piwik no script img

Putins Krieg gegen die UkraineHunderte Festnahmen in Russland

Jeden Protest gegen den Ukraine-Krieg versucht die Polizei zu unterdrücken, aber es gelingt ihr nicht. Viele Rus­s:in­nen zeigen Widerstand.

Moskau, 13. März 2022: Polizisten führen einen Teilnehmer einer Demo gegen den Ukraine-Krieg ab Foto: Sergei Savostyanov/Itar-Tass/imago

Berlin taz | Nicht nur in Deutschland haben die Menschen ihren Protest gegen Russlands Krieg in der Ukraine auf die Straßen getragen. In Rom forderte Papst Franziskus erneut, die „inakzeptable bewaffnete Aggression“ Russlands müsse gestoppt werden. Bei landesweiten Demonstrationen in Russland gegen den Krieg hat die Polizei am Sonntag in 23 Städten über 600 Menschen in Gewahrsam genommen, teilte die russische Bürgerrechtsorganisation OVD-Info mit. Sie dokumentiert die Festnahmen rund um die Uhr und organisiert juristischen Beistand.

In Moskau und Jekaterinburg gab es Antikriegsdemonstrationen, auf die die Polizei mit großer Härte reagierte. Auf Twitter kursieren Bilder, wie Polizisten einzelne Demonstranten umringen und schlagen. In der Stadt am Ural sollen mehrere Menschen festgenommen worden sein. Nach Angaben von OVD wurde Anwälten der Zugang zu den Festgenommenen verweigert. Den Protestierenden wurden illegalerweise Fingerabdrücke abgenommen und sie wurden fotografiert.

In Moskau seien mehr als 20 Festgenommenen die Mobiltelefone abgenommen worden. In Tscheboksari, der Hauptstadt der russischen Republik Tschuwaschien, wurde ein Demonstrant wegen eines Plakats mit der Aufschrift „Nein zum Krieg“ festgenommen. Er habe die russischen Streitkräfte verleumdet, wurde ihm vorgeworfen. In Nischni Nowgorod wurde eine junge Frau von Polizisten weggebracht, die bei einer Mahnwache gegen den Krieg ein leeres Blatt Papier hochgehalten hatte. In Sankt Petersburg fielen vermummte Polizisten über eine Band in Militäruniformen her, die in einem Lied sang: „Nukleare Explosion nein, nein, nein“. Die genaueren Umstände dieses Protestes gingen aus dem kurzen Video nicht hervor.

Britische Medien zeigten ein Video, in dem ein von der Ukraine gefangen genommener Soldat von großem Unmut, Erschrecken und Flucht bei seinen Kameraden berichtet. Sie verstünden nicht, warum sie in der Ukraine kämpfen sollten. Angeblich wird auf Soldaten, die zurück nach Russland zu desertieren versuchten, von Spezialtrupps Jagd gemacht. „Man sagte uns, wir würden umgebracht, falls wir nach Russland zurückgingen. Uns blieb eigentlich nichts anderes übrig als zu desertieren“, sagte der russische Soldat.

„Reporter ohne Grenzen“ macht Website des russischen Exilmediums Meduza wieder zugänglich

Vor einer Woche hatte es laut OVD-Info Proteste in 56 Orten in Russland gegeben, dabei gab es mehr als 4.600 Festnahmen. In den Tagen danach war vor allem über die Absicht des russischen Generalstaatsanwalts gesprochen worden, den Facebook-Mutterkonzern Meta zur extremistischen Organisation zu erklären. Zuvor hatte Meta ausdrücklich Hassbotschaften gegen die russischen Besatzer in der Ukraine für zulässig erklärt.

Die Journalistenorganisation „Reporter ohne Grenzen“ machte am Samstag nach eigenen Angaben die Internetseite des russischen Exilmediums Meduza wieder zugänglich. Die von russischen Exiljournalistinnen und -journalisten in der lettischen Hauptstadt Riga betriebene Webseite war am 4. März von Moskau aus dem russischen Internet verbannt worden. Um die Informationen für die russische Bevölkerung wieder zugänglich zu machen, hat die Organisation demnach mit technischer Unterstützung von Hackerinnen die Webseite gespiegelt und Kopien der Seiten auf den Cloud-Servern großer internationaler Anbieter angelegt. Die Meduza-Webseite hat laut RSF monatlich mehr als 13 Millionen Besucher.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • RUSSLANDS GESCHICHTE MIT AUTOKRATIE/



    //



    Ich könnte wetten, dass er ihn/



    Fürchtet - Autokrat Putin - /



    Einen Michail Bakunin./



    Helfen wird ihm nicht Kirill/



    Auch wenn er das gerne will/



    Denn der "Himmel" bleibt jetzt still./



    Ob er auf dem Zettel hat/



    Das "Lumpenproletariat"/



    Das nichts zu verlieren hat?/



    Er tituliert Gegner Faschisten/



    Hat Angst vor wahren Sozialisten/



    Bestraft Russlands Pazifisten./



    Im Geschichtsbuch steht er drin/



    Als der Eroberer der Krim/



    Führer von Kriegen ohne Sinn./



    Es ist vor und hinterm Ural/



    Aber ganz besonders fatal/



    Dass ihm das jetzt ist (sch...)egal./



    //



    🏳️‍🌈März 2022, 🕊🇺🇦🕊

  • Dieses Video von der Frau mit dem leeren Plakat ist wirklich entlarvend. Offenbar ist es schon verboten, nur "..." zu sagen, weil das mangelnde Loyalität zeigt oder so. Eigentlich wurde diese Frau für das festgenommen, was die Betrachter bei diese leeren Blatt Papier gedacht haben. Das ist schon hohe Kunst, wirklich.

    Da Proteste und Demonstrationen in Russland scheinbar selbst auf diese Weise schon gefährlich sind, wäre es vielleicht besser, einfach öffentlich zu trauern anstatt zu protestieren, was darüber hinaus auch denen Gelegenheit zum Mitmachen bieten würde, die einfach um die toten Landsleute in diese irrsinnigen Krieg trauern: Also sich einfach in schwarzer Kleidung allein oder in kleinen Gruppen schweigend auf die Straße stellen. Das kann eigentlich jeder und wer schon deswegen dann verhaftet wird, der ist ein gutes Stück klüger geworden.

    • @Mustardman:

      Jeder Widerspruch ist aktuell gefährlich in Russland, egal was sie sagen oder schreiben, egal wer zusieht.

      Die Frau hält ein Schild auf dem



      два слова/Two words, steht für no war.

      mobile.twitter.com...503058226073460741