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Beziehungen Südafrikas mit RusslandHerumeiern mit Putin

An einer „Sicherheitskonferenz“ in Moskau für Verbündete Russlands nahm auch Südafrika teil. Der Ukrainekrieg ist für Afrika eine Herausforderung.

Teil­neh­me­r:in­nen der Internationalen Sicherheitskonferenz am 16. August in Moskau Foto: Maksim Blinov/SNA/imago

Amsterdam taz | Nicht nur westliche Partner Südafrikas waren schockiert, auch weite Teile der südafrikanischen Öffentlichkeit, als Verteidigungsministerin Thandi Modise vergangene Woche der Einladung Russlands zur „Zehnten Internationalen Sicherheitskonferenz“ in Moskau folgte.

Nur Tage zuvor hatte sich US-Außenminister Anthony Blinken von seiner südafrikanischen Amtskollegin Naledi Pandor in Pretoria versichern lassen: „Was Russland und die Ukraine angeht, gibt es niemanden in Südafrika, der für Krieg ist. Das muss jedem klar sein.“

Zumindest ihrer Ministerkollegin Modise scheint dies nicht klar gewesen zu sein. Bereits die Begrüßung durch ihren russischen Amtskollegen Sergei Shoigu mit einem überdimensionalen Blumenstrauß vor laufenden Kameras irritierte.

Zu den 35 Ver­tei­di­gungs­mi­nis­te­r*in­nen aus dem globalen Süden, die der Einladung nach Moskau gefolgt waren, gehörten Länder, die, anders als Südafrika, überwiegend nicht für demokratische Traditionen stehen: Äthiopien, Burundi, Guinea, Mali, Sudan, Tschad, Uganda.

Gastgeber Wladimir Putin verurteilte in seiner Gipfelrede die „westlichen globalisierten Eliten“, deren „Hegemonie“ jetzt zu Ende gehe zugunsten einer „multipolaren Weltordnung“, in der sich Länder „auf der Grundlage der eigenen Identität, Traditionen und Werte“ entwickeln könnten.

Russlands Verteidigungsminister Shoigu dankte seinen Kol­le­g*in­nen aus Afrika, Asien und Lateinamerika als „sichtbarer Beweis, dass NATO und USA darin gescheitert sind, Russland zu isolieren.“ Dem fügte Modise hinzu, dass „wir alle gestärkt aus dieser Konferenz gehen werden, um für eine Welt des Friedens zu arbeiten.“

Südafrikas Verteidigungsministerin Thandi Modise in Moskau Foto: Maksim Blinov/SNA/imago

„Ausdruck der Ignoranz“

Nicht nur in den Medien Südafrikas brach ein Sturm der Entrüstung los. Bei der Eröffnung einer Ausstellung der „Desmond & Leah Tutu Stiftung“ in Kapstadt sagt die ehemalige Gefährtin des 1977 von der Apartheid-Polizei ermordeten Bürgerrechtlers Steve Biko, Mamphela Rampele: „Die jetzt gezeigte Haltung unserer Regierung ist völlig unakzeptabel und ein Ausdruck der Ignoranz gegenüber dem alltäglichen Leid der Menschen in der Ukraine“.

Ein junger Aktivist aus Soweto, Lonwabo M. (31), weiß: „Wenn Modise jetzt Russland überschwänglich dankt für deren Unterstützung im Kampf gegen Kolonialismus, vergisst sie, dass auch die Ukraine einmal zur Sowjetunion gehörte. Sie biedert sich an aus aktuellen, rein egoistischen Motiven.“

Und Greg Mills, Direktor der Brenthurst-Stiftung für wirtschaftliche Zusammenarbeit in Afrika, meint: „Als sicher kann gelten, dass Modises Präsenz in Moskau vor allem eine Frage unter den Wäh­le­r*in­nen Südafrikas befördert: Inwieweit beschädigt dies noch mehr unsere eigene Sicherheit und unsere Wirtschaft?“

Auch in anderen afrikanischen Ländern erheben junge Op­po­si­ti­ons­po­li­ti­ke­r*in­nen ihre Stimme gegen Russlands Kriegspolitik.

So schrieben Ende Juli Ugandas Bobi Wine und Simbabwes Tendai Biti: „Jene Regierungen in Afrika, die Russland bewundern, tun so, als würden sie für ganz Afrika sprechen, während sie zuerst ihre eigene unglaubwürdige Realität beschwören … Die echte Gefahr besteht darin, dass jene Regierungen in Afrika, die sich selbst durch Demokratie bedroht fühlen, das russische Vorgehen von Menschenrechtsverletzungen selbst nutzen, um an der Macht zu bleiben.“

Direkt nach Russlands Überfall auf die Ukraine am 24. Februar hatte das Außenministerium Südafrikas noch gefordert, dass sich die „russischen Invasoren“ aus der Ukraine zurückziehen sollten. Dies war umso bemerkenswerter, als sich alle anderen Länder im BRICS-Bündnis der großen Schwellenländer jeder Stellungnahme enthielten – neben Russland sind dies Brasilien, Indien, China und eben auch Südafrika.

Zunächst schien es, als würde Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa, bewusst bezugnehmend auf die Geschichte seines Landes, sich für eine Verhandlungslösung starkmachen: „Auch Südafrika gelang ein Ende der Apartheid erst, als beide Parteien akzeptierten, dass scheinbar unüberwindliche Konflikte doch nur durch Verhandlungen zu lösen sind.“

Als er beim G7-Gipfeltreffen im bayerischen Elmau Ende Juni ebenso wie der derzeitige Vorsitzende der Afrikanischen Union, Senegals Präsident Macky Sall, deutlich machte, dass man nicht käuflich sei gegenüber finanziellen Versprechungen westlicher Länder für Infrastruktur und alternative Energien auf dem afrikanischen Kontinent, zeugte dies weniger von Russlandfreundlichkeit denn von Selbstbewusstsein, zumal die letzten G7-Zusagen an Afrika von vor einem Jahr bis heute nicht gehalten wurden.

Inzwischen ist aber deutlich geworden, dass eine klare Haltung zum Ukraine-Krieg innerhalb der Afrikanischen Union noch auf sich warten lassen wird.

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1 Kommentar

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  • "Der Ukrainekrieg ist für Afrika eine Herausforderung."

    Nein. Afrika hat eigene Probleme. Und zwar zu Hauf.