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Ergebnisse des G7-GipfelsLieber schmutzig, aber billig

Anna Lehmann
Kommentar von Anna Lehmann

Der G7-Gipfel in Elmau bedeutet für die Klimafrage einen Rückschritt. Auch den Kampf gegen die Hungerkrise gingen Kanzler Scholz und seine Gäste halbherzig an.

Die G7 begründen ihren Schritt zurück beim Klimaschutz mit der aktuellen Energiekrise Foto: Kirill Gorskov/EyeEm/getty images

D ie Kulisse der bayerischen Alpen ist immer gut für große Inszenierungen. Angela Merkel hat sich hier einst als Klimakanzlerin geriert, sie gab als Gastgeberin des Gipfeltreffens 2015 sogar das Ziel der Dekarbonisierung der Weltwirtschaft aus. Ihr Nachfolger Olaf Scholz probierte es sieben Jahre später erst mal mit einem Klimaclub und hängte die Erwartungen tiefer. Enttäuscht hat er sie dennoch.

Mit der Abkehr von ihrer Selbstverpflichtung, bis zum Jahresende keine fossilen Energiequellen mehr zu fördern, gehen die G7 beim Klimaschutz einen Schritt zurück. Man mag noch so sehr beteuern, dass man sich natürlich streng an das Ziel gebunden fühle, den Anstieg der weltweiten Überhitzung auf zusätzliche 1,5 Grad zu begrenzen. Doch die Erschließung neuer Gasfelder wird mittelfristig neue CO2-Emissionen freisetzen.

Die G7 begründen ihren Schritt zurück mit der aktuellen Energiekrise. Russland dreht den Gashahn zu. Doch in Wirklichkeit geht es um Geopolitik. Die G7 werben im neuen Systemwettbewerb mit autoritären Großmächten wie China und Russland intensiv um die demokratischen Schwellenländer, denen sie das eigene Rezept für das Wachstum nicht vorenthalten wollen: billige und leider schmutzige Energie. Klar, dass man Partner nicht verprellen will.

Aber das sollte man auch so kommunizieren und sich nicht hinter dem Pariser Abkommen verstecken. Völlig unverständlich ist, dass die G7 bei einer weiteren großen Herausforderung: dem Kampf gegen Hunger, so halbherzig bleiben. Gerade mal 4,5 Milliarden Dollar an finanziellen Zusagen haben sie in Elmau zusammenbekommen. Das ist wenig angesichts von 345 Millionen Menschen, die nicht genug zu essen haben.

Gerade Deutschland hat ja vorgemacht, dass es möglich ist, auch mal auf die Schnelle 100 Milliarden Euro zu mobilisieren, wenn nur der politische Wille da ist. In Elmau fehlte der Wille, den Entwicklungsländern auf diese Weise entgegenzukommen. Man entschied sich für den billigen, den schmutzigen Weg.

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Anna Lehmann
Leiterin Parlamentsbüro
Schwerpunkte SPD und Kanzleramt sowie Innenpolitik und Bildung. Leitete bis Februar 2022 gemeinschaftlich das Inlandsressort der taz und kümmerte sich um die Linkspartei. "Zur Elite bitte hier entlang: Kaderschmieden und Eliteschulen von heute" erschien 2016.
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10 Kommentare

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  • @JALELLA

    Sie bringen mich auf Ideen. Vielleicht sollten wir sie dort ohne Nahrung einsperren, bis sie brauchbare Ergebnisse liefern?

  • Hunger? Im Fünfsterne-Luxusresort Schloss Elmau gab es sicher was Leckeres zu essen. Was man halt so kriegt für ein paar hundert Millionen Steuergelder.

  • Der Klimaklub ist natürlich jämmerlich. Schon das Wort ist lächerlich. Vor 30 Jahren wäre das was gewesen. Aber Politiker vom Format eines Olaf Scholz suchen halt nach Wörtern auf denen sie sich niederlassen und ausruhen können. Klimapolitisch hat sich nicht viel geändert. Die ziemlich sicher wegfallende russische fossile Energieversorgung wird anderweitig auch durch fossile Energieträger ersetzt. Das ist natürlich der falsche Weg, immerhin wird sich der Umbau der Energieversorgung aber durch die steigenden Preise für Gas und Öl beschleunigen. Geopolitisch muss der Westen auch dringend etwas tun. China hat über 20 Jahre Vorsprung, China kontrolliert ganze Staaten, Märkte, Handelswege, Anbauflächen, Wasserversorgung etc. Spätestens seit dem Angriff auf die Ukraine haben wir wieder eine Spaltung der Welt, eine Konkurrenz um Einfluss und die Schwellenländer und ressourcenreichen Staaten sind von beiden Seiten umworben und können sich ihre Partner aussuchen. Darauf muss der Westen reagieren, dass die G7 dafür ein bisschen Geld in die Hand nehmen ist mehr als notwendig, dass sie unattraktive Länder und links liegen lassen und Hungerbekämpfung ebenso, ist natürlich nicht nur eine Schande, sondern auch zutiefst dumm.

    • @Benedikt Bräutigam:

      "Umbau der Energieversorgung" sie meinen wieder Kohle- und Atomkraftwerke? Tja, so dolle umbauen will man dann doch nicht und die FDP läßt ja schon langsam blicken wohin der Weg führen soll....Fracking. Juchu...nicht!

  • "Doch in Wirklichkeit geht es um Geopolitik. Die G7 werben im neuen Systemwettbewerb mit autoritären Großmächten wie China und Russland intensiv um die demokratischen Schwellenländer ..."

    Genau so. Wenn diese @#&$%Schnarchsäcke nur ein Bruchteil der "Entwicklungshilfe", die sie (völlig sinnlos) der eigenen Rüstungsindustrie zukommen lassen in die Schwellenländer investierten (wie wär's mal mit Schuldenschnitt? Mal eine /sinnvolle/ public-private-partnership, zur Abwechselung?)...

    Stattdessen (DE): Entwicklungshhilfe 4.nochwas Milliarden (seien wir grosszügig und runden auf 5 auf). Rüstung: regulär 50/Jahr plus Sonderbommel, macht heujahr 150.

    Faktor 30.

    Stattdessen wollen sie die Schwellenländer überreden, dass sie ihre Natur ramponieren und die Rohstoffe billig auf den Markt werfen. Ein Modell, dass sich seit Mitte des letzten Jahrhunderts bestens bewährt hat (NICHT!).

    Schnarchnasen. Hochbezahlte Schnarchnasen. Wenn nicht schon kriminell.

    • @tomás zerolo:

      Und sind sie nicht willig, so brauche ich Gewalt. Aber hey, das sind ja alles "Friedensmissionen" oder? Und der Westen überlegt immer noch warum nicht jeder juchu schreit, wenn die ankommen.

  • Mein Eindruck ist, man kann mit jeder Regierung ein Vorwärtsprogramm entwickeln. Unsere Regierung sieht sich der Demokratie mehrheitlich verpflichtet, das schließt jeden Schritt mit Ausnahme von Wohltaten aus. Die angesprochenen 345 Millionen hungernden Menschen in Entwicklungsländern stellen das vierfache Bevölkerungsaufkommen der BRD dar. Ich möchte schon direkt erklärt bekommen wie es gelingen soll, ein vierfaches Bevölkerungsaufkommen der BRD von der Hungerentwicklung abzuhalten.

  • 9G
    93851 (Profil gelöscht)

    "...auf die Schnelle 100 Milliarden Euro zu mobilisieren, wenn nur der politische Wille da ist."

    Das, was so einfach klingt, wird dem Bürger als "Sondervermögen" verkauft, es sind aber weitere Staatsschulden!

    Dass G7 in Elmau nur ein "Tischlein-Deck-Dich" mit kulinarischen Gaumenfreuden für die Teilnehmer und sonst nichts weltbewegendes zuwege bringen würde, war doch abzusehen. Und was heißt schon ein Versteck hinter dem Pariser Klimaabkommen? Dieses Abkommen ist für die meisten Länder vollkommen unverbindlich. Nur ein sehr kleiner Anteil der Unterzeichner nimmt das Abkommen ernst, so what!?

    Much ado about nothing – G7!

  • Die Regierung Scholz würde ich mit der DDR-Regierung in den letzten Zügen vergleichen, uneinsichtig, das Land ruiniert, in einer eigenen Fantasiewelt leben, Wasser predigen und Wein saufen und jeglichen Bezug zur Realität verloren haben. Dass rot-grün in erster Linie einen Feldzug gegen Russland führt, scheint mir immer offensichtlicher. Sonst würde man nicht sämtliche Hauptanliegen grüner Politik opfern nur um auf das saubere russische Erdgas über eine noch sauberere Pipeline angewiesen zu sein. Die Grünen wollten schon immer Nordstream 2 verhindern, da nimmt man auch schon mal einen Krieg in Kauf, die Ausrottung des Lebens in der Ostsee durch die vielen LNG-Tanker, die das Gas von weit weit her holen und und und. Scholz & Co haben ausgedient.

  • Wer etwas anderes erwartet hat, sollte sich doch bitte einmal die historische Entwicklung der G7 und die Inhalte und Ergebnisse der Treffen genauer ansehen.