Stadtbahndebatte in Hamburg: Der schnellste Weg zum Klimaziel

Der Hamburger Senat will eine neue U-Bahn bauen, um die Verkehrswende und den Klimaschutz voranzutreiben. Kritiker finden das zu teuer und langwierig.

Podium beim taz salon: Studienautor Jens Ode, Moderatorin Kaija Kutter, Ole Thorben Buschhüter (SPD), Heike Sudmann (Die Linke), Staatsrat Martin Bill (Grüne) und Bernd-Dieter Schlange, Verkehrs­experte und Anwohner

Volles Podium beim taz salon: Moderatorin Kaija Kutter (2.v.l.) mit ihren Gästen Foto: Miguel Ferraz

HAMBURG taz | Der Plan des rot-grünen Hamburger Senats, eine neue U-Bahnlinie zu bauen, um seine Klimaschutzziele zu erreichen, stößt bei Verkehrsplanern und der Linken auf Kritik. Die U-Bahn sei zu teuer, komme zu spät und werde am Bedarf vorbei gebaut, lässt sich die Kritik im taz salon am Dienstagabend zusammenfassen. Titel: „Der schnellste Weg zum Klimaziel“.

Der Senat möchte den Anteil von Bus und Bahn an allen Wegen bis 2030 von 22 auf 30 Prozent steigern. „Das wird mit der U5 nicht gelingen“, prognostizierte Heike Sudmann, Bürgerschaftsabgeordnete der Linken. Denn 2030 werde die neue Bahnlinie allenfalls auf einem sechs Kilometer langen Teilstück verkehren.

Die Linke hatte eine Studie in Auftrag gegeben, die zu dem Schluss kommt, dass eine Straßen- oder Stadtbahn die bessere Alternative wäre als eine 24 Kilometer lange und wohl mindestens zehn Milliarden Euro teure U-Bahn. „Für drei Milliarden Euro baue ich Ihnen 200 Kilometer Stadtbahn“, sagte Jens Ode, Mitverfasser der Studie. Der Busplaner Bernd-Dieter Schlange forderte dagegen: „Wir müssen massiv in den Busverkehr investieren.“

Ode verwies darauf, dass der frühere Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) der Stadtbahn eine Absage erteilt habe. „Verkehrspolitik ist in Hamburg leider Parteipolitik“, sagte er und forderte einen runden Tisch für einen Generalverkehrsplan.

Nicht zu Potte gekommen

Der SPD-Abgeordnete Ole Thorben Buschhüter verwies darauf, dass frühere Stadtbahnpläne umstritten waren und sich in zwei Wahlen nicht durchsetzen. „Jetzt wieder bei null anzufangen, wäre doch irre“, sagte er.

Auch Verkehrssenator Anjes Tjarks (Die Grünen) hatte bei der Landespressekonferenz am Dienstagmittag gebeten, das alte Fass Straßenbahn nicht wieder aufzumachen. „Es geht darum, dass wir tatsächlich in den Bau neuer Schnellbahnverbindungen kommen werden“, sagte er. Hamburg sei dabei in den vergangen 40 Jahren nicht zu Potte gekommen. „Das lag auch daran, dass planreife Projekte kurz vor Toresschluss abmoderiert wurden“, sagte Tjarks.

Beim technischen Konzept will die Hochbahn zur Welt­spitze aufschließen. Die Bahn soll automatisch fahren und über Bahnsteigtüren verfügen, sodass nur an bestimmten Stellen eingestiegen werden kann. Das soll in Spitzenzeiten einen 90-Sekunden-Takt ermöglichen. In Randzeiten können die Züge künftig verkürzt werden und häufiger fahren.

Dem Einwand, dass eine U-Bahn im Betrieb viel mehr Energie verbraucht als eine Straßenbahn, begegnete Hochbahn-Chef Hendrik Falk mit dem Argument, dass auch die U-Bahn mit Ökostrom fahren werde. Für die Größenordnung an Menschen, die die Stadt bewegen wolle, sei „eine U-Bahn genau das Richtige“, sagte Falk.

Nach den Plänen der Hochbahn soll die U5 am stärksten frequentierten Abschnitt am Dammtor 100.000 Fahrgäste täglich transportieren. Angeschlossen werden sollen die Großsiedlung Steilshoop, der dicht besiedelte Stadtteil Winterhude, der Bürostandort City Nord und die Universität.

Jens Ode, Mitverfasser der Studie

„Für drei Milliarden Euro baue ich Ihnen 200 Kilometer Stadtbahn“

Um der Kritik die Spitze zu nehmen, hat der Senat versprochen, wenigstens den im Vergleich zur Straßenbahn aufwendigeren Bau der U-Bahn besonders klimafreundlich zu gestalten und dabei Maßstäbe zu setzen. Das gilt von der Planung über die Auswahl der Baustoffe und die Logistik bis hin zum Betrieb der Tunnelbohrmaschine mit Ökostrom.

„Erstmals bei einem solchen Infrastrukturprojekt sollen nicht nur die vor Ort entstehenden CO2-Emissionen, sondern auch die komplette Lieferkette berücksichtigt werden“, kündigte der Senat an. „So soll die klimaschonendste U-Bahn Deutschlands entstehen.“ Statt 2,7 Millionen Tonnen CO2 soll der Bau höchsten 850.000 Tonnen emittieren – 70 Prozent weniger. Damit trüge er über die bis 2040 gerechnete Bauzeit zu 0,35 Prozent des heutigen Hamburger CO2-Ausstoßes bei.

Weniger Baumasse spart CO2

Bei der Industrie will sich die Hochbahn deshalb um immer CO2-ärmeren Stahl und Zement bemühen. „Wenn niemand diesen Stahl nachfragt, wird er auch nicht produziert“, sagte Hochbahn-Chef Falk. Auf die gesamte Bauzeit gerechnet werde das Projekt dabei nicht teurer, denn je mehr sich der Markt entwickle, desto eher normalisierten sich die Preise. Dazu komme, dass eine klimafreundliche Planung die Baumasse reduziere, ergänzte Klaus Uphoff von der U5-Projektgesellschaft.

Am 30. September will die Hochbahn symbolisch mit dem Bau beginnen. 2027 soll der Probe­betrieb auf dem ersten Abschnitt beginnen. Der werde aber deutlich länger dauern als üblich, sagte Uphoff, wegen der vielen neuen Technik.

Nächster taz salon in Hamburg: „Das Ende des Kapitalismus“ mit Ulrike Herrmann am 25. 10. um 19.30 Uhr, Haus 73

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