Neonazi-Partei „III. Weg“: Die rechte Sekte
Der „III. Weg“ ist dabei, im deutschen Rechtsextremismus die Führung zu übernehmen. Und er profiliert sich mit der Nähe zu ukrainischen Nationalisten.
M atthias Fischer gibt sich gönnerhaft. Selbstverständlich unterstütze man die „Kameraden“ in der Ukraine, sagt der „III. Weg“-Chef vergangenen Sonntag, als er anlässlich des Tags der Arbeit mit seiner Partei durch das sächsische Zwickau marschiert. Die „nationalrevolutionäre Demonstration“ läuft streng geordnet, vorneweg zwei Trommler, links und rechts Polizisten, rechtsextreme Parolen hallen durch abgesperrte Straßen, an den Straßenecken Gegenprotest. Fischer läuft mittendrin, tut unbeeindruckt und beantwortet nebenbei Fragen zum Krieg in der Ukraine. Denn in diesem will die Partei eine aktive Rolle spielen.
Die Idee mit den Spendentransporten sei früh in der Partei entstanden, sagt der 45-Jährige, der sich „Aryan Hope“ über das linke Ohr tätowiert hat. Man wolle aber nur liefern, was die „Truppen“ in der Ukraine wirklich bräuchten. Deshalb die Militärkleidung, die Funkgeräte, die Wärmebildkameras. Das alles habe sich „privat angefunden“, behauptet Fischer. Und in Wahrheit sei man nicht, wie bisher bekannt, zwei Mal in die Ukraine gefahren, sondern etwa ein Dutzend Mal. „Wir sammeln andauernd, und wenn genug zusammen ist, fahren wir los.“
Überprüfen lässt sich das nicht, es ist zunächst mal wieder Teil der Inszenierung des rechtsextremen „III. Wegs“. Und auf die setzt Fischers Partei auch am 1. Mai in Zwickau. Gleich in die erste Reihe wird ein Anhänger mit der Fahne des ukrainischen „Nationalen Korps“ geschickt – des politischen Arms der Asow-Bewegung. Rechtsextreme gründeten diese beim Maidan-Aufstand 2014, mitsamt dem gleichnamigen Freiwilligenbataillon, das heute vor allem in Mariupol gegen die russischen Invasoren kämpft.
Bei einer Rede ätzt Fischer später über Putins „Neobolschewiken“ und bittet um Spenden, „damit unsere Truppen da drüben besser dastehen“. Sein Stellvertreter und Parteigründer Klaus Armstroff verliest die Namen gefallener ukrainischer „Märtyrer“. Und am Ende lässt die Partei blau-gelbe Luftballons aufsteigen.
Schon zuvor fuhr die Partei ihr Militärgut ins Kriegsgebiet. Im Internet prahlte der „III. Weg“ mit zwei Fahrten, am 22. März und 1. April. Auf Fotos sieht man säckeweise Tarnfleckkleidung, auf einem anderen eine Frau in Armeekleidung mit einer Asow-Fahne, die eine Schutzplatte hält. Und immer wieder dazu drapiert die moosgrüne Flagge mit Eichenkranz des „III. Wegs“.
800 Kälteschutzanzüge der Bundeswehr will man an „nationalistische Einheiten“ geliefert haben, „direkt an die Front“. Dazu 200 Kampfwesten, vier Splitterschutzwesten, 24 Funkgeräte, zehn schusssichere Platten, drei Wärmebildkameras. Wie genau diese Lieferung in die Ukraine gelangte, darüber schweigt Anführer Fischer. Andere in der Partei mit mehr Zeit hätten sie rübergefahren, er selbst sei nicht dabei gewesen, sagt er.
Die Materialfahrten jedenfalls sind ein Erfolg für die Neonazis, den es so eigentlich nicht geben sollte. Denn Bundesinnenministerin Nancy Faeser hatte zuvor erklärt, Ausreisen von Rechtsextremisten ins ukrainische Kriegsgebiet verhindern zu wollen. Die Bundesregierung aber bestätigt, dass die beiden Fahrten am 22. März und 1. April tatsächlich stattfanden. Zu Weiterem schweigt auch sie: um die Arbeit des Verfassungsschutzes nicht zu gefährden, der die Partei überwacht.
Tatsächlich gibt es für den „III. Weg“ mit der Ukraine momentan im Grunde nur ein Thema. Seit Beginn der russischen Invasion stellt sich die Partei auf deren Seite – wegen dortiger nationalistischer Kämpfer. Fast täglich berichtet sie auf ihrer Webseite von vermeintlichen Erfolgen vor allem des Asow-Regiments. Gepriesen werden die „ukrainischen Brüder“, deren „Widerstandswillen noch lange nicht gebrochen“ sei.
Der „III. Weg“ ist damit ein Solitär in der deutschen rechtsextremen Szene. Denn dort wird mehrheitlich weiter zu Putins Russland gehalten und die Nato als Schuldiger für den Krieg propagiert. Der „III. Weg“ geißelte dagegen schon vor Jahren Russland als „Vielvölkerstaat“, in dem Asiaten, Juden und Muslime ihren Platz hätten. Zwar ätzte die Partei auch, dass der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski „korrupt und jüdisch“ sei. Man stehe aber nicht zur Regierung, sondern zu den dortigen Nationalisten – und diese hätten die „mittelfristig größten Potenziale“ in Europa.
Die Solidarität kommt nicht von ungefähr: Schon seit Jahren hält der „III. Weg“ Kontakt zu Asow-Vertretern. Und von jeher propagiert die Partei auch hierzulande beständig Widerstands- und Umsturzaufrufe, bildet ein Auffangbecken für Militante. Damit ist der „III. Weg“ inzwischen zum radikalsten und aktivsten Posten der rechtsextremen Szene in Deutschland avanciert. Und das bisher fast gänzlich ungestört.
„Der III. Weg sucht klar eine Führungsrolle in der rechtsextremistischen Szene“, erklärt Jörg Müller, Verfassungsschutzchef in Brandenburg, der Matthias Fischer genau im Blick hat – der Parteichef wohnt in dem Bundesland. „Schon heute stellt die Partei mit ihren Aktivitäten die NPD in den Schatten. Gleichzeitig ist sie mit ihrer Ideologie und Gewaltbereitschaft besonders gefährlich.“ Und auch der Verfassungsschutz in Sachsen, wo die Partei in Plauen ihre Zentrale hat, nennt den „III. Weg“ inzwischen die „aktivste“ erwiesen rechtextreme Parteistruktur.
Nach dem 1. Mai in Zwickau sind es indes andere Schlagzeilen, mit denen der „III. Weg“ mal wieder in der Öffentlichkeit steht. Anhänger hatten auf dem Weg zu ihrem Aufmarsch im sächsischen Glauchau linke Gegendemonstranten in einem Zug mit Steinwürfen attackiert. Einer, in grüner Parteijacke, zeigte den Hitlergruß, dann schlug er Richtung Gegendemonstranten gegen eine Zugscheibe. Videos dokumentieren den Angriff. Und dort auch zu sehen: Parteigründer Armstroff, der der Gewalt ungerührt zuschaut.
Es ist das Bild, das den „III. Weg“ seit seiner Gründung 2013 prägt: Radikale Neonazis, die den Nationalsozialismus verherrlichen und die es zur Gewalt zieht. Und die für Aufmerksameit immer wieder provozieren – mit Erfolg.
Schon 2015 veröffentlichte die Partei Standorte von Asylunterkünften und befeuerte so Proteste und Gewalt gegen Geflüchtete. Am 1. Mai 2019 imitierte sie in Plauen mit Fackeln, Trommeln und einem Galgen einen NS-Aufmarsch – anschließend wurde bundesweit darüber diskutiert. Gleiches geschah, als sie zuletzt im Bundestagswahlkampf in Zwickau Plakate mit der Aufschrift „Hängt die Grünen“ aufhängte. Oder in Würzburg drei Leichensäcke auf die Straße legte, vor den Bildern der Kanzlerkandidaten Laschet, Scholz und Baerbock. Später sorgte der „III. Weg“ für Wirbel, als er in Brandenburg Grenzkontrollgänge gegen Geflüchtete ausrief. Zudem reihte sich die Partei zuletzt offensiv in die bundesweiten Coronaproteste ein. Und nun folgt das Thema Ukraine.
Dabei ist die Partei immer noch überschaubar, 600 Mitglieder zählt der Verfassungsschutz bundesweit und 20 „Stützpunkte“, vor allem in Ostdeutschland, Bayern und Nordrhein-Westfalen. Aber ihre Zahl steigt. Im September 2013 hatte Klaus Armstroff, ein 65-jähriger Elektriker mit Schnauzer und früherer NPD-Funktionär aus Rheinland-Pfalz, den „III. Weg“ ins Leben gerufen – weil ihm die NPD zu lasch wurde. Die Partei wurde schnell zum Auffangbecken für radikale Neonazis, deren Kameradschaften von Verboten bedroht waren. Allen voran das 2014 verbotene „Freie Netz Süd“, zu dem auch der heutige Parteichef Fischer gehörte.
Auch Matthias Fischer ist seit vielen Jahren eine Szenegröße. Der großgewachsene Handwerker, 45 Jahre alt, mit dem strengen Scheitel lebte lange Jahre in Bayern, baute dort Kameradschaften mit auf, die NSU-Terroristen führten ihn auf einer Kontaktliste. Zunächst war auch Fischer in der NPD, wurde Bezirksvorsitzender in Mittelfranken, bevor er 2008 austrat, weil auch ihm die Partei zu wenig „revolutionär“ war. Zuletzt kehrte Fischer nach Brandenburg zurück, in die Uckermark. Den „III. Weg“ baute er mit auf, lange Jahre als Vizechef.
Seit November 2021 führt Fischer nun die Partei an, mit straffer Hand und radikalen Tönen. Bei seiner Antrittsrede hetzte er über eine „bunte Republik der Antimenschen“, das „totalitäre antideutsche System“ und einen „Coronawahnsinn“. Danach pilgerte die Partei in das oberfränkische Wunsiedel, zum Gedenken an den dort einst begrabenen Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß.
Das passt zum Parteiprogramm. Ideologisch gehört der „III. Weg“ zum Radikalsten, was die rechtsextreme Szene in Deutschland derzeit zu bieten hat. Angestrebt wird ein „deutscher Sozialismus“, samt Wiederherstellung eines „Gesamtdeutschlands“, das „größer als die BRD“ sei. Die „biologische Substanz des Volkes“ sei zu erhalten, erwerbslose Migranten „stufenweise auszuweisen“. Der Verfassungsschutz sieht Anleihen bei der NSDAP.
Der „III. Weg“ macht aus seinen Umsturzplänen keinen Hehl. „Eine nationale Revolution ist nicht nur nötig, sondern auch machbar“, verkündete Fischer zuletzt. Freiheit werde einem nicht geschenkt, „die muss erkämpft werden“. Die Partei selbst versteht sich dabei als revolutionäre Elite. Parteimitglieder müssen sich erst als Anwärter bewähren und Schulungen absolvieren. Mit Kampfsport und einem „Ordnungsdienst“ wird Gewalt eingeübt, veranstaltet werden „Leistungsmärsche“. Auf Demonstrationen präsentiert man sich geschlossen mit den moosgrünen Parteihemden und Fahnen. In Sicherheitskreisen zieht man Vergleiche zu einer Sekte.
Dennoch kann der „III. Weg“ bereits seit fünf Jahren in Plauen ungehindert ein „Bürgerbüro“ betreiben, dort Frühstücke, Nachhilfe oder eine Kleiderkammer anbieten, fast alles kostenlos und natürlich „nur für Deutsche“. Gezielte Imagepflege, die verfängt: Der Chef des Plauener Parteibüros und sächsische „III. Weg“-Anführer Tony Gentsch sitzt inzwischen im Stadrat und Kreistag, gibt sich dort aber zurückhaltend.
Wie die Partei wirklich tickt, zeigt sich am 1. Mai in Zwickau auf der Straße. Ordner choreografieren die Aufmarschteilnehmer, verteilen Fahnen und Schilder. Präsentiert wird ein Banner mit Gefängnisstäben und dem Slogan „Reserviert für Volksverräter“. Auf die Parole „Kriminelle Ausländer raus“, skandiert ein Redner: „Und die anderen?“ Antwort der Meute: „Auch raus!“ Die Polizei lässt es zu. Dazwischen geht sie erst, als Neonazis Pressevertreter bedrängen und Parteichef Fischer einige von ihnen „Dreckschweine“ nennt. Am Ende wird auf der Bühne ein Soldatenlied von Hans Baumann angestimmt, der einst zur NS-Reichsjugendführung gehörte.
Es ist die alte Neonazi-Schule. Und Zwickau zeigt auch: Die Mobilisierung stößt an ihre Grenzen. Dass trotz bundesweiter Bewerbung nur gut 250 Anhänger nach Zwickau reisen, ist für den „III. Weg“ eine Enttäuschung. Zu den Gekommenen zählen indes einige, die man früher bei der NPD-Jugend oder in der Kameradschaftsszene sah. Doch tatsächlich erfährt der „III. Weg“ Zuwachs – während sich die restliche Neonaziszene in der Dauerkrise befindet. So zählt zwar die NPD immer noch weit mehr Mitglieder. Deren Zahl aber sinkt seit Jahren, auch finanziell steht die Partei vor dem Ruin, politische Impulse kommen von ihr schon länger keine mehr. Die Parteispitze plädiert derzeit für eine Umbenennung. Auch die Neonazi-Partei „Die Rechte“ bleibt ein nordrhein-westfälisches Regionalphänomen, ebenso wie die „III. Weg“-Abspaltung „Neue Stärke“ in Thüringen.
Und mit dem Thema Ukraine hat der „III. Weg“ ein neues Alleinstellungsmerkmal. Eines mit Vorlauf. Schon 2017 berichtete der „III. Weg“ von einem Besuch in Kiew bei der Asow-Bewegung und dem „Nationalen Korps“. Mit dabei: Fischer, Armstroff und Gentsch. Gemeinsam standen die deutschen Neonazis beim „Marsch der Nation“ auf der Straße, der von ukrainischen Nationalisten veranstaltet wurde. Auch in den Folgejahren beteiligte sich die Partei an dem Marsch und vernetzte sich in Kiew auf einer „Reconquista“-Konferenz mit anderen Rechtsextremen aus dem Ausland.
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Asow-Bewegung in der Ukraine längst nicht so verankert ist, wie der „III. Weg“ es propagiert. Das gleichnamige Regiment hat sich inzwischen von der Bewegung abgekoppelt, sich teils von seinen rechtsextremen Wurzeln losgesagt und ist schon länger der Nationalgarde unterstellt. Und auch das „Nationale Korps“ verpasste bei der ukrainischen Wahl 2019, obwohl es sich mit anderen rechtsextremen Parteien zusammentat, den Parlamentseinzug.
Der „III. Weg“ feiert in einem Parteibericht dennoch Asow als „bewaffneten Arm der nationalen Bewegung“, der sich in einem „heldenhaften Kampf um die Freiheit“ der Ukraine befinde. Unverhohlen wird auch bewundert, wie Rechtextreme in der Ukraine „gegen alles kämpfen, was sie schädigt und ihre Zukunft zerstört“: Spielkasinos würden angegriffen, Genderaktivismus „militant bekämpft“, für die Jugend gebe es „Ausbildung an der Waffe“. Die Faszination des „III. Wegs“ für den Ukrainekrieg liegt wohl hierin begründet: dass hier auch Rechtsextremisten mit Waffen für ihre Sache kämpfen.
Die Sicherheitsbehörden beobachten das mit Sorge. Tatsächlich wissen sie von bisher rund 20 deutschen Rechtsextremen, die ins ukrainische Kriegsgebiet ausreisten, eine Handvoll soll feste Kampfabsichten gehabt haben. Innenministerin Faeser versicherte zuletzt, dies „sehr stark im Blick“ zu haben. Und Brandenburgs Verfassungsschutzchef Müller erinnert an Kampftrainings, die deutsche Rechtsextremisten schon in der Vergangenheit in der Ukraine absolvierten. „Wenn wir eins nicht gebrauchen können, dann sind es Neonazis, die nun an Waffen kommen und weiter verrohen.“
Matthias Fischer weist solche Pläne nur halbherzig zurück. Er selbst rate seinen Parteifreunden ab, sich an den Kämpfen in der Ukraine zu beteiligen, behauptet er. „Wir führen in Deutschland ja auch einen politischen Kampf, für den wir jeden brauchen.“ Aber letztlich sei das, so Fischer, eine individuelle Entscheidung, die er niemandem verbieten könne.
Tatsächlich ist „Der III. Weg“ bereits heute ein Sammelbecken für Militante – auch wenn Fischer erklärt, die Partei lehne Gewalt ab. Auch die Angriffe seiner Leute in Glauchau bezeichnet er als „kontraproduktiv“ – wobei er sogleich einschränkt, es sei erst mal zu klären, was genau passiert sei. In einem Parteihandbuch wird Gewalt sogar legitimiert: „Aus Gründen des Selbstschutzes“ sei diese durchaus vertretbar. Und auch Fischer ist wegen Volksverhetzung vorbestraft, saß bereits im Gefängnis, ebenso wie Sachsen-Chef Tony Gentsch. Klaus Armstroff wiederum reiste nach taz-Informationen mit Parteifreunden im August 2020 zu einem Schießtraining nach Tschechien. Und zum bayerischen Parteivorstand gehört mit Karl-Heinz S. ein Mann, der 2003 einen Anschlag auf die Grundsteinlegung des jüdischen Gemeindezentrums München plante – und der im NSU-Prozess Kontakt zu den Angeklagten André Eminger und Ralf Wohlleben hielt. Das Verfahren geißelte die Partei als „Schauprozess“.
Im vergangenen Jahr wurde zudem die bayrische „III. Weg“-Aktivistin Susanne G. wegen eines rechtsterroristischen Anschlagsplans verurteilt: Sie hatte Morddrohungen samt Patronen an Politiker, eine Moschee und einen Hilfsverein für Geflüchtete verschickt und bereits Material zum Bombenbau beschafft. Laut Anklage gehörte sie seit 2015 zum „III. Weg“, nahm an Parteitreffen und Aufmärschen teil, hielt ebenfalls engen Kontakt zu den NSU-Helfern Eminger und Wohlleben. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe trat sie zwar aus der Partei aus – hielt aber weiter Kontakt insbesondere zu Armstroff. Und: Auch Susanne G. reiste nach taz-Informationen im Oktober 2019 mit dem „III. Weg“ nach Kiew.
Trotz alledem kann die Partei bislang recht ungestört agieren. In Plauen verfügt der „III. Weg“ neben seinem Parteibüro inzwischen über eine zweite Immobilie. Und deren soziale Angebote fänden regen Zuspruch, berichtet Doritta Kolb-Unglaub vom Colorido-Verein, der vor Ort Demokratiearbeit leistet. „Das zieht viel Jugend an.“ Die Stadt tue dagegen wenig. „Außer heißen Worten kommt da nichts.“ Oberbürgermeister Steffen Zenner (CDU) erklärt dazu, der „III. Weg“ sei eine zugelassene Partei, man habe „wenig Möglichkeiten der Einflussnahme“. Mehrfach sei die Stadt etwa mit Demonstrationsverboten vor Gerichten gescheitert. Man fördere aber breite soziale Angebote, „um Kinder und Jugendliche nicht dem braunen Spektrum zu überlassen“, versichert Zenner.
Tatsächlich geht das Kalkül der Neonazis, sich als Partei zu gründen, bisher auf. Umso mehr, seit das Bundesverfassungsgericht 2017 ein Verbot der NPD ablehnte: Die Partei sei zwar klar verfassungsfeindlich, aber viel zu einflusslos, um die Demokratie an sich zu gefährden, befanden die Richter damals. Für den „III. Weg“, mit noch mal weniger Mitgliedern dürfte dies nach dieser Logik umso mehr gelten.
Immerhin: In Zwickau erhält der Aufmarsch der Partei enge Auflagen. Fackeln und paramilitärisches Formieren sind verboten, nur zwei Trommeln erlaubt – zum Unmut Fischers. Auch die Grenzaktion seiner Partei im Herbst in Brandenburg wurde von der Polizei gestoppt. Und in Siegen verlor der „III. Weg“ zuletzt ein Parteibüro, der Mietvertrag wurde gekündigt.
Dennoch baut der „III. Weg“ weiter seine Strukturen aus. Zuletzt schuf sich die Partei einen Nachwuchsverband, die „Nationalrevolutionäre Jugend“. Erst zu Jahresbeginn eröffnete die Partei ein weiteres Büro im Thüringer Ohrdruf, im März dann eines in Hilchenbach in Nordrhein-Westfalen. Zudem gründete die Partei neue „Stützpunkte“ in Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt. Parteichef Fischer reiste jeweils eigens dafür an, pries die „stabile Basisarbeit“. Für Brandenburgs Verfassungsschutzpräsidenten Müller ist der nächste Schritt schon absehbar: „Demnächst wird der ‚III. Weg‘ der NPD-Jugend den Rang ablaufen oder versuchen, diese zu vereinnahmen.“
Die Linken-Innenexpertin Martina Renner fordert nun deutlich mehr Druck auf die Partei: Die Behörden müssten deren Finanzen und Immobilien genau in den Blick nehmen, Verstöße sofort ahnden. Vor allem aber müsse die hohe Gewaltbereitschaft der Parteianhänger konsequenter bekämpft werden. „Dort, wo Angriffe geschehen, muss schneller und umfassender als bisher gehandelt werden.“ In der Ampelkoalition gehen einige sogar noch weiter. Der „III. Weg“ sei eine „glasklare Neonazi-Partei“, sagt dort SPD-Innenexperte Uli Grötsch. „Ein Verbotsverfahren ist längst überfällig.“
Matthias Fischer sagt, mit einem Verbot müsse seine Partei immer rechnen. Wenn der Staat das wolle, werde er es tun. Auch dann würden er und die anderen aber ihren Kampf weiterführen, gibt sich der Neonazi trotzig. Dennoch wäre es ein Schlag: Fischers neunjährige Aufbauarbeit für den „III. Weg“ wäre erst mal hinfällig. Bisher aber muss der 45-Jährige wenig fürchten. Fragt man im Bundesinnenministerium zu der Verbotsforderung nach, wird darauf verwiesen, dass der Bundestagspräsident dem „III. Weg“ zuletzt die Parteieigenschaft anerkannte. Und dass ein Parteiverbot „sehr hohe Hürden“ habe.
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