Die Wahrheit: Das Narrativ der Apartheid
Fridays for Future greift durch: Nach dem Dreadlocks-Verbot für Sängerin Ronja Maltzahn herrscht in Hannover fortan ein klar geregeltes Frisurenrecht.
Wir erinnern uns: Kürzlich lud das hannoversche Organisationskomitee von Fridays for Future die Sängerin Ronja Maltzahn wegen ihrer Haartracht aus und gab als Grund dafür an, „dass wir gerade bei diesem globalen Streik auf ein antikolonialistisches und antirassistisches Narrativ setzen“. Daher sei es nicht vertretbar, „eine weiße Person mit Dreadlocks auf unserer Bühne zu haben“.
Weiße Menschen sollten grundsätzlich keine Dreadlocks tragen, weil sie sich damit einen Teil einer anderen Kultur aneigneten, „ohne die systematische Unterdrückung dahinter zu erleben“. Um der Sängerin entgegenzukommen, stellte das Komitee ihr ein Ultimatum: „Solltest du dich bis Freitag dazu entscheiden deine Dreadlocks abzuschneiden, würden wir dich natürlich auf der Demo begrüßen und spielen lassen.“
Die Organisatoren mussten dafür viel Kritik einstecken. Damit sich so etwas nicht wiederholt, haben sie inzwischen dankenswerterweise einen international besetzten Ausschuss einberufen, der künftig bereits im Vorfeld prüfen soll, wer zum Tragen von Dreadlocks befugt ist und wer nicht.
Beglaubigter „Nichtarier*innen-Nachweis“
Die Ausschussmitglieder – ausnahmslos hochrangige Fachleute aus den Disziplinen der Molekularbiologie und der Populationsgenetik – werden Blutproben und DNS-Untersuchungen vornehmen, Stammbäume analysieren und die Hautpigmentierung unter die Lupe nehmen. Alle, die den Test bestehen, werden anschließend einen beglaubigten „Nichtarier*innen-Nachweis“ erhalten, der sie dazu berechtigt, bei Veranstaltungen von Fridays for Future in Hannover mit Dreadlocks aufzutreten (siehe Abbildung).
„Also, ich denke mal, dass wir uns damit klar gegen jede Form von Rassismus positionieren“, sagt Tobias Schneehaase (14), der Fridays for Future als Klassensprechender der 9b der Peter-Härtling-Gesamtschule in Hannover-Wülferode unterstützt. Solidarisch zeigt sich auch der Pressesprecher der Stadtteilgruppe Hannover-Vahrenheide der Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger, Sigurd von Schlüttwitz (97): „In der Hitlerjugend wären Dreadlocks völlig undenkbar gewesen. Ich finde es goldrichtig, dass die Jugend von heute endlich wieder für das Narrativ der Apartheid eintritt! Wir wissen ja aus leidvoller Erfahrung, wohin uns der rassische Mischmasch geführt hat …“
Andere Ortsgruppen von Fridays for Future denken mittlerweile schon weiter und erwägen auch die Einführung von Nichtarier*innen-Nachweisen für Klimaschützer*innen, die sich sicherheitshalber bescheinigen lassen wollen, dass sie das Recht haben, Songs von Miriam Makeba zu covern, indische Ohrringe zu tragen, auf afrikanischen Trommeln zu spielen oder Maiskörner zu essen.
Von diesem neuen Tiefschlag werden sich die Rassisten in aller Welt wahrscheinlich nie wieder erholen. Es lebe der Karneval der Kulturen, unter der Voraussetzung, dass sich dabei hoffentlich niemals jemand vorsätzlich oder versehentlich etwas Fremdes aneignen möge!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Filmförderungsgesetz beschlossen
Der Film ist gesichert, die Vielfalt nicht