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Geplantes Ölembargo der EUEnergieimporte brauchen Regeln

Bernhard Pötter
Kommentar von Bernhard Pötter

Brüssel will den russischen Ölhahn zudrehen – gut so. Bei der Suche nach Alternativen müssen aber Menschenrechte und Klimaschutz im Fokus stehen.

Fahrradkorso in Berlin gegen den russischen Überfall auf die Ukraine am 23. April Foto: K.M.Krause/imago

D as geplante Embargo der EU-Staaten gegen russisches Öl ist ein richtiger Schritt. Er kommt nur leider sehr spät. Schon 2014 nach der Annexion der Krim durch Russland hätte Europa das Ende seiner Abhängigkeit von Russland in Energiefragen einleiten müssen. Ja, eigentlich schon 2006, als Russland in der ersten Gaskrise der Ukraine den Hahn zudrehte und die Lieferung von Rohstoffen als ökonomische und politische Waffe einsetzte.

Jetzt will die EU den Spieß umdrehen und aus der eigenen Abhängigkeit einen Hebel gegen Putin und seinen brutalen Kriegsapparat machen. Wie das wirken wird, muss sich zeigen: Findet Russland genug andere Abnehmer? Steigt der Ölpreis und gleicht Russlands Verluste aus, verdient Putin eventuell sogar durch höhere Weltmarktpreise mehr? Dann hätten die Europäer ihre Hände in Unschuld gewaschen, dem System Putin aber finanziell mehr genutzt als geschadet.

Die EU muss jetzt dringend noch andere Fragen klären: Wie radikal kommen wir vom russischen Öl los, ohne unsere Volkswirtschaften zu ruinieren? Und wo bekommen wir in Zukunft unsere Treibstoffe her? Denn auch ein Europa, das 2050 klimaneutral sein will, wird mittelfristig von Öl- und Gaseinfuhren abhängig bleiben und später auf Lieferungen von Wasserstoff oder wichtigen Rohstoffen angewiesen sein.

Dafür braucht es klare europäische Regeln: Wie viel Diktatur und Menschenrechtsverletzung darf unsere Energie der Zukunft enthalten? Ist Wasserstoff aus Marokko akzeptabel, wenn die Besatzung der West­sahara andauert? Solaranlagen, wenn sie in China unter Zwangsarbeit entstehen? Und wollen wir beim Flüssiggas abhängig sein von einer US-Regierung, die wie unter Donald Trump Klimaschutz und Menschenrechte mit Füßen tritt?

Bisher waren alle diese Aspekte egal, wenn der Junkie EU nur den nächsten Schuss fossile Energie bekam. Jetzt ist auch hier Zeitenwende angesagt. Die Richtung ist klar: möglichst schnell möglichst weit weg von den fossilen Importen. Erneuerbare so schnell wie möglich in Deutschland und Europa ausbauen, Energie sparen, Alternativen fördern. Und für die dann immer noch nötigen Importe brauchen wir klare Regeln.

Dafür gibt es bereits ein Vorbild: Das Lieferkettengesetz der EU soll klären, ob unsere Handys und Hosen unter akzeptablen Sozial- und Umweltstandards entstehen. Ähnliche Kriterien müssen wir nun auch für die Produkte anlegen, mit denen wir heizen, fahren und produzieren. Denn wenn wir diese Chance wieder vergeben, debattieren wir in ein paar Jahren vielleicht über das erste Wasserstoffembargo – gegen den nächsten Lieferanten, der sich als Verbrecherstaat entpuppt.

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Bernhard Pötter
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).
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7 Kommentare

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  • Fragt sich, wer als Lieferant bei Einhaltung der im Artikel genannten Regeln als Lieferent noch in Frage kommt. Könnte eine leere Liste sein.

  • und das wichtigste nicht vergessen: massiver Ausbau der Kernenergie in vielen EU-Staaten.

  • Diese ganzen moralischen Imperative führen zum wirtschaftlichen Suizid. Irgendwann wird Deutschland nur noch mit sich selbst Handel treiben. Dabei ist aber Ostdeutschland unbedingt außen vor zu lassen, weil dort wählen die Leute ja AfD und haben irgendwie Verständnis für Putin. Wie naiv muss man eigentlich sein, um solchen Selbstbetrug noch zu glorifizieren? Die Welt ist schon immer so gewesen, nicht erst seit dem 24.2.2022. Wohin soll dieses Land in diesem Europa noch geführt werden? Im moralischer Schönheit sterben, so heißt es Motto … dabei lernt jeder Anfänger im Rettungsdienst: der Helfer darf sich nicht selbst gefährden.

  • Doch, aber sicher brauchen Fahrräder Öl!



    In der Herstellung und bei allen drehenden Teilen!

    • @nzuli sana:

      Wir brauchen also eine neue Erde. Auf der vorhandenen bleibt leider nur Norwegen als politisch korrekter Öl- und Gaslieferant, und von dort gibt's nicht mehr. Im Gegensatz zur Textilfabrik lassen sich Ölfelder auch nicht in EU-Lieferketten konforme Länder verlegen.



      Es ist btw. immer wieder erstaunlich, mit welcher Konsequenz ignoriert wird, dass Erdöl nicht ausschließlich in PKW-Motoren verbrannt wird. Die Hälfte aller im Handel stehenden Produkte wird mit Erdöl hergestellt, und die andere Hälfte darin verpackt - die Ölindustrie wird also auch wenn wir die gesamte Sahara mit chinesischen Solarpanels zupflastern, um 3Mrd. Elektroautos zu füttern, nicht verschwinden.

  • Wo auch immer ein wie auch immer gearteter Imperativ auftaucht streuben sich bei mir die Haare. Auch hier fehlt es an einer Erklärung weshalb auch immer der Autor bestimmte Voraussetzungen sehen möchte. Worin sollte beispielsweise ein Zusammenhang zwischen Solaranlagen und Menschenrechten bestehen?

    Für einen solchen moralischen Imperativ fehlt mir jedes Verständnis.

  • menschenrechte, klimaschutz ..

    stehen doch auch nicht im vordergrund bei den importen von sneakern oder mobiltelefonen und sonstigem billig-billig konsum.



    was also soll der appell.



    reines feigenblatt.