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90 Jahre AntifaAntifaschistische Gedenkaktion

Eine Gedenktafel soll an die Gründung der Antifaschistischen Aktion in Berlin vor 90 Jahren erinnern. Offiziell genehmigt ist sie noch nicht.

Enthüllung einer Infotafel zur Antifaschistischen Aktion Foto: Erik Peter

Berlin taz | Wo sich heute in der Bernburger Straße 22a nahe am Anhalter Bahnhof eine Häuserlücke auftut, erinnern noch ein geschwungener Torbogen und eine Infotafel daran, dass sich hier bis zur Zerstörung im Zweiten Weltkrieg die Alte Philharmonie befand. 1876, ursprünglich als Rollschuhbahn gebaut, trug der pompöse Konzertsaal – und das, was darin geboten wurde – zur „musikalischen Weltbedeutung“ der Stadt bei, wie es in dem festgehaltenen Erinnerungstext heißt.

Darauf, dass das Gebäude noch aus einem anderen Grund von historischer und überregionaler Bedeutung ist, machten am Sonntagnachmittag etwa 50 An­ti­fa­schis­t:in­nen aufmerksam. Bei einer Kundgebung mit Rede- und Musikbeiträgen erinnerten sie an die Gründung der Antifaschistischen Aktion an dieser Stelle vor exakt 90 Jahren. Damals hatte die KPD auf einem Kongress mit 1.500 Delegierten die antifaschistische Einheitsfront ausgerufen, um sich der Gefahr, die von der NSDAP und ihren Schlägertrupps ausging, entgegenzustellen.

Die Idee dazu kam dem Zentralkomitee der KPD, kurz nachdem es im neu gewählten Preußischen Landtag 1932 zu einer Massenschlägerei zwischen der NSDAP als größter Fraktion und den Abgeordneten der KPD gekommen war, wie Antifa-Chronist Bernd Langer in seiner Rede sagte.

Allerdings kam die Initiative zu einer gemeinsamen Aktionsfront von Kom­mu­nis­t:in­nen mit der als Feind markierten Sozialdemokratie zu spät. Nur ein halbes Jahr nach Ausrufung der Antifaschistischen Aktion sahen sich, so sagte es eine Rednerin der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der An­ti­fa­schis­t:in­nen (VVN-BdA), „die politischen Konkurrenten vereint“ – in den Gefängnissen der Nazis. Daher sei dieser Tag auch ein Tag „zur Ehrung der Opfer“.

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Langers Schlussfolgerung: Antifaschismus beginne „jenseits des Dogmatismus“; nur wenn alle demokratischen, antifaschistischen Kräfte zusammenstehen, könne die faschistische Entwicklung gestoppt werden. Den Antifaschismus, wie er seit den 1970er Jahren unter Anlehnung an den alten Slogan und die alte – überarbeitete – Symbolik in Antifa-Gruppen wiederauflebte, bezeichnete Langer als „wirksame Politik, obwohl sie ausgegrenzt wird“.

Zur Erinnerung an den Ort und die Geschichte und Entwicklung der Antifaschistischen Aktion wurde eine Infotafel präsentiert. Aufgrund der „spontanen Organisation“ sei die Tafel noch nicht offiziell genehmigt, so Langer. Daran aber wolle man in den kommenden Monaten mit dem Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg arbeiten.

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5 Kommentare

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  • Von wegen "Einheitsfront".

    Auch nach der Gründung der Antifaschistischen Aktion durch die KPD bekämpfte man weiterhin die SPD, die noch bis 1935 (!!), zwei Jahre nach der Machtergreifung Hitlers gemäß der dann verworfenen Sozialfaschismusthese als Flügel des Faschismus galt.

    Noch im Mai 1933 erklärte die KPD:



    „Die völlige Ausschaltung der Sozialfaschisten aus dem Staatsapparat, die brutale Unterdrückung auch der sozialdemokratischen Organisation und ihrer Presse ändern nichts an der Tatsache, dass sie nach wie vor die soziale Hauptstütze der Kapitalsdiktatur darstellen.“[ de.wikipedia.org/w...ialfaschismusthese ]

    Von Zusammenarbeit gab es da keine Spur. Nicht mit der SPD und nicht mit den anderen demokratischen Parteien.

    Man war sich sogar ein paar Monate zuvor nicht zu blöd zusammen mit der NSDAP den Volksentscheid zur Auflösung desSPD geführten preußischen Landtags zu betreiben [ de.wikipedia.org/w...ußischen_Landtages ]

    Die "Feierlichkeiten zum 90 Jahrestag ist eine Selbstbeweihräucherung ohne die geringste Spur von Selbstkritik

  • Rollstuhlbahn? Eher wohl Rollschuhbahn, oder?

    • Moderation , Moderator
      @Ulrich Goldschmitt:

      Danke für den Hinweis, der Fehler wurde korrigiert. Die Moderation

  • "Damals hatte die KPD auf einem Kongress mit 1.500 Delegierten die antifaschistische Einheitsfront ausgerufen, um sich der Gefahr, die von der NSDAP und ihren Schlägertrupps ausging, entgegenzustellen."

    Der Faschismus ist noch lange nicht bekämpft,



    ganz im Gegenteil, nur kommt er heute im



    anderen Gewand daher.

    Tendenz der Faschisierung – vorbereitende Etappe – Faschismus an der Macht?



    www.freidenker.org/?p=13538

  • Früher hätte die Antifa einfach irgendein Haus besetzt und ihre Botschaft gut sichtbar für alle an die Wand gesprüht. Jetzt also eine offizielle "Gedenktafel". Alles ordentlich beantragt, angemeldet und gemeinsam mit der Politik dann später eingeweiht. Ich lach ich weg...