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Russlands Überfall auf die UkraineWider den Angriffskrieg

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Wer im Krieg wegschaut, stellt sich auf die Seite des Aggressors. Heißt auch: In der Ukraine entscheidet sich die Zukunft der Weltordnung.

Russlands Terror stoppen: Demonstration gegen den Krieg in der Ukraine am Sonntag in Lissabon Foto: ap

D ie Ukraine wehrt sich, Putins Blitzkrieg ist festgefahren. Aus deutscher Sicht scheint es wie aus der Zeit gefallen: Männer und Frauen, Alt und Jung, stellen sich todesmutig den russischen Panzern entgegen und versuchen, mit begrenzten Mitteln die Invasion zumindest aufzuhalten – und es gelingt ihnen sogar immer wieder. Tatsächlich ist es nicht aus der Zeit gefallen.

Es ist die derzeit gefährlichste Front der großen globalen Konfrontation des 21. Jahrhunderts, in der sich quer um die Welt mutige Menschen gegen die zu Wehr setzen, die ihnen ihre Freiheit nehmen wollen. Ihnen zu helfen ist nicht nur moralisch, sondern auch politisch geboten. In der Ukraine, die ihr Recht auf Selbstbestimmung nicht kampflos hergibt, entscheidet sich die Zukunft der Weltordnung.

Vor diesem Hintergrund ist jetzt auch in Berlin offizielle Politik, was noch vor wenigen Tagen als undenkbar galt: Waffen zur Selbstverteidigung, entschlossene Isolation des Aggressors – auch zum eigenen Nachteil. Eine „Zeitenwende“, wie Olaf Scholz das nennt, ist das nur insofern, als Deutschland endlich aufhört, den Geisterfahrer des Westens zu spielen. Es herrscht Krieg in Europa, und in einem Krieg begünstigt Nichtstun den Angreifer.

Wer einem Angriffskrieg vor der eigenen Haustür nicht entgegentritt, stellt sich ins weltpolitische Abseits. Gerade noch rechtzeitig tritt Deutschland aus Putins Abseitsfalle heraus. Wie der Krieg in der Ukraine ausgeht, ist völlig offen. Doch mit jedem Tag, an dem Russlands Armee nicht vorankommt, wird das Szenario, dass Putin diesen Krieg verliert, ein Stück weit wahrscheinlicher.

Eine demokratische Neuordnung in Moskau ist unabdingbar, um nach der Schlacht um Kiew den Frieden in Europa wiederherzustellen. Ohne Putin könnte eine neue europäische Sicherheitsarchitektur unter Einbeziehung Russlands entstehen. Die Ukraine jetzt verteidigen und dann gemeinsam mit ihr an Europas zukünftiger Friedensordnung arbeiten – das wäre eine Langzeitperspektive für die deutsche Politik, die den Begriff der „Zeitenwende“ mit Inhalt füllen würde.

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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7 Kommentare

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  • Putin hat sich mit diesem sinnlosen Angriffskrieg sein eigenes Grab geschaufelt. In massloser Selbstüberschätzung hat er sich in eine Sackgasse manövriert. Gut, dass die demokratischen Kräfte im Westen sich einig sind wie nie und Putin sich an dieser Wand die Zähne ausbeisst. In diesem Sinne auch danke für den Kommentar.

  • Es bleibt zu hoffen, dass die Einsichten nachhaltig sind, die in den letzten Tagen in die deutsche Politik eingekehrt sind: dass Putin gefährlich ist und ihm Grenzen aufgezeigt werden müssen. Putin ist allerdings seit mehr als 20 Jahren gefährlich, der Wille ihm Grenzen zu setzen war insbesondere in Deutschland nicht vorhanden. Putin wird den Krieg in der Ukraine verlieren. Der Partisanenkrieg von Millionen ukrainischer Männer und Frauen hat bereits begonnen. Der Westen liefert Waffen. Putin wird sich zurückziehen müssen. Und was dann? Zurück zur Tagesordnung? Pipelines wieder in Betrieb nehmen, Geschäfte wie immer? Kommen die Putinversteher wieder aus ihren Löchern, in die sie sich die letzten Tage verkrochen haben? Schröder bleibt ehrenamtlicher Regierungsspecher des Kreml? Es bleibt die Hoffnung, dass tatsächlich eine Zeitenwende stattfindet und das Ziel westlicher Politik ab jetzt regime change in Russland lautet.

  • Muss wirklich jede Schlagzeile eine Punchline sein? Es ist Krieg

    • @efkah:

      This.

  • Eigentlich ist so kluger Journalismus fast Verschwendung - Denker wie diese müss(t)en dahin, wo entschieden wird - in die Leitung unseres Landes. Nennt sich Politik.

  • Der letzte Abschnitt klingt gut, aber auch pathetisch. Putin wird sehr wahrscheinlich noch länger am Hebel sitzen, und was nach ihm kommt, bleibt dahin gestellt. Und neue europäische Sicherheitsstruktur mit Einbeziehung Russlands, das wird wohl erst recht nicht kommen, wenn in zwei Jahren auf der anderen Seite des Atlantiks der Präsident aus dem republikanischen Lager kommen sollte (durchaus möglich).

    Vielleicht sollten wir erst mal definieren, wie das Ganze denn aussehen soll, denn seit dem Ende des Kalten Krieges ist da nichts entstanden, was wirklich Substanz hatte.

  • Verstehe ich das richtig als eine Aufforderung an diesem Krieg aktiv teilzunehmen?



    ...bin sprachlos!