piwik no script img

Vor der Wahl in Nordrhein-WestfalenWas ist das für 1 Land?

Mitreden, obwohl ich keine Ahnung habe: Die Briten haben NRW erfunden, ohne Blutwurst geht nichts, und Költ wird auf dem Bieräquator gebraut.

Jeck mit Pferd beim Kölner Rosenmontagszug 2020 Foto: Christoph Hardt/imago-images

Nordrhein-Westfalen wählt. Für alle, die vom bevölkerungsreichsten Bundesland keine Ahnung haben, hier ein paar Fakten über NRW.

1. Die Briten haben NRW erfunden

Unter dem Codenamen „Operation Marriage“ bereitete die britische Besatzungsmacht nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs die Gründung von Nordrhein-Westfalen vor: den Zusammenschluss des nördlichen Teils der Rheinprovinz und der preußischen Provinz Westfalen. Am 21. Juni 1946 wurde die Vermählung in London beschlossen und am 23. August vollzogen. Eine Liebeshochzeit war das nicht.

2. Irgendwo ist immer Stau

Sieht man sich das Straßennetz Deutschlands an, bekommt man das Gefühl, dass es zwischen Dortmund, Neuss und Bonn nur Autobahnen gibt. Die sind aber dauerverstopft, irgendwo ist immer Stau. NRW war 2021 mit 32 Prozent aller Staumeldungen in Deutschland Spitzenreiter vor Bayern (16 Prozent). Die meisten Staus gibt es übrigens dienstags und mittwochs.

3. Das Friedensbier heißt Költ

Die Biergrenze zwischen Kölsch und Alt verläuft linksrheinisch durch Dormagen, rechts durch Monheim. Merken kann man sich das auch so: Wo man Alaaf ruft, da trinkt man Kölsch, wer Helau ruft, trinkt Alt. Dabei fand eine Studie 2016 heraus, dass im Blindtest die Biere nicht zu unterscheiden sind. Optisch dagegen gibt es deutliche Unterschiede: Alt ist dunkel, Kölsch hell. Seit 2018 gibt es übrigens Költ, „das Friedensbier aus dem Rheinland“, gebraut in Monheim, exakt auf dem rheinischen Bieräquator.

4. Aus Freundschaft wurde Hass

Der Hass zwischen den Fußballclubs Dortmund und Schalke ist so groß, dass die Fans nicht einmal den Namen des anderen Vereins aussprechen. Dabei wurden die Schalker bis zum Zweiten Weltkrieg bejubelt, selbst vom BVB. Der gewann 1947 plötzlich die Westfalenmeisterschaft, die Schalker Dominanz war gebrochen. Dazu kommen brisante Spielerwechsel und andere Skandale. Seit 2013 gibt es immerhin regelmäßige gemeinsame Derbygottesdienste als „Zeichen für Respekt und Toleranz und gegen Randale“.

5. Ohne Blutwurst geht nichts

Wer im Kölner Wirtshaus „Kölsche Kaviar met Musik“ bestellt, bekommt ein Roggenbrötchen mit „Blootwosch“. Noch spezieller ist das rheinische Gericht „Himmel und Äd“: Kartoffelbrei und Apfelmus – mit gebratener Blutwurst. Wer es süß mag, dem sei die Bergische Kaffeetafel empfohlen: Kaffee, Rosinenstuten, Schwarzbrot oder Pumpernickel, süßer Brotaufstrich, Wurst, Schinken, Milchreis mit Butter, Zucker, Zimt, Waffeln.

6. James Bond kommt aus NRW

Laut der autorisierten Biografie von John Pearson arbeitete James Bonds schottischer Vater nach dem Ersten Weltkrieg im Ruhrgebiet. Seine Frau konnte wegen eines Bahnstreiks nicht rechtzeitig in die Heimat zurückreisen, weshalb Agent 007 am 11. November 1920 in Wattenscheid – einem Stadtteil von Bochum – geboren wurde.

7. Sonntag ist Kinotag

taz am wochenende

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Über 2.800 Vorstellungen seit 1975: Das Kino Galerie Cinema in Essen-Rüttenscheid zeigt seit 47 Jahren jeden Sonntagnachmittag – mit erzwungener Coronapause – den Film „Harold und Maude“, der von der Liebesbeziehung zwischen einem 18- und einer 79-Jährigen handelt. Die Kinobetreiber gehen davon aus, dass es in Deutschland keinen Film gibt, der länger ununterbrochen läuft.

8. Ein See braucht Zeit

NRW hat viele Seen. Wenn Deutschland aus der Kohle aussteigt, könnte ein besonders großer dazukommen. Denn zwischen Aachen, Düsseldorf, Köln und Mönchengladbach liegt Europas größtes zusammenhängendes Braunkohlegebiet, etwa dreimal so groß wie Berlin. Eine Idee der Nachnutzung ist ein Tagebausee. Der See Hambach wäre dann der tiefste und nach Volumen zweitgrößte See in Deutschland. Bis all das Wasser drin ist, wird es aber bis mindestens 2100 dauern.

9. Karneval der Tiere

Seit Jahren ein Streitthema im Karneval: der Einsatz von Pferden auf Karnevalsumzügen. Nachdem es immer wieder zu Unfällen kam und Tierschützer sich empörten, verbot Bonn zuletzt Tiere beim Umzug. Köln hält dagegen – unter verschärften Auflagen – an Pferden beim Umzug fest. Immerhin ist nun vorgeschrieben, dass die Pferdeführer nicht betrunken sein dürfen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Zitat: "Merken kann man sich das auch so: Wo man Alaaf ruft, da trinkt man Kölsch, wer Helau ruft, trinkt Alt"

    Das ist zu stark vereinfacht. Isch bin ene jebürtije Öcher (ich bin eine gebürtige Aachenerin) und kenne niemanden aus Familien- oder Bekanntenkreis, der in der Kneipe Kölsch bestellt hätte.

    Bei der älteren Generation eher Pils, unter Studenten oft auch Hefeweizen.

    Laut www.biermap24.de/w...inkt-man-in-aachen zur Zeit angeblich Veltins helles Pülleken.

    In Aachen gab es auch einige gute Brauereien, von denenaber wohl keine überlebt hat. Siehe dazu de.m.wikipedia.org/wiki/Degraa

    Ich habe schon viel rheinischen Karneval gefeiert und dabei noch nie einen Betrunkenen zu Pferd gesehen. Ich verstehe viele der Bedenken, hatte aber im direkten Kontakt noch nie das Gefühl, das da Tiere gequält werden. Die Handhabung und dax Training von Reiter:innen und Tier erinnern mich eher an berittene Polizei.

  • Ich hätte ja nix gegen Költ als Friedensbier, aber -



    wenn es aus Monheim kommt, kommt es wohl von PETERS, und bis heute kannste zumindest Peters Kölsch keinem Esel ins Ohr schütten.



    Füsse waschen geht noch...

    • @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

      Du mußt tapfer sein: Peters Kölsch wird im "Haus kölscher Brautradition" in Köln gebraut. Gehört Radeberger. Würde ich nicht mal an meine Füße lassen.

      • @festus:

        Man merkt schon. Ich bin schon ein paar Tage länger aus Köln weg.



        Peters Kölsch kam tatsächlich zu Zeiten aus Monheim. Spät-Assoziation.



        Das Bier wurde durch den Umzug in die Gilden Brauerei auch nicht besser als Spülwasser, darf sich aber weiterhin KÖLSCH nennen.



        Die paar wenigen guten Kölsch Sorten sind Geschmackssache: Reissdorf, Mühlen, Früh, Gaffel - man muss es mögen, besonders vom Fass.



        Ende der Werbeeinblendung.