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Lieferdienst gegen Be­triebs­rä­t:in­nenSchneller gekündigt als gefahren

Beim Kurierdienst Gorillas sollen sämtliche Angestellte eines Lagers entlassen werden. Darunter befinden sich auffällig viele Betriebsratsmitglieder.

Zehn Minuten Lieferzeit klingt gut, ist für die Fah­re­r:in­nen aber nicht ganz ungefährlich Foto: Annette Riedl/dpa

Berlin taz | Lieferung in nur zehn Minuten verspricht der Lebensmittel-Kurierdienst Gorillas. Das Berliner Unternehmen, das mittlerweile in neun Ländern operiert, ist nicht nur schnell im Liefern, sondern auch darin, seine Mit­ar­bei­te­r*in­nen vor die Tür zu setzen: Am 2. März seien alle 87 Angestellten des Warenhauses unweit des Alexanderplatzes darüber informiert worden, dass sie bis Ende des Monats entlassen würden, erzählt eine junge Fahrerin am Donnerstag bei einer Protestaktion vor dem Lager.

Alles andere als schnell sei hingegen die Kommunikation über die Kündigungen gelaufen: „Obwohl das Management schon seit Oktober weiß, dass der Standort geschlossen wird, wurden wir erst letzte Woche informiert“, kritisiert die Kurierin.

Schon lange steht Gorillas wegen seiner schlechten Arbeitsbedingungen in der Kritik: angefangen bei seinem Lieferversprechen von zehn Minuten. Das setzt die Rider extrem unter Druck – was unter den Bedingungen des Berliner Straßenverkehrs mitunter sehr gefährlich sein kann. Auch die Forderungen der Rider nach funktionstüchtiger Winterkleidung und intakten Fahrrädern blieben lange unerhört. Für Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz liegen die Strafen derzeit im unteren fünfstelligen Bereich – für ein milliardenschweres Unternehmen wie Gorillas kein Problem.

Betriebsrat mit Hindernissen

Mittlerweile haben es die Angestellten immerhin geschafft, einen Betriebsrat zu wählen – gegen den Willen des Gorillas-Managements. Das hatte lange versucht, die Organisierung seiner Angestellten zu verhindern – bis ihnen das Berliner Arbeitsgericht im November vergangenen Jahres einen Riegel vorschob.

Sehr viel Mitsprache hat der neu gegründete Betriebsrat jedoch nicht, sagt deren Anwalt Martin Bechert. Firmen wie Gorillas, Amazon oder Tesla würden Ar­bei­te­r*in­nen­rech­te „mit den Füßen treten“, kritisiert er. Bechert ist überzeugt, dass die Schließung des Standortes eine Strategie des Unternehmens ist, „um unliebsame Mitarbeiter auszusieben“.

Unter den 87 gekündigten Ar­beit­neh­me­r:in­nen befinden sich nämlich 3 der insgesamt 19 Betriebsratsmitglieder. „Das ist exemplarisches Union Busting, was hier bei Gorillas passiert“, sagt Bechert. In seinen Augen gehört eine derartige Unterdrückung der Organisierung von Ar­bei­te­r*in­nen bestraft.

Bisher gibt es dafür jedoch keine Konsequenzen. Also macht Gorillas einfach weiter. Im November hat das Unternehmen seine 18 Warenlager in formal unabhängige Franchises umgewandelt. Welche Vorteile das bringt, außer eine Organisierung der Belegschaft zu erschweren, zeigt sich im aktuellen Konflikt: Man könne die 87 gekündigten Mit­ar­bei­te­r*in­nen nicht einfach auf andere Standorte in Berlin verteilen, auch wenn es dort freie Stellen gibt, sagt der Deutschland-Chef von Gorillas, Alexander Brunst, zur taz.

Da diese eigenständig seien, würden die Warehouse-Manager über Neueinstellungen entscheiden. Man sei jedoch mit ihnen und dem Betriebsrat im Gespräch, um Lösungen für alle Mit­ar­bei­te­r*in­nen zu finden.

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6 Kommentare

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  • das sich noch menschen finden ...

    die diese beschis... jobs annehmen, geht mir nicht in die birne.

    vor tagen sagt mir ein jugendlicher, er wolle city-logistiker werden.



    früher hieß es, ausfahrer.

    warum er nicht ins handwerk wollte ?



    wußte er selbst nicht, kam nicht in frage !

  • Viel Vergnügen vor Gericht, ihr Gorillas. Betriebsräte genießen Kündigungsschutz.

    • @MeineMeinungX:

      Eine Ausnahme vom Kündigungsschutz für Betriebsräte ist die Stilllegung eines Betriebes oder einer Betriebsabteilung.

      Wegen der Schließung des gesamten Standortes ist der Kündigungsschutz der Betriebsräte vollkommen wertlos.

      Das von Ihnen gewünschte Vergnügen vor Gericht werden die Gorillas daher wohl haben.

  • Das Unternehmen wusste im Oktober, dass der Standort geschlossen wird, ergo vor der Betriebsratswahl und es liegt ein Fall von Union Busting vor?

  • "Strafen" im fünfstelligen Bereich ?



    Da muss man ja wohl eher von "Einladungen zum Rechtsbruch" sprechen.

    Und da rächst sich (wie in letzter Zeit aufallend oft), dass in Deutschland Strafverfahren nur gegen natürliche Personen möglich sind. Also nicht gegen Firmen, Vereine, Stiftungen usw.

    Ach ja, Parteien habe ich in der Aufzählung vergessen ...

  • Im Neoliberalismus ist Gorillas gut geschützt. Dieses Unternehmen wird weiter machen, wie bisher. Deswegen ein Aufruf: Boykottiert Gorillas!