Dritter nicht gelöscht oder diesen wenigstens widersprochen.

Über Facebook seien „eine Vielzahl“ von Kol­le­g*in­nen aus dem Polizeikommissariat 44 mit ihrem Kollegen verbunden gewesen, heiß es in Celiks Kleiner Anfrage. Sie hätten folglich zwangsläufig einen großen Teil der Posts zumindest wahrgenommen.

„Insgesamt ergab sich für den Beschwerdeführenden der Eindruck, das gesamte PK kenne die Einstellung des hier beschwerten Beamten und begrüße sie womöglich“, fasst Celik in der Kleinen Anfrage zusammen.

In der Antwort erklärt der Senat, dass „das gesamte Führungspersonal des PK 44“ ­bereits eine „mehrstündige Fortbildung“ ­erhalten habe. Deren Ziel: „Erhöhung der Sensibilität im ­Umgang mit politisch motiviertem Fehl­verhalten“. In der Fortbildung, die allein von der Polizei ausgerichtet wurde, sei auch über die Folgen eines „gesellschaftlichen Vertrauensverlusts in die Polizei“ in einem „migrantisch geprägten Stadtteil“ diskutiert worden.

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Andreas Speit
Autor
Rechtsextremismusexperte, Jahrgang 1966. In der taz-Nord schreibt er seit 2005 die Kolumne „Der Rechte Rand“. Regelmäßig hält er Vorträge bei NGOs und staatlichen Trägern. Für die Veröffentlichungen wurde er 2007 Lokaljournalist des Jahres und erhielt den Preis des Medium Magazin, 2008 Mitpreisträger des "Grimme Online Award 2008" für das Zeit-Online-Portal "Störungsmelder" und 2012 Journalisten-Sonderpreis "TON ANGEBEN. Rechtsextremismus im Spiegel der Medien" des Deutschen Journalistenverbandes und des Ministeriums für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt. Letzte Bücher: herausgegeben: Das Netzwerk der Identitären - Ideologie und Aktionen der Neuen Rechten (2018), Die Entkultivierung des Bürgertum (2019), mit Andrea Röpke: Völkische Landnahme -Alte Sippen, junge Siedler, rechte Ökos (2019) mit Jena-Philipp Baeck herausgegeben: Rechte EgoShooter - Von der virtuellen Hetzte zum Livestream-Attentat (2020), Verqueres Denken - Gefährliche Weltbilder in alternativen Milieus (2021).
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3 Kommentare

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  • Ich weiß gar nicht, was ich schlimmer finde: Die feige Tat oder die Tatsache, dass mich das ganze kein bisschen überrascht, sondern ich mir denke "Ah, business as usual - nur dass ihr dieses eine mal erwischt wurdet".

  • Die Feinde der Demokratie sitzen auch und gerade im Staatsapparat und der Rechtsprechung - das war in der Weimarer Republik der entscheidende Faktor für die reibungslose Machtausübung der Nazis. Die Dreistigkeit mit der sich heute Beamte und Polizisten offen rechtsradikal äußern, ist erschreckend. Sie können das, weil ihre KollegInnen wegschauen oder sogar sympathisieren....

  • Hej, dass ist ja fast wie in der kath. Kirche, wo man ähnlich mit 'auffälligen' Priestern umgegangen ist. Anstatt Strafe gab es einfach einen neuen Wirkungsbereich. Gratuliere!