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Klimageld, Ukraine und mehr NiveauDen Frieden gewinnen

Die Mieten bei Vonovia steigen unerklärlicherweise durch die Inflation. Zudem „gewinnt“ Johnny Depp seinen Rechtsstreit – nur: zu welchem Preis?

Amber Heard verlor in dieser Woche im Rechtsstreit gegen ihren Ex-Mann Johnny Depp Foto: Tom Brenner

H err Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?

Kanzler Scholz sagt nicht, die Ukraine solle den Krieg gewinnen.

Und was wird besser in dieser?

Kanzler Scholz sagt, die Ukraine soll den Frieden gewinnen.

Die Immobilienfirma Vonovia erhöht die Mieten – wegen der Inflation. Welche Tipps zur Profitmaximierung würden Sie dem Konzern noch geben?

Die Vonovia enthält unter anderem die früher staatlichen Eisenbahnwohungen, Sarrazin verrubelte die Berliner kommunalen Wohnungen dorthin, die ehedem gewerkschaftliche Gagfah landete dort wie einige Landesbaugesellschaften und Genossenschaften. Nun schimpft SPD-Generalsekretär Kühnert, der Konzern sauge aus 1 Euro Miete 37 Cent Dividende. Das funktioniert auch, weil „der Markt“ einen brutalen Wohnungsmangel produziert hat. Hier – wie in der Pflege und neuerdings bei Tankstellen – fragt sich, was der Staat als Unternehmer eigentlich noch schlechter machen sollte. Die Inflation spielt sich – Energie und Heizung – in den Nebenkosten ab. Das berührt die Eigentümer nicht und muss nicht zu Mieterhöhungen führen. Ihr Ziel sollte sein, ähnlich wie AKW-Betreiber künftig Geld fürs Nichtstun zu bekommen. Einige Haie, die rottige Wohngeldbuden verwalten, sind da nah dran.

Werden Sie eigentlich auch Klimageld bekommen?

Die Straßen sind mit Trost gepflastert: Autofahrer, Öffis und nun Leute, die unfallfrei auf dem Bürgersteig atmen können, werden subventioniert. Lenkungswirkung: null. Das „Klimageld“ der Ampel sollte CO2-Sünder abkassieren und CO2-Sparer belohnen. Statt dieser schönen Theorie gießt der Heilpraktiker nun ein Almosen über alle, die weniger als 4.000 Euro im Monat verdienen. Also die, die davon garantiert keine Wärmepumpe, Solarthermie oder Fassadendämmung kaufen werden. Derzeit senkt der Staat den Spritpreis, den er durch die CO2-Abgabe gleich wieder erhöhen müsste. Ich möchte kein Klimageld, es würde mich zu sehr verwirren.

Jetzt haben wir es, das Urteil im Fall Depp gegen Heard. Welcher Rechtsstreit in der Promiwelt wird uns als nächstes beschäftigen?

Heard kann das Schmerzensgeld nicht aufbringen und wird deswegen eh in Berufung gehen: also erst mal Zugabe. Das Publikum auch in Deutschland teilte sich in zwei Fraktionen: Die Frau möge obsiegen gegen die ewige Männerdominanz – und der Mann möge Recht bekommen gegen die notorische Vorverurteilung des Mannes. Das Niveau dieser Debatte tunnelte spielerisch, sagen wir mal, wie eine Fehde zwischen einem betrunkenen Schalker und einem BVB-Hool beim Klären einer Elfmeterszene. Nur, dass die Fußballideologen für sich keine intellektuelle und moralische Überlegenheit beanspruchen. Der Schiedsrichterspruch ist dann nur noch Beweis der Ausgangsmeinung. Wichtiger ist jedoch der willkommene Anlass, den jeweiligen Gegner herabzuwürdigen. In Deutschland schwelt seit fast zwei Jahren die Causa Mockridge; auch hier leisten Teile der Realität Widerstand gegen das allseits gewünschte Schwarz-Weiß.

Vergangene Woche zählte der Angriffskrieg auf die Ukraine den 100. Tag. Haben wir uns zu sehr an ihn gewöhnt?

Jedenfalls genug, um keine Friedensdebatte zu führen.

Jetzt wurde das Sondervermögen für die Bundeswehr tatsächlich beschlossen. Ende gut, alles gut?

Wer 50 Milliarden jährlich so anlegen kann, dass die Bundeswehr im Ernstfall „blank“ dasteht, schafft das auch mit 100. Der Bundeshaushalt notiert inzwischen 26 Sondervermögen, vom „Klärschlamm-Entschädigungsfonds“ über betagte Schulden aus der Finanzkrise bis zum „Wirtschaftsstabilisierungsfonds“ wegen Corona. Bemerkenswert leise ist es um die Frage, wer das wann zurückzahlen soll. Derzeit also nichts gut, aber Ende schlecht.

Die Queen hatte nun ihr 70. Thronjubiläum. Die Feier war riesig. Sollte auch Deutschland eine Party-Monarchie bekommen?

Meine Großcousine Margret wird diese Woche 102 und ich sehe sie da in der Poleposition.

Die Türkei will nicht mehr „Turkey“, sondern „Türkiye“ genannt werden, weil das erstere auch ein Tiername ist. Wollten Sie sich auch mal umbenennen?

Man möchte kaum Truthahn und sicher nicht „kalter Entzug“ heißen. Auch ist die Stimmung unter den Europäern gerade nicht nach „Gib mir wilde Tiernamen, Schatz“. Trotzdem ist „Türkiye“ heikel, weil den meisten europäischen Tastas die Umlaute fehlen. Solidarität: Dütschland heißen.

Und was machen die Borussen?

140 Tore Differenz, 54 Punkte, kein Spiel verloren, Aufstieg: die neu gegründeten BVB Frauen.

Fragen: Volkan Ağar und Johannes Drosdowski

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Friedrich Küppersbusch
Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".
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2 Kommentare

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  • "Das berührt die Eigentümer nicht und muss nicht zu Mieterhöhungen führen. Ihr Ziel sollte sein, ähnlich wie AKW-Betreiber künftig Geld fürs Nichtstun zu bekommen."

    Verstehe ich nicht. Natürlich MÜSSTEN die Vermieter nicht erhöhen, aber mit der fadenscheinigen "Begründung" der Inflation, des Ukraine-Krieges oder weil gerade das chinesische Sternzeichen X angesagt ist, werden sie es selbstverständlich tun. Geld für nichts ist doch schon lange das Programm. Eigentlich too easy denn wohnen muss jeder, d.h. es gibt keine Nachfrage, die sich nach Preisen richten könnte - wohnen muss jeder - und in unserer Demokratur der Reichen wird es nie Gesetze geben, die einen echten Mietendeckel erzeugen.

    Selbstredend wäre auch das nur Symptombehandlung denn Wohnen ist Grundrecht und darf so wenig wie Bildung und Gesundheit der Profitmaximierung in den gfrässigen Rachen geworfen werden.

    • @Jalella:

      Selbstverständlich gibt es eine Nachfrage, die sich nach Preisen richten kann: Man muss - wie bei anderen Produkten auch - dann eben die nachgefragte Menge (hier qm) den Preisen anpassen. Wohnen mag ein Grundrecht sein, eine 120 qm Wohnung ist jedoch keines.