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Luxemburg-Liebknecht-DemoAufforderung zum Klassenkampf

Zwischen DDR-Nostalgie, Mao-Kult und linker Realpolitik: Die alljährliche Luxemburg-Liebknecht-Demo bleibt sich treu.

Die revolutionären Vorbilder werden alljährlich geehrt Foto: Joerg Carstensen

Berlin taz | „Und wer war dieser Liebknecht?“, fragt eine junge Polizistin ihre Kollegin am Sonntagmittag. Sie durchqueren gerade das rote Fahnenmeer vor der Gedenkstätte der Sozialisten am Zentralfriedhof Friedrichsfelde. Die Antwort sollten wohl alle hier Versammelten parat haben – circa 2.400 Menschen sind gekommen, um an die Ermordung der So­zi­al­s­t*in­nen und An­ti­mi­li­ta­ris­t*in­nen Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht zu erinnern. Das Gedenken soll mit gegenwärtigen politischen Fragen verbunden werden.

Der Demonstrationszug startet wie jedes Jahr um kurz nach 10 Uhr vom U-Bahnhof Frankfurter Tor. Die meisten schwenken rote Fahnen und tragen schwarze Klamotten. Ein Demoblock ist in Blau gekleidet, und an den Ärmeln sieht man das gelb-schwarze Abzeichen der FDJ. Im letzten Jahr gab es wegen ebendiesen Symbols auf der LL-Demo Zwischenfälle mit der Polizei: Das Tragen des westdeutschen FDJ-Zeichens ist verboten, das ostdeutsche ist legal.

Das Problem ist nur, dass die beiden Zeichen kaum zu unterscheiden sind. „Letztes Jahr wurden wir festgenommen, heute ist alles ruhig“, sagt ein älterer Demonstrationsteilnehmer. Er ist aus Jena angereist und trägt stolz seine blaue FDJ-Uniform. Der Demoblock ist zwar der kleinste, dafür wird im Hintergrund fleißig mit Trompeten und Trommeln musiziert: Der alte Partisanenschlager Bella Ciao“ und so weiter.

Zu viel (N)ostalgie?

Musikalisch geht es auf der gesamten Demo zu: Ob die sanften Gitarrensounds der DDR-Liedermacher oder der Bass des Antifa-Raps – es wird zum Klassenkampf aufgefordert. Hier und da wird natürlich auch die Internationale“ angestimmt. Dazwischen variieren Sprechchöre von „Hoch die internationale Solidarität“ bis hin zu „Alle Macht dem Proletariat, die BRD ist nicht unser Staat“. Letzteres ist vor allem im Demoblock des internationalistischen Kollektivs Berlin zu hören. Dieser wird angeführt von einem großen Transparent mit der Aufschrift: „Vereinigt euch unter dem Maoismus“.

Die Veranstaltung ist die übliche bunte Mischung verschiedener linker Strömungen. Ein Demoteilnehmer von der MLPD kritisiert, dass der Fokus bei einigen zu sehr auf der Vergangenheit liege: „Während hier viele Lenin und Co. huldigen, sollten wir lieber nach vorne blicken und Ideen entwickeln, wie wir den Sozialismus in der Gegenwart umsetzen könnten“, kommentiert er.

Tatsächlich transportieren die zahlreichen sozialistischen Fahnen und Symbole eine gewisse DDR-Nostalgie. An anderen Stellen werden allerdings auch aktuelle Themen wie der Berliner Volksentscheid über die Enteignung großer Wohnungsbaukonzerne thematisiert.

Rote Fahnen, rote Nelken

Gegen 11.45 Uhr erreichen die De­mons­tran­t*in­nen dann die Gedenkstätte der Sozialist*innen. Auf dem Platz vor dem Friedhof sind allerlei Informationsstände und eine kleine Bühne aufgebaut. Hier und da werden noch politische Standpunkte ausgetauscht und der sozialistischen Vorbilder gedacht. Außerdem gibt es zur Belohnung und gegen die Kälte Erbsensuppe, Bratwurst und Glühwein.

Eine ältere Dame, die die Zeitung Rote Fahne verteilt, ist zufrieden mit dem Verlauf des Vormittags: „Auch wenn ich mir persönlich beim Demonstrationsaufruf mehr Fokus auf die sozialistische Revolution gewünscht hätte, bin ich froh, dass so viele jedes Jahr kommen.“

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9 Kommentare

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  • Leider wird bis heute zensiert wer hinter den rechten Freikorps stand und des selbst im ÖR-Rundfunk.

  • Wäre Rosa Luxemburg nicht ermordet worden, hätte sie durchaus die Gründung und die ersten Jahre der DDR erleben können. Sicher hätte die Sozialistin Luxemburg in der sozialistischen DDR hohe Ämter im Staat und in der SED bekommen.



    Wäre sie dann immer noch bei ihrem Prinzip geblieben „Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden“? Die SED-Genossen hätten ihr das nie verziehen, wenn sie die DDR nicht ausdrücklich davon ausgenommen hätte!

    • @Pfanni:

      Von „Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden“ hielten deren Mörder nicht viel.

  • Trompeten, keine Schalmeien? ksss...

  • Soso, die ewig Gestrigen sind wieder einmal durch die Stadt spaziert.

  • Zu Recht werden Menschen kritisiert, die auf eine Demo gegen Corona-Maßnahmen gehen, auf der auch Nazis mitmarschieren.

    Aber wie ist das mit Maoisten? Die sind zwar keine Nazis und leugnen nicht den Holocaust. Aber Demokratie und Menschenrechte lehnen sie auch ab.

    Vielleicht gehe ich eines Tages wieder auf so eine Demo. Aber erst, wenn nur Gruppen mitmarschieren, die sich auch zu den Menschenrechten bekennen.

    • @Io Jap:

      Da können Sie lange warten. Die MLPD ist bei der Demo nicht nur mitmarschiert, sondern wird auf der Demo-Website auch ausdrücklich als Unterstützerin der Demo gelistet: www.ll-demo.de/list.html .

      Mal ein Auszug aus dem MLPD-Parteiprogramm (www.mlpd.de/parteiprogramm ), Kapitel F Nr. 11: "Die KP Chinas unter der Führung Mao Zedongs stellte sich nach 1956 an die Spitze des Kampfs gegen die Machtergreifung der modernen Revisionisten. Mao Zedong entwickelte 1966 die Idee der Großen Proletarischen Kulturrevolution als höchster Form des Klassenkampfs im Sozialismus. In der ideologisch-politischen Mobilisierung der Millionenmassen der Arbeiter, Bauern, Frauen, der revolutionären Intellektuellen und der Jugend erkannte er den entscheidenden Damm zur Verhinderung der Restauration des Kapitalismus. Die Große Proletarische Kulturrevolution stellt die entscheidende Methode des Kampfs gegen die Gefahr einer revisionistischen Machtergreifung dar durch eine sprunghafte Entwicklung des sozialistischen Bewusstseins der Massen und die Festigung der Diktatur des Proletariats."

      Im Artikel wird die Mitwirkung dieser Organisation (geschweige denn die der anderen Demoteilnehmer) nicht kritisiert, sondern ganz nett als "die übliche bunte Mischung verschiedener linker Strömungen" beschrieben. Bei Demos, die gegen die Corona-Maßnahmen gerichtet sind, wird mit anderen Maßstäben gemessen. Wieso wird eigentlich von Linken nicht erwartet, bei ihren Demos nicht mit Mao-Verherrlichern zusammenzuarbeiten? Weil das auch eine "linke Strömung" ist? Und dann ist alles OK?

    • @Io Jap:

      Sie leugnen vielleicht nicht den Holocaust, aber fragen Sie mal nach den Opfern der Kulturevolution und des großen Sprungs nach vorne...

    • @Io Jap:

      Das stimmt