piwik no script img

CO2-Preis-Regelung bei WohngebäudenBesser, aber nicht gut

Jasmin Kalarickal
Kommentar von Jasmin Kalarickal

Die Kosten für ungedämmte Wohnungen müssen erstmals auch die Ver­mie­te­r:in­nen mittragen. Das ist eine Besserung, doch sie geht nicht weit genug.

Neue Fenster: energetische Sanierung eines Mietshauses Foto: Jochen Tack/imago

E ine schlecht gedämmte Wohnung, in der man vorwiegend zum Fenster hinaus heizt? Bisher konnte das den Ver­mie­te­r:in­nen herzlich egal sein. Auf den Kosten blieben die Mie­te­r:in­nen sitzen. Ab 2023 soll es eine fairere Aufteilung beim CO2-Preis auf Gas und Öl geben – ein überfälliger Schritt. Seit 2021 wird im Gebäudebereich ein CO2-Preis erhoben, um den Umstieg auf klimafreundliche Alternativen attraktiver zu machen.

Leider wurde die politische Lenkungswirkung dabei völlig verfehlt: Da Ver­mie­te­r:in­nen bislang die kompletten Kosten an die Mie­te­r:in­nen weitergeben können, gibt es auch keinen Anreiz, auf klimafreundliche Alternativen zu setzen. Die Leidtragenden sind ausgerechnet die, die gar keinen Einfluss darauf nehmen können, in welchem energetischen Zustand das Gebäude ist. Ob alte Heizungen oder Fenster ausgetauscht werden, entscheiden die Ver­mie­te­r:in­nen.

Dieser untragbare Zustand ist lange bekannt. In der Großen Koalition scheiterte eine gerechtere Aufteilung an der Union. Dass die Ampelparteien diesen Missstand nun angehen, ist erst mal eine Verbesserung. Ab 2023 – leider ein halbes Jahr später als im Koalitionsvertrag angekündigt – soll nun bei Wohngebäuden ein Stufenmodell greifen, bei dem der energetische Zustand eines Hauses darüber entscheidet, wie viel Mie­te­r:in­nen zahlen müssen.

Je schlechter die Energiebilanz, desto mehr müssen die Ver­mie­te­r:in­nen zahlen. In der schlechtesten Effizienzstufe tragen sie 90 Prozent der Kosten. Ist ein Gebäude aber klimafreundlicher im Energiestandard EH55, müssen die Mie­te­r:in­nen die Kosten alleine zahlen.

Dieses Stufenmodell ist im Grundsatz nicht verkehrt: Ver­mie­te­r:in­nen sollen energetisch sanieren und Mie­te­r:in­nen zum Energiesparen motiviert werden. Nur leider ist dieses Modell im Detail noch immer zu vermieterfreundlich. Warum Mie­te­r:in­nen in der schlechtesten Gebäudeklasse noch 10 Prozent der Kosten tragen sollen, ist nicht nachvollziehbar. Auch wenn Mie­te­r:in­nen auf ihren Verbrauch achten sollten, den Großteil sollten die Ei­gen­tü­me­r:in­nen stemmen – zumal sie bislang verschont wurden.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Jasmin Kalarickal
Redakteurin
Jahrgang 1984, ist Redakteurin im Parlamentsbüro der taz.
Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
  • Bitte einmal ausrechnen, was bei 55€ pro Tonne CO2 und einer 100qm Wohnung pro Jahr für Kosten auf den Vermieter bei schlechten Heizwerten zukommen. Im Verhältnis zur Nettomiete, die er in mittlerer Lage einstreicht, wohl kein Anreiz für 20.000 € oder mehr Sanierungskosten.

  • Läuft die 'Verteilung' der Kosten nicht letztlich eher auf die Frage hinaus ob die Mieter*innen diese als Nebenkosten oder über die Kaltmiete bezahlen?

  • Bevor eine Wohnung bezogen werden kann, muß sie erst gebaut und vollständig bezahlt werden. Nicht jeder kann das leisten und schon gar nicht bis zur Fertigstellung warten und so lange auf der Straße sitzen. Das ist der Hauptunterschied zwischen Eigentum und Miete. Das Geld ist erst einmal weg und es dauert sehr lange, bis der Vermieter erstmals auf die schwarze Null kommt. Das ist so weit auch völlig in Ordnung, nur dauerhaft Verlust machen und letztlich den Mieter beschenken wird er weder wollen noch können.



    Natürlich kann man einen Altbau sanieren und auf den neuesten Stand bringen. Das ist dann die vielgescholtene Gentrifizierung. Man kann ein älteres Gebäude im älteren Standard auch auf dem (leicht inflationsbereinigten) Mietpreisniveau von vor zwanzig Jahren belassen. Beides geht, aber aber beides zusammen geht nur in der Scheinwelt linker Träumer.



    Eine Vermietung muß auf Dauer kostendeckend sein oder sie findet nicht statt. Kurzfristige Verzerrungen sind immer möglich -- und meistens schädlich -- aber auf Dauer wird jede Kostenbelastung der Eigentümer vollständig in der Miete auftauchen müssen.

  • Wie erwartet hat niemand an die sozialen Folgen gedacht. Nach wie vor können die Vermieter 8% der Modernisierungskosten auf die Mieter umlegen und so mehr oder weniger kostenlos ihr Eigentum verbessern.



    Die Mieter zahlen die Modernsierung und am Ende auch noch die 90% CO2-Steuer.

    • @Kabelbrand Höllenfeuer:

      Am Ende sind es halt auch nur die Mieter, die den jeweiligen Wohnraum beheizen. Der Zweck der CO2 Ersparnis wird durch den von Ihnen genannten Zweiklang zumindest teilweise erreicht.

  • 90 Prozent in der schlechtesten Stufe ist doch bereits "ein Großteil". Daher kann ich die Kritik nicht nachvollziehen.

    Dieses abgestimmte System ist doch gerecht. Bei gut gedämmten Häusern zahlen die Vermieter wenig, bei schlecht gedämmten dagegen sehr viel. Den Rest stemmt der Mieter, der schließlich ja auch selber heizt.

  • vollkommen richtig. Diese Verteilstrategie ist nicht sozialverträglich.



    Normalerweise sollten die Vermieter bis zum geforderten Mindeststandard 100% der Kosten selbst tragen. Bei noch schlechteren Gebäudestandards sollte eine Steigerung hinzukommen, um Anreize zu schaffen aktiv zu werden. Das ist auch keine Belastung, da die Vermieter die letzten Jahre genug Zeit hatten Rücklagen zu bilden, um entsprechende Kosten abzufangen, bzw. endlich mit energetischen Sanierungen anzufangen.



    Erst bei einer Verbesserung ab dem Mindeststandard sollten die Mieter an den Kosten beteiligt werden. Das sollte dann aber auch nicht linear erfolgen, um den Druck bei den Vermietern nicht zu schnell abzumildern. Schließlich erfolgt mit jeder Investition eine Werterhöhung des Besitzes oder Eigentums. Zudem bekommen die Vermieter oder Eigentümer Förderzuschüsse, sobald etwas in Umsetzung kommt. Mieter sollten zusätzliche Erleichterungen erhalten, wenn diese eigene Investitionen in regenerative Energieerzeugung, oder Energieeinsparungen nachweisen, oder wenn Mieter bereit sind Mieterinvestitionen zu tätigen (Balkon-PV, Balkon-Windkraft, Stromspeicher im Keller, E-Auto mit eigener Ladeinfrastruktur im Mietobjekt, Mietersolaranlage auf dem Dach, Fassade, etc.).



    Schafft Anreize und zwar sofort. Die Umsetzung ist zu beschleunigen und vorzuziehen, nicht nur wegen dem Ukrainekrieg. Warum sollen wir hier wiedermal warten bis 2023. Beginn ab Mai 2022 ist möglich. Eine Erweiterung kann monatlich erfolgen.

    • @Sonnenhaus:

      Und wie bitte sollte der Beginn ab Mai 2022 möglich sein? Eine unterjährige Heizkostenabrechnung ist nicht vorgesehen und selbst wenn sie Mai 2022 ins Gesetz schreiben tanken die Vermieter halt Ende April voll. Angesichts der derzeitigen Heizölpreise ist das wohl kaum im Sinne der Mieter.

      Im Übrigen ist der vorgeschlagene Vorschlag doch bereits ein Anreiz.

    • @Sonnenhaus:

      Nicht nur meckern und fordern, bitte. Nicht für alles sind die bösen Vermieter und Politiker verantwortlich.



      1. Ich zahle in meinem Altbau halb so viel Miete wie für einen klimatechnisch guten Neubau. Also bekomme ich sozusagen Ausgleich für für meinen Energiemehraufwand. Aber ich heize durchaus nicht zum doppeltverglasten Fenster raus. Allerdings muss man hier in der Schweiz nicht für solche "Modernisierungen" zahlen. Es gibt Listen, nach wievielen Jahren etwas ausgetauscht werden muss. Das läuft in Deutschland wirklich falsch! Wäre aber in einem anderen Beschluss zu ändern.



      2. Ich bin die einzige von 12 Mieter:innen die bei der Nebenkostenabrechnung, Heizung und Warmwasser, Geld zurückbekommt,zwischen 200 und 400. Es gibt hier Mieter*innen, die es auf 1000 Nachzahlung bringen. Warum sollte unser Vermieter, deren CO2 Mehrverbrauch zahlen? Solche Mieter:innen brauchen dringend Anreize zur Einsparung von CO2.



      3. Förderungen für Modernisierung helfen nicht den Vermieter:innen, sondern den Mieter*innen, die ja in Deutschland für die Modernisierung zahlen. Und warum soll der Vermieter nicht linear entlastet werden. Warum erst bei 100%? Meine Ersparnis durch die Fenster bringt wahrscheinlich mehr als Styropor an der Fassade, das gibt nur Schimmel und Brandgefahr.



      4. Förderzuschüsse für Mieter*innen für BalkonPV, usw. haben mit dem Beschluss nichts zu tun.



      5. Warten Sie nicht auf 2023. Gründen Sie im Mai 2022 einen Solarverein, ist möglich. Holen Sie sich die Unterstützung von Vermieter*in und Stadtwerken, investieren Sie die 300 Sonderzahlung. Dann gibt es sogar schon jetzt Förderung. Regel für Auszahlung bei Auszug nicht vergessen.



      6. Der Beschluss ist doch ein guter Anfang. Immerhin mal ne Regierung, die ihre Versprechen überhaupt einhält. Und das sogar in Zeiten wie diesen, wo soviele andere Dinge zu tun sind.



      Am Schluss ist jede Klimaschutzmassnahme sozialverträglich, sichert sie doch den Fortbestand unserer Art.