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Schutz gegen WölfeEin Schäfer ist kein Cowboy

Ein niedersächsischer Hirte darf seine Schafe nicht mit der Flinte gegen Wölfe verteidigen. Das Verwaltungsgericht Lüneburg wies seine Klage ab.

Sollte nicht im Zielfernrohr eines Schäfers landen: Wolf Foto: Carsten Rehder/dpa

taz | Lüneburg Keine Flinte für den Schäfer. Am Dienstag hat das Verwaltungsgericht Lüneburg die Klage des niedersächsischen Schäfers Wendelin Schmücker gegen die Stadt Winsen (Luhe) gleich am ersten Prozesstag abgewiesen. Der Berufsschäfer hatte 2018 gegen die Stadt geklagt, weil diese ihm verwehrt hatte, seine Schafe mit einer Schusswaffe gegen Wolfsangriffe zu verteidigen. Konkret hatte er beantragt, eine Flinte des Kalibers zwölf besitzen, führen und gegen Wölfe nutzen zu dürfen.

Wendelin Schmücker sieht man an, dass er es ernst meint mit seinem Beruf. Schon von weitem ist er an seiner Schäferkluft inklusive Stock, Weste und Hut zu erkennen. In einem Fernseh-Interview auf dem Gerichtsparkplatz redet er laut über die norddeutsche Kulturlandschaft, die durch die Schafhaltung geprägt wird.

Unter den Leuten ist auch Ulrike Galler, eine Schäferin aus Lüneburg. Sie trägt eine Jacke mit der Aufschrift „Wir lieben Schafe“. Galler ist ebenfalls Mitglied im Förderverein der Deutschen Schafhaltung (FDS), dessen Vorsitzender der Kläger ist.

Schmücker ist geübt im Umgang mit den Medien. Unter den Jour­na­lis­t:in­nen vor dem Gerichtsgebäude trifft er einige bekannte Gesichter. Eine Journalistin duzt ihn. „Die Wölfe sollen im Wald bleiben, da haben wir nix gegen“, sagt er lächelnd in eine Kamera. Seine Erfolgsaussichten beurteilt er nicht gerade optimistisch. „Die Chancen sind eher gering, aber schauen wir mal, was die Richter sagen“.

Geld und Emotionen

Den Prozess beginnt der vorsitzende Richter Sebastian Luth mit dem Hinweis darauf, dass es eine politische Frage sei, wie mit den steigenden Wolfszahlen in Deutschland umzugehen ist und dass das nicht im Gericht entschieden werde.

Erkennbar nervös, seine Hände fest ineinander verschlungen hält der Schäfer sein Plädoyer. Seine Knöchel treten weiß hervor, textlich ist er jedoch gut vorbereitet. Fast wie auswendig gelernt rattert er los, spricht von seinen Unterhaltungen mit anderen Schä­fe­r:in­nen „in der ganzen Welt“ – Frankreich, Österreich und der Schweiz, konkretisiert er.

Bis zu acht Schafsherden besitzt der Berufsschäfer. Etwa 75 Prozent seines Einkommens erzielt er durch den Verkauf von Lammfleisch. Wolfsangriffe bedrohten seine Existenz. Die Entschädigungszahlungen, welche das Land den Schä­fe­r:in­nen für gerissene Tiere zahle, seien keine Alternative, betont sein Hamburger Anwalt Heiko Granzin.

Die emotionale Bindung des Schäfers an seine Schafe sei einfach zu groß, um eine finanzielle Kompensation für die toten Tiere akzeptieren zu können. Dass genau dieser Handel seine berufliche Existenz begründet, wird im Prozess nicht erwähnt.„Mein Mandant ist Landwirt und liebt Tiere. Es geht ihm nicht darum, Tiere zu töten“, erklärt Granzin beschwichtigend.

Für das reine Verscheuchen reiche eine Schreckschusswaffe, entgegnet Stadtsprecher Theodor Peters gereizt. „Wenn Herr Schmücker nicht töten wollte, könnten wir hier aufhören“.

Wenn Herr Schmücker nicht töten wollte, könnten wir hier aufhören

Theodor Peters, Sprecher der Stadt Winsen

Schmücker scheint die Aufmerksamkeit zu genießen. Die Stadt Winsen, wirft ihm genau das vor. Peters behauptet, der Kläger habe den Rechtsstreit provoziert, wolle lediglich auf sein Anliegen aufmerksam machen. Nicht einmal den notwendigen Sachkundenachweis habe er für den Antrag erbracht. Darauf hat die Klägerseite keine Antwort.

Ende April sei es bei einer seiner Herden zu einem nächtlichen Wolfsangriff gekommen, bei dem 25 Tiere gerissen wurden, berichtet Schmücker. Er selbst sei nicht zugegen gewesen. Um nachts seine Herde bewachen zu können, habe er sich mittlerweile sogar einen Wohnwagen besorgt.

Für die effektive Überwachung sei der Schusswaffengebrauch aber als „letztes Mittel“ unbedingt notwendig. Andere Herdenschutzmaßnahmen seien nicht wirtschaftlich, zu aufwendig, Herdenschutzhunde zu teuer, zu laut für die Nachbar:innen, betont auch seine Schäferskollegin Galler.

Schmückers Klage wurde letztlich abgewiesen, weil er schlicht das „erforderliche waffenrechtliche Bedürfnis“ nicht nachweisen konnte. Zwar erkannte das Gericht an, dass ihm die Wolfsangriffe wirtschaftlich geschadet hätten. Es stellte den Schutz des Wolfes jedoch über die ökonomischen Interessen des Schäfers.

Auch ein erst im Verfahren gestellter Antrag, wenigstens Gummigeschosse nutzen zu dürfen, lehnte das Gericht ab. Einen entsprechenden Antrag müsse er bei der Stadt Winsen stellen.

Für Schmücker war der Prozess vor allem ein wirtschaftliches Anliegen, erklärt er nach der Sitzung. Er werde in Berufung gehen, vorausgesetzt, seine Rechtsschutzversicherung übernimmt die Kosten.

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16 Kommentare

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  • Wie wäre es mit einem Herdenschutzhund?

  • Sicher gibt's auch anderswo, nicht nur in Sachsen, Herdenschutzberater:innen. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.



    //



    www.wolf.sachsen.d...tieren-4181.html//

  • Ich habe auch schon sehr vernünftige Schäfer getroffen, die ordentliche Schutzkonzepte , und die keine Probleme mit Wolfsrissen hatten.

  • Ach was! © Vagel Bülow

    Ruhe: “Das läuft dann wieder wie in Winsen an der Luhe!“ tut Volkers 👄 viel Wahrheit kund. & Däh!

    “Auch ein erst im Verfahren gestellter Antrag, wenigstens Gummigeschosse nutzen zu dürfen, lehnte das Gericht ab. Einen entsprechenden Antrag müsse er bei der Stadt Winsen stellen.“ korrekt 👌 - But.

    Wie wär‘s mit Salzposten?



    Die tun auch weniger kosten?



    Was den Winzern für Schutz den 🍷



    Sollte “aufs 🐺fell brennt“ doch billig sein!



    Was bei “Dressier-den-🐕“ das Katapult!



    Beim 🐺 Kimme/Korn&🧂et bringe schult •

    unterm——-



    Einen darin geübten Winzer findste nieme.



    Aber diss - zum Üben - ooch ganz schee!



    Läßt aber du die Doppelflinte sprechen



    Kannste am 🐺 dich rächen.



    Denn - wie jedes kluge Tier -



    Denkt Gevatter Isegrim - das ich mir!;)



    ——



    Isegrim (mhd. Îsengrîn, aus îsen ‚Eisen‘ und grînen ‚knurren‘), der Wolf, ist ein Fabelwesen aus dem Epos Reineke Fuchs und verkörpert den feudalen Baron. Er symbolisiert Kraft, Rücksichtslosigkeit, Gier, Grimmigkeit, Bösartigkeit, aber auch Tölpelhaftigkeit, weshalb er vom verschlagenen Fuchs immer wieder hereingelegt wird. Allerdings kann der Name auch aus grima ‚Helm‘, ‚Maske‘, ‚Gesicht‘ abgeleitet werden und bedeutet damit Graugesicht/Eisenmaske und stellt damit eine Kenning für den Wolf dar, und in der Folge einen Männernamen.



    Ebenso wie Reineke Fuchs soll die Ursprungsgestalt der Isegrim-Figur aus dem Vorderen Orient stammen. Während er dort noch ambivalente Charakterzüge ähnlich dem Trickster gehabt haben soll, wurde der Wolf im Christentum (Altes Testament) ausschließlich als Sinnbild für das Böse angesehen, als Satan, der dem guten Hirten, dem Diener Gottes, gegenübergestellt war.

    Im lateinischen Mittelalter war der Wolf als Ysengrimus Held eines Tierepos, das im 12. Jahrhundert wahrscheinlich in Flandern entstand und worin er auch zum ersten Mal seinen Namen erhielt, mit dem er in der europäischen Literatur fortan identifiziert wurde.“

    Kann‘s mal sehn - Lüneburg - Ilmenau is aber auch ganz schön

    • @Lowandorder:

      Sorry I forgot - 🧂 dem 🐺 zum Wohle -



      Die Salzpistole - seh ich => ausbauefähig



      - 🙀🥳 👌 -



      www.prosieben.de/t...vige-insekten-clip

      • @Lowandorder:

        Vagel Bülow

        verweist auf Vicco von Bülow (Loriot)

        Vagel ist meklenburgisch Vogel

        :-)

        • @Sonntagssegler:

          Tja Jung - liggers n bannig fixen Dutt bi de Klütenpann & kaans ook Kattenshit in Düstern rüken! But.



          Zitier mal Lovando =>



          “Na Servus - der FC Bayern-Fan - am Spül - 🙀🥳 -



          Ach was! © Vagel Bülow (Loriot falls das jemand 🤔?)



          unterm—— hier irrt der Focus - white sox gazetta - 🤬 🙀🥳👹 -

          “Das Wappentier der Bülow -

          "Loriot" ist auf Französisch der Name für den Pirol. Diesen Vogel trägt die Familie von Bülow im Wappen. Daher also sein Künstlername, das hatte ich schon einmal gelesen – auch dass der Pirol deswegen "Vogel Bülow" genannt wird.

          Lange habe ich mich aber gefragt, warum die von Bülows diesen Vogel überhaupt zu ihrem Wappentier gewählt hatten. Bis ich eine Ornithologin fragte. Die Vogelkundlerin hatte eine wunderbare Erklärung, warum der Pirol das Markenzeichen der von Bülows ist. Denn die Vogelfreaks beschrieben seinen typischen Gesang mit dem Ausruf "Büloo! Büloo!".“ Ach was!

          www.focus.de/wisse...ft_id_9915736.html

          Das ist natürlich Quatsch: nicht nur im meckelnbörger Platt!

          Heißt der Pirol wg seines Rufes - Vagel Bülow - & nicht umgekehrt • … “



          Get it? Fein

          unterm—servíce



          taz.de/Arbeit-im-Haushalt/!5870738/

          • @Lowandorder:

            In ganz alten Zeiten wurde dieser Vogel auch als Biereule bezeichnet. Na dann Prost!

            • @Wurstfinger Joe:

              Danke. Mit Ol Conny “Junger Mann - da wissense mehr wie ich!“ - 🙀🥳 -

  • Natur ist Natur ist Natur!



    Wer soviele Schafherden hat, kann auch Zeit und Geld in die eigene Zucht sog. Schutzhunde aufbringen. Die Anmerkung, die sind für die Nachbarn zu laut ist ja wohl sehr an den Haaren herbeigezogen. In anderen europäischen Ländern geht das schließlich auch. Auch hier sind die Begründungen einfach lachhaft.



    Halt das selbe "Getue" wie bei den Jägern: ich knall ab, was mir nicht passt! Der Ami läßt grüßen.

    • @MahNaMahNa:

      Eine doch recht einseitige Sicht der Dinge:



      "Halt das selbe "Getue" wie bei den



      Jägern: ich knall ab, was mir nicht passt! Der Ami läßt grüßen."

      Was hat der deutsche, streng reglementierte Jäger mit Jagdschein und Revierpflicht mit dem "Ami"-Freizeitjäger zu tun, der in vielen Bundesstaaten einfach so mit dem Gewehr losziehen und abknallen darf, was ihm vor selbiges kommt?

      Es gibt natürlich die "Herrenjäger", die abknallen (wollen), was ihnen nicht passt. Hierzu empfehle ich Ihnen die Lektüre des Bundes- und der Landesjagdgesetze, die den Rahmen dessen, was "dem Jäger nicht passen darf", festlegen.



      Es gibt auch die Jäger, die sich für den Luchs, den Geier, auch für den Wolf einsetzen, weil sie wieder mehr Natur im deutschen Forst wollen. (Forst != Wald, Wald gibt es kaum in Deutschland).



      Forst ist landwirtschaftlich genutzte Fläche zur Produktion von Holz und Wild, was man sät, muss man auch irgendwann ernten, also Holzschlag und Jagd. Das wollte (und will) man so.

    • @MahNaMahNa:

      Würde mich auch wundern, wenn Herum-Geballere die NachbarInnen nicht erst recht aus dem Schlaf reißen würde. An Hunde-Gekläff kann man sich gewöhnen; das hat der Mensch seit Jahrtausenden geschafft.

      • @Tetra Mint:

        Der "Mensch" hat sich in Jahrhunderten auch an Kirchenglocken, Hähne, Kuhglocken gewöhnt, aber trotzdem wird gegen diese geklagt.

    • @MahNaMahNa:

      Das Argument mit der Lautstärke kann sehe ich ähnlich. Beispiele für Herdenschutzhunde gibt es ebenso in Deutschland, aber vermutlich ist das Argument vorgeschoben um sich für übergeordnete Themen Gehör zu verschaffen.

      Dem Kommentar mit dem " "Getue" wie bei den Jägern: ich knall ab, was mir nicht passt! Der Ami läßt grüßen." muss ich allerdings wehement und an verschiedenen Punkten widersprechen.

      Auch bei der Jagd stellt sich die Situation wesentlich komplexer dar. Ich möchte behaupten, wir sind auf die Jagd als Notlösung für selbst geschaffene Probleme sogar angewiesen, bis wir diese irgendwie in den Griff bekommen haben.