piwik no script img

Fahrräder auf ParkplätzenPlatz an der Straße

Berlin ändert seine Parkgebühren-Ordnung. Während für Autos das Parken teurer wird, dürfen Fahrräder nun auf Parkplätzen abgestellt werden.

Konkurrenz bei der Parkplatzsuche Foto: dpa

Berlin taz | Dass die Senatsverwaltung für Mobilität für eine Maßnahme umgehend ein klares Lob vom Verein Changing Cities kassiert, ist eher die Ausnahme. Am Dienstagabend war es mal wieder so weit: Von einem „soliden Schritt hin zu mehr Flächengerechtigkeit“, sprach Changing-Cities-Sprecherin Ragnhild Sørensen. „Endlich bekommen die Fuß­gän­ge­r*in­nen das, was ihnen vielerorts am allermeisten fehlt: mehr Platz und mehr Sicherheit.“

Gemeint war die zuvor von der Landesregierung auf Vorlage von Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) beschlossene „Fünfte Verordnung zur Änderung der Parkgebühren-Ordnung“. Was in erster Linie die Realisierung des Versprechens aus dem Koalitionsvertrag war, die Gebührenstufen für Kurzzeitparkende um je einen Euro pro Stunde zu erhöhen, enthält noch ein paar andere Aspekte – darunter die Privilegierung von Carsharing, für das die alten Gebühren (1, 2 oder 3 Euro je nach Zone) weiterhin gelten oder sogar nur die Hälfte davon, wenn es sich um E-Auto handelt.

Was die Mobilitätslobby von Changing Cities so sehr begeistert, ist jedoch ein neuer Passus in der Ordnung, der Fahrräder, Motorräder und Elektrokleinstfahrzeuge (also E-Roller) erstmals explizit von der Gebührenpflicht in Zonen der Parkraumbewirtschaftung ausnimmt. Das soll dazu dienen, „die Nut­ze­r*in­nen dieser Fahrzeugarten zu einer verstärkten Inanspruchnahme dieser Verkehrsflächen zu animieren“, wie es in der entsprechenden Pressemitteilung heißt. Die Gehwege würden dadurch entlastet, die Sicherheit des Fußverkehrs erhöht.

Signalwirkung der Änderung

Damit werde es zukünftig deutlich einfacher, Fahrräder und Lastenräder zu parken, lobt Sørensen den Vorstoß. Und: „In der Folge wird die oft unüberwindbare Kfz-Barriere durchlässiger für den Fußverkehr.“

Aber ist es für Fahrradfahrende wirklich eine gute Idee, ihr Gefährt ganz nonchalant zwischen parkende Autos am Straßenrand zu stellen? Nicht unbedingt wegen der Gefahr spontaner Umsetzungsversuche durch Kfz-Inhaber*innen, sondern in erster Linie, weil sich dort – zumindest im Szenario, um das es hier geht – keine Fahrradbügel befinden.

„Das ist sicher für manche wegen der Diebstahlgefahr keine gute Möglichkeit“, räumt auch Ragnhild Sørensen ein. Sie verweist auf die deutlich massiveren Lastenräder: „Für sie kann es eine echte Erleichterung werden.“ Entscheidend sei aber auch die Signalwirkung, die von der Änderung ganz allgemein ausgehe: „Auf einmal wird explizit kommuniziert: Dieser Ort gehört allen, nicht nur dem Kfz-Verkehr. Viele Menschen denken, sie haben ein Recht auf einen Kfz-Parkplatz vor der Tür.“ Ein Recht, das es nicht gebe.

Zuständig für die Kontrolle des ruhenden Verkehrs sind in Berlin die bezirklichen Ordnungsämter. Was sagen die dazu, dass sie sich schon bald selbstbewussten Rad­par­ke­r*in­nen und fassungslosen Au­to­fah­re­r*in­nen gegenübersehen werden?

Im Bezirksamt Mitte ist man der Ansicht, dass Fahrräder schon immer parkgebührenpflichtig waren, wenn sie am Fahrbahnrand abgestellt wurden – nur habe es keine Möglichkeit der Sanktionierung gegeben: „Die Verfolgung der Verkehrsordnungswidrigkeit bei einem Fahrrad, das keine Parkgebühr entrichtet hat und über kein Kennzeichen verfügt, wäre sinnfrei“, teilt die Pressestelle mit. Mit der Neuerung wäre dann dieses ohnehin sehr theoretische Dilemma auch nominell abgeschafft.

Die bundesweit gültige Straßenverkehrsordnung (StVO) erlaubt ebenfalls schon immer das Abstellen von Zweirädern auf dem Fahrbahnrand – allerdings mit dem Zusatz, diese dürften dort bei Dunkelheit „nicht unbeleuchtet stehen gelassen werden“. Die Senatsverwaltung teilt dazu auf Anfrage mit, dies gelte nur für das Parken am Rand von „normalen“ Fahrbahnen: „Sobald eine Parkfläche besonders markiert ist, ist die Beleuchtungspflicht nicht mehr gegeben.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Also wird etwas explizit erlaubt, das noch nie verboten war? Bin mal gespannt, wer sein Fahrrad nur mit Schloß gesichert aber nicht angeschlossen stehen lässt.

  • Zumindest Nachts ist das Parken auf der Straße vollkommen unpraktisch, da die Räder durchgehend beleuchtet sein müssen.