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Bundeswehr sieht sich behindertImmer Ärger mit Mali

Das größte UN-Militärcamp von Malis Hauptstadt Bamako wird für ausländische Soldaten gesperrt. Die UN-Truppe wird zunehmend funktionsuntüchtig.

Einfahrt zum Flughafen Bamako: Malis Armee will hier unter sich bleiben Foto: Nicolas Remene/Pictorium/imago

Berlin taz | Das Leben der Bundeswehr in Mali wird immer ungemütlicher, die Politik der Nadelstiche der herrschenden Militärs gegenüber der UN-Mission Minusma immer fantasievoller. Neueste Wende: Das Militärlager Senou des Flughafens der Hauptstadt Bamako, über das die Transporte der UN-Mission laufen, darf keine ausländischen Soldaten mehr beherbergen.

Dies geht aus einem Schreiben der Flughafenbehörde an die Firma Sahel Aviation Services (SAS) hervor, die das Camp betreibt. SAS wird in dem Schreiben vom Montag aufgefordert, innerhalb von 72 Stunden ab 2. August „die nötigen Vorkehrungen für den Abzug der ausländischen Truppen aus Ihren Räumlichkeiten zu treffen“.

SAS wird von dem Deutschen Stephan Koehler, Hauptmann der Reserve, geleitet. Er betreibt das Camp, in dem unter anderem 60 deutsche Soldaten im Rahmen der UN-Mission Minusma untergebracht sind, und besorgt auch den Weiterflug aus Bamako in andere Gebiete Malis.

Die Flughafenbehörde wirft nun SAS vor, „dass Sie entgegen den zugelassenen Aktivitäten die Aufnahme und Beherbergung ausländischer Streitkräfte tätigen und zu diesem Zweck ein Hotel mit Annehmlichkeiten errichtet haben“. Dies „stellt Risiken für die innere und äußere Sicherheit des Staates dar“.

Am 10. Juli waren bereits 49 Soldaten aus der Elfenbeinküste, die im UN-Auftrag das Camp bewachen sollten, bei der Landung in Bamako festgenommen worden, weil sie Waffen trugen. Der Streit darüber ist ungelöst.

Am 25. Juli verfügte Bamakos Flughafenbehörde verschärfte Sicherheitsmaßnahmen, drei Tage nachdem Bewaffnete Malis bestgesichertes Militärcamp in Kati außerhalb von Bamako angegriffen hatten. Zu dem Angriff hatte sich die radikale Islamistengruppe JNIM (Gruppe zur Unterstützung des Islams und der Muslime) bekannt – Teil einer Angriffsserie, mit der am 21. und 22. Juli die JNIM Bamako so nahe gekommen war wie nie.

Von Kati war 2020 der Militärputsch ausgegangen, mit dem Malis Spezialkräfte unter Oberst Assimi Goita die gewählte zivile Regierung des Landes stürzten; neun Monate später übernahm Goita auch die Staatsspitze.

„60 Deutsche müssen einen Schlafplatz suchen“

Die Regierung Goita hat sich von Frankreich und der UNO abgewandt und die Nähe zu Russland gesucht. UN-Mitarbeiter dürfen sich nicht mehr ohne ausdrückliche Genehmigung in Mali bewegen, seit dem 14. Juli sind auch sämtliche UN-Truppenrotationen in Mali untersagt – Kontingente können damit nicht mehr turnusmäßig ausgewechselt werden. Nun kommt die Schließung von Camp Senou für UN-Soldaten dazu.

„60 Deutsche (unter anderem) müssen einen Schlafplatz suchen, in einer Zeit steigender Sicherheitsbedenken in der Hauptstadt“, schreibt auf Twitter Ulf Laessing, Leiter des Sahel-Programms der Konrad-Adenauer-Stiftung in Mali.

Deutschland ist mit einer Obergrenze von 1.400 Soldaten an der Minusma beteiligt; die meisten Soldaten stehen in Gao im Nordosten des Landes. Auch dort ist Malis Politik der Nadelstiche zu spüren: Laut Einsatzführungskommando der Bundeswehr entzog Mali am 2. August die Genehmigungen für die Maschinen, die in Gao zu medizinischen Evakuierungsflügen dienen, ein zentraler Bestandteil des deutschen Engagements.

Das als Subunternehmer tätige Flugunternehmen Starlite bekam zwar eine neue Genehmigung, nicht aber der Bundeswehr-Airbus A400M.

In Gao wird im August Frankreich seine Militärbasis schließen, die bislang für die Sicherheit der UN-Basis sorgt. Ob der deutsche Einsatz ohne Frankreichs Schutz fortgesetzt werden kann, war bei der Verlängerung des Bundeswehrmandats durch den Bundestag im Mai offengeblieben.

Es wird spekuliert, dass nach Frankreichs Abzug die russische Söldnertruppe Wagner in Gao einrücken könnte, wie bereits an anderen ehemaligen französischen Basen in Mali. Spätestens dann wäre der deutsche Mali-Einsatz wohl nicht mehr zu retten.

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11 Kommentare

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  • Irgendwie scheinen wir die Lehren aus Afghanistan nicht gezogen zu haben. Wie lauten diese? 1. "Gibt es eine unmittelbare Bedrohung für uns? Nein, dann raus." 2. "Haben wir ein zwingendes



    strategisches Interesse an der Region, z.B. aufgrund von Ressourcen? Nein, dann raus." 3. ,,Haben wir den Willen und die Fähigkeiten das Land wirksam und langfristig zu stabilisieren? Nein, dann raus



    ". Mit den Regeln hätten wir Afghanistan 15 Jahre früher verlassen - was richtig gewesen wäre.

  • Truppen abziehen, Hilfe an die Regierung einstellen.

  • "Was bitte haben "Unternehmen" bei einem Militäreinsatz verloren?"

    Antwort: die Ressourcen des Militärs sind zum Teil so bescheiden, dass zusätzliche zivile Ressourcen benötigt werden.



    Beispiel: die Bundeswehr hat praktisch keine einsatzfähigen Hubschrauber mehr für den Transport von Verletzten. Üblicherweise wird dann im Einsatzland irgendwer beauftragt, das Problem mit (meist uralten Sowjet-Hubschraubern) zu lösen.

  • Der Einsatz der Bundeswehr in Mali war immer schon fragwürdig. Jetzt ist er wirklich überflüssig.



    Der westliche Einfluss in Afrika wird abnehmen, der von China und Russland wird zunehmen.



    Jahrzehnte Entwicklungshilfe wurde teilweise konterkariert durch Handelsbenachteiligungen der EU, die viele afrikanische Staaten abhängig machten von den fragwürdigen Hilfen. Man denke nur an die Zerstörung kleinbäuerlicher Strukturen durch die EU.



    Kolonialismus und Rassismus ist quasi nur den modernen Zeiten angepasst worden. Und zwar hinter der Maske der moralischen Selbsterhöhung.

    • @Rolf B.:

      Zu ersterem haben sie Recht nicht nur politisch auch taktisch war das immer Unsinn.

      2. Möglich, besser wird es dadurch nicht, China setzt auf Schuldendiplomatie und bei Bauprojekten oft auf eigene Kräfte und Russland ist oft durch Wagner vertretten die mit exzessiver Brutalität agieren.

      3+4. Ja das stimmt leider.

  • "Dies geht aus einem Schreiben der Flughafenbehörde an die Firma Sahel Aviation Services (SAS) hervor, die das Camp betreibt."

    "Das als Subunternehmer tätige Flugunternehmen Starlite..."

    Was bitte haben "Unternehmen" bei einem Militäreinsatz verloren?

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Um den Verteidigungshaushalt niedrig zu halten werden Fähigkeiten durch Subunternehmen gestellt,da es sehr teuer wäre diese außerhalb der Einsätze bereit zu halten. Müsste die bundeswehr bspw. Alles Material und personal selber einfliegen bräuchte sie viel mehr Flugzeuge und Piloten.

  • Deutsche sind in Mali nicht erwünscht, also sollte man das Land verlassen. Es ist doch nicht so schwer zu verstehen, dass Hilfe und Einmischung in innere Angelegenheiten auf Widerstand stoßen. Die Menschen in Mali und Afrika sind durchaus in der Lage die Angelegenheiten selbst zu regeln. Das war und ist in Europa nicht anders ( WK2. Ungarn, Balkan, Griechenland/Türkei, Russland/ Ukraine, Großbritannien/Falkland, Frankreich/Algerien usw.) Wenn Mali lieber mit den Söldnern der Wagner-Truppe und Russland zusammenarbeitet ist es eine Entscheidung der Malis und zu akzeptieren. Die Deutsche Entwicklungshilfe sollte, wenn gewünscht, Tansania und Namibia zu Gute kommen.

    • @Pepi:

      "Am 10. Juli waren bereits 49 Soldaten aus der Elfenbeinküste, die im UN-Auftrag das Camp bewachen sollten"



      Ruanda und Tschad u.a. sind auch dabei, vielleicht informieren Sie sich, worum es überhaupt geht? - Und mitgekriegt, dass es einen Putsch gab?

      Und ja, die Russen werdeen es schon richten: www.riffreporter.d...ner-massaker-moura

      • @Berrybell:

        Richtig, ist mir bekannt. Aus diesem Grund sollte sich Deutschland raushalten oder soll die Bundeswehr die Putschisten unterstützen? Oder soll die Bundeswehr als Steigbügelhalter für die alte Regierung Stellung beziehen? Ruanda ist auch dabei, das ist ja beruhigend. Sind nur Tutsis dabei oder auch Hutu? Und der Tschad, hatten da nicht die Franzosen mal das Sagen? Warum glauben Sie, dass die Afrikaner nicht in der Lage sind die Angelegenheit selber zu regeln, wie z.B. in Tansania oder eben in Mali.

  • Was will man da noch retten? Wenn man unwillkommen ist, sollte man gehen.