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Umstieg vom Verbenner aufs E-AutoMehr Stromtankstellen nötig

Der Verband der Automobilindustrie fordert von der Regierung die Einberufung eines „Ladegipfels“. So sollen genug Ladepunkte für E-Autos entstehen.

Ladestellen für E-Autos gibt es in Deutschland – aber leider nicht genug Foto: Waldmüller/imago

Berlin taz | Elektroautos werden immer billiger. „Auf Dauer werden die Kosten niedriger sein als für Verbrenner“, sagte Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Autoindustrie (VDA) am Mittwoch vor Jour­na­lis­t:in­nen in Berlin.

Die Bundesregierung will, dass bis 2030 in Deutschland 15 Millionen E-Autos zugelassen sind, heute sind es knapp über ein Million. Die Ziele der Bundesregierung seien zu erreichen, aber dafür müsse ab diesem Jahr jedes zweite neue Fahrzeug ein E-Auto sein. „Wir brauchen Hybridfahrzeuge als Ergänzung“, sagte Müller, die selbst ein sowohl mit Verbrennungs- als auch mit Elektromotor ausgestattetes Fahrzeug fährt.

Die VDA-Präsidentin mahnte, dass es mehr Lademöglichkeiten für E-Autos geben müsse. „Wenn Deutschland sein aktuelles bescheidenes Tempo beibehält, haben wir 2030 gerade einmal rund 160.000 Ladepunkte – nicht einmal ein Sechstel der angestrebten 1 Millionen“, kritisierte sie. Und forderte, dass die Bundesregierung einen „Ladegipfel“ mit allen Beteiligten einberuft. Außerdem will der VDA, dass das Programm zur Förderung privater Ladestationen (Wallboxen) wieder aufgelegt wird.

Coronabedingt ist zwischenzeitlich die Nachfrage nach Autos stark gesunken. Zwar wollen Kun­d:in­nen jetzt wieder mehr Wagen kaufen. Aber die Branche hat Produktionsprobleme, unter anderem weil ihr Halbleiter fehlen. Den Einkauf der für den Autobau unentbehrlichen Mikrochips hatten die Unternehmen zurückgefahren, weil sie krisenbedingte Einbrüche fürchteten. Andere Branchen, etwa die Computerspielindustrie, sprangen in die Bresche. Der Mangel an Chips war zeitweise so groß, dass Hersteller deshalb ihre Beschäftigten in Kurzarbeit schickten. Der Tiefpunkt der Versorgungslücke ist laut VDA im dritten Quartal 2021 erreicht worden.

Für das laufende Jahr erwartet der Verband, dass der Weltmarkt für Autos um 4 Prozent wächst, das wäre die gleiche Steigerung wie 2021. Für den deutschen Markt rechnet der VDA mit einem Plus von 7 Prozent, was 2,8 Millionen neu zugelassenen Pkw entspricht. Im Inland produziert werden voraussichtlich 3,5 Millionen Fahrzeuge, also etwa so viele wie 2020.

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8 Kommentare

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  • Es ist völlig normal, das "der Staat" Technologien durch Förderungen unterstützt. So wurde in der Vergangenheit die atomare Energieversorgung aufs Pferd gehoben oder die Kohle mit mehr als nur dem Kohlepfennig gestützt. Auf diese Weise werden Teile der Energiekosten quasi als Grundbetrag auf die Allgemeinheit umgelegt statt in vollem Umfang z.B. in der Stromrechnung des einzelnen Haushalts aufzuschlagen. Sozial schwache Haushalte erhalten dadurch niedrigere Stromrechnungen. Steuerzahler höherer Progression finanzieren so einen höheren Anteil am Gesamtpaket.

    So ist es absolut richtig, den Technologiewechsel hin zur Nutzung von regenerativen Energien vielfältig zu fördern. Dies geschieht bereits seit über 20 Jahren über die EEG Umlage.

    Diese war zwar noch nie gerecht. Aber ausnahmsweise erhalten in diesem Falle mal nicht nur DIE Industrie Förderungen, sondern auch einzelne Bürger für die Errichtung einer Solaranlage, den Kauf eines E-Autos oder eben der Installation einer Wallbox.

    Wenn vordergründig auch nicht alle in gleichem Maße zu profitieren scheinen. Im Gegensatz zu bisherigen Großkraktwerken in den Händen weniger, ist die Transformation in die regenerativen Energien, inklusive E-Mobilität, eine verteilte Aufgabe bis tief in die Gesellschaft hinein.

    Am Ende profitieren alle Bürger. Und sei es "nur" durch saubere Luft und geringerer Lärmentwicklung durch den Wegfall fossiler Verbrennungsmotoren und Heizungen.

    Im speziellen Fall, ist die Forderung nach mehr Lademöglichkeiten gleichermaßen eine Notwendigkeit als Teilschritt der gesamten Transformation. Der VDA macht, seine Existenzberechtigung unterstreichend, einfach mal mit diesem Thema auf sich aufmerksam. Man möchte ja nicht vergessen werden, gell?

  • Der deutsche Automarkt macht nur etwa 3,5% des weltweiten Automarktes aus. Es gibt keinen Grund für die globale Auto-Industrie sich ausgerechnet hier um die Infrastruktur zu kümmern. Wenn die Regierung Gesetze verfrüht erlässt (z.B. Verbrennerverbot) solange die Lade-Infrastruktur noch nicht perfekt ist, dann wird das wütende Volk seinen Unmut der Regierung schon mitteilen.

  • Private Ladestationen (Wall-Boxen) dürften in den meisten Fällen Menschen mit Eigenheim aufstellen können. Somit jene, die eher mehr Geld haben und mit vergleichsweise großem Flächenbedarf leben. Und denen soll ihre Autosteckdose auch noch finanziert werden? Von Menschen, die in Mietswohnungen leben und mit dem Fahrrad zur Arbeit radeln...

    Man kann nur hoffen, daß die Regierung die blödsinnigen Forderungen des VDA ignoriert und lieber auf Ausbau den ÖPNV setzt.

  • Soweit es um Normungsfragen, die Reglementierung des Betriebs von Ladesäulen, um Netzanschlussfragen und um Standorte für Ladesäulen auf öffentlichem Grund geht, ist der Gesprächswunsch der Autoindustrie berechtigt.

    Subventionswünsche für umweltschädliche Produkte wie Autos und deren Infrastruktur bitte sofort in die Rundablage.

  • Und wo kommt der Strom für die Ladestationen her? Aus der Lausitz?

    • @sollndas:

      Ja, warum nicht? In den alten Tagebaugebieten dort ist viel Platz für Photovoltaikanlagen und Windkraftwerke…

      • @Saile:

        Offshore, in den Tagebauseen?

  • Natürlich braucht es mehr Lademöglichkeiten, aber es ist wieder einmal bezeichnend, dass in solchen Situationen die Industrie nach der Politik ruft, wenn es aber um die Rechte von Arbeitnehmer:innen, Umweltauflagen usw. geht, will man dort von der Politik nichts hören.

    Die Industrie sollte gerade auch, was die Ladeinfrastruktur angeht, selbst in die Tasche greifen. Der amerikanische E-Auto-Hersteller Tesla hat gezeigt, dass es keinen Sinn hat, nur Autos verkaufen zu wollen und die Frage, wo diese geladen werden, dann auf die Politik zu verschieben. Ohne öffentliche Fördergelder hat Tesla das weltweite größte Netz von Schnellladestationen aufgebaut, das im Gegensatz zu den anderen Ladenetzen auch zuverlässig, einfach und kostengünstig funktioniert und direkt mit dem Navi in den Autos integriert ist, so dass mit einem Tesla Langstreckenfahrten völlig sorgenfrei und ohne besondere Kenntnisse möglich sind. Dieses Supercharger-Netz hatte bisher nur den einzigen Nachteil, dass es den Fahrer:innen der Marke Tesla vorbehalten war. Aber gerade das ändert sich im Moment, in Frankreich, Norwegen und den Niederlanden können bereits Autos aller Marken an den Superchargern laden. Dazu waren keine Forderungen an die Politik notwendig und keine Steuergelder.