Klimakrise im Senat: Volksentscheid ja, Termin nein
Innensenatorin Spranger (SPD) hält parallele Wahl und Abstimmung am 12. Februar für „nicht machbar“. Klima-Inititiative prüft rechtliche Schritte.
Für Regierungschefin Franziska Giffey (SPD) bräuchte es jene zusätzlichen Klärungen durch die Innenverwaltung gar nicht mehr, die „einige Senatsmitglieder“ noch erbeten hätten: „Schon aus heutiger Sicht ist die Sachlage sehr eindeutig“, sagt sie in der Pressekonferenz nach der Senatssitzung. Bereits vorige Woche war Giffey so zu verstehen gewesen, dass die Entscheidung schon an diesem Dienstag fallen sollte.
Landeswahlleiter Stephan Bröchler hatte vor den Journalisten zuvor auf Gespräche mit einer Druckerei wegen der Stimmzettel verwiesen und gesagt: „Der Termin 2. Januar ist schlicht nicht zu halten.“ Dass es am Papier und am Druck liegen soll, klinge so banal, räumte er ein – aber daran hängt nach seiner Darstellung die ganze Abstimmung.
Bröchler musste sich fragen lassen, warum er einen parallelen Termin bei seinem Amtsantritt im Oktober noch für möglich hielt. Da habe er tatsächlich gesagt, das sei wünschenswert, antwortete Bröchler. Aber die Strukturen und Abläufe gaben das offenbar nicht her. Stimmzettel noch während der laufenden Unterschriftensammlung für das Volksbegehren vorzubereiten soll auch nicht möglich gewesen sein – „es war nicht so klar, kommt der Volksentscheid zustande oder nicht“. Auch mit der konkreten Vorbereitung der Wiederholungswahl habe man erst nach dem Urteil des Verfassungsgerichts am 16. November anfangen können.
Quorum für Volksentscheid
Bei der Initiative, die hinter dem Volksbegehren „Berlin klimaneutral 2030“ steht, drängt man vor allem wegen der im Abstimmungsgesetz vorgesehenen Quorumregelung auf eine Zusammenlegung mit den Wahlen zum Abgeordnetenhaus und den zwölf Bezirksverordnetenversammlungen. Denn damit ein Volksentscheid gültig ist, muss eine Mehrheit der Abstimmenden dafür votieren; diese Mehrheit muss aber mindestens 25 Prozent der Wahlberechtigten umfassen. Die Erfahrung aus früheren Solo-Volksentscheiden jenseits von Wahlen zeigt: Diese Hürde ist sehr hoch.
Daher erhöht die Initiative, die Berlin bereits bis 2030 und nicht wie vom Senat vorgesehen bis 2045 klimaneutral machen und dazu das Energiewendegesetz des Landes ändern will, den Druck auf den Senat. Zwar seien Volksentscheide und Wahlen verfassungsrechtlich gleichrangig; dennoch werde der Klima-Volksentscheid nicht gleichzeitig vorbereitet. Warum, bleibe unklar, sagte Jessamine Davis, Sprecherin des Volksentscheids.
Laut Davis scheint nun die Terminfrage völlig in der Schwebe zu sein. „Der Landeswahlleiter will keinen Volksentscheid am 12. Februar, er kann aber offenbar auch keinen separaten Abstimmungstermin innerhalb der nächsten vier Monate sicherstellen.“
Das stellte Innensenatorin Spranger in der Pressekonferenz anders dar: Sie peilt einen Termin Anfang April an. Der liegt noch innerhalb der im Gesetz vorgegebenen 4-Monats-Frist, weil die erst ab der Veröffentlichung des Ergebnisses im Amtsblatt am 2. Dezember läuft. Anders soll es nur kommen, wenn die vom Bundestag beschlossene Wiederholung der Bundestagswahl – in nur jedem sechsten der Berliner Wahllokale – bereits bis August ansteht.
Beim Volksbegehren „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“, das parallel zur Abgeordnetenhauswahl am 26. September 2021 stattfand und anders als die Wahl nicht angefochten wurde, war die damalige Wahlleitung aus Sicht der Klima-Initiative vorausschauender: Dort sei der Druckauftrag für die offizielle Broschüre zum Volksentscheid bereits während der Sammelphase ausgeschrieben worden. Am 25. Juni 2021 wurden die letzten Unterschriften eingereicht, 93 Tage später der Volksentscheid parallel zu den Wahlen abgehalten.
Die Klima-Initiative hatte am 14. November ihre letzten Unterschriften bei der Innenverwaltung eingereicht. Der Wahltermin ist am 12. Februar – die Fristen seien von der Länge vergleichbar. Davis kündigte daher an: „Wir prüfen derzeit, ob wir rechtliche Schritte einleiten.“ Daran arbeite „eine Gruppe von Anwältinnen und Anwälten“.
Auch die Initiative Mehr Demokratie sieht die Landeswahlleitung in der Pflicht, Entscheid und Wahlen zusammenzulegen. „Es war abzusehen, dass das Volksbegehren erfolgreich sein wird“, sagte ihr Landesvorstandssprecher Oliver Wiedmann. „Dass sich die Verwaltung nun von der Entwicklung überrascht zeigt und unvorbereitet dasteht, ist nur schwer nachvollziehbar.“
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