Auslieferungsantrag für Assange: Hoffen auf Deutschlands Hilfe
Die Familie von Julian Assange fordert die Bundesregierung auf, sich für den inhaftierten Wikileaks-Gründer einzusetzen. Doch Scholz tut sich schwer.
Drei Tage lang ist Shipton in Berlin. Gemeinsam mit seinem Sohn Gabriel wirbt er um Unterstützung für Assange. Der Wikileaks-Gründer sitzt derzeit in Großbritannien in Haft. Am Freitag hat die britische Innenministerin Priti Patel Assanges Auslieferung in die USA genehmigt, wo ihm ein Spionage-Prozess droht, weil er Militärunterlagen und Videos zu möglichen Kriegsverbrechen in Afghanistan und dem Irak veröffentlicht hatte. Um die Auslieferung noch zu verhindern, setzt Assanges Familie nun auf internationalen Druck.
Die Bundesregierung hält sich bisher aber mit öffentlicher Unterstützung zurück. Am Rande der bevorstehenden Gipfeltreffen von EU, G7 und Nato will Kanzler Olaf Scholz den Fall gegenüber Großbritanniens Premierminister Johnson und US-Präsident Biden nicht ansprechen. Es gehe um eine „Entscheidung des britischen Rechtssystems, da hat die britische Regierung kein Mitspracherecht“, behauptete Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Montag.
Einsatz der Grünen für Assange vor Ampel stärker
Eine Sprecherin des Außenministeriums verwies darauf, dass gegen die britische Entscheidung „weiterhin der Rechtsweg möglich“ sei. Außenministerin Baerbock verfolge den Fall aber „weiterhin intensiv“ und sei „auch mit ihrer britischen Kollegin dazu weiterhin in Kontakt“. Außerdem war für den späten Nachmittag ein Treffen von Baerbocks Staatsminister Tobias Lindner mit den Assange-Angehörigen geplant. In der Diplomatie, in der oft auch kleine Zeichen sorgsam abgewogen werden, hat so ein Termin Bedeutung. „Wir wissen das zu schätzen“, sagte John Shipton vor dem Treffen.
Allerdings habe er nun schon in mehreren Ländern erlebt, dass sich Parteien erst für Assange einsetzen, ihnen das Thema aber „lästig“ werde, sobald sie selbst an der Macht seien. In Deutschland hatten sich die Grünen vor ihrem Eintritt in die Bundesregierung noch viel vernehmbarer für Assange eingesetzt als heute. Der heutige Vizekanzler Robert Habeck unterzeichnete vor einem Jahr einen offenen Brief mit einem Appell an Ex-Kanzlerin Angela Merkel: Sie solle Joe Biden darum bitten, die Anklage gegen Assange fallen zu lassen. Baerbock forderte im Wahlkampf die Freilassung des Australiers.
Einige Ampel-Abgeordnete im Bundestag würden sich diese Deutlichkeit auch weiterhin wünschen. Ein gemeinsames Statement veröffentlichten am Montag Ulrich Lechte (FDP), Max Lucks (Grüne) und Frank Schwabe (SPD) zusammen mit Sevim Dağdelen (Linke), die die Berlin-Reise der Shiptons mitorganisierte. Die Abgeordneten forderten die Bundesregierung auf, sich „für die Freilassung von Julian Assange einzusetzen“ und gegenüber Biden auf „ein Ende der politischen Verfolgung des Journalisten zu drängen“. Außerdem solle ihm die Bundesregierung Asyl in Deutschland anbieten. Die Absage für ein solches Asyl kam prompt: „Dafür sind die Voraussetzungen nicht da. Er könnte nur aufgenommen werden, wenn er hier ist“, sagte Regierungssprecher Hebestreit.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um Termin für Bundestagswahl
Vor März wird das nichts
Bewertung aus dem Bundesinnenministerium
Auch Hamas-Dreiecke nun verboten
SPD nach Ampel-Aus
It’s soziale Sicherheit, stupid
Einigung zwischen Union und SPD
Vorgezogene Neuwahlen am 23. Februar
Energiepläne der Union
Der die Windräder abbauen will
Wirbel um Berichterstattung in Amsterdam
Medien zeigen falsches Hetz-Video