Zusammenarbeit der Nordseehäfen: Hoffnung auf Politikwechsel
Die Umweltverbände hoffen, dass mit der neuen Bundesregierung endlich eine Kooperation der Nordseehäfen zu Stande kommt.
Müller, Bundestagsabgeordnete und Landesvorsitzende der Grünen in Mecklenburg-Vorpommern, wurde vom grünen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck berufen. Sie ist dafür verantwortlich, ein Versprechen der Ampel-Koalition umzusetzen: „Wir werden eine nationale Hafenstrategie entwickeln und die enge Zusammenarbeit unserer Häfen fördern.“
Über eine mögliche Zusammenarbeit der Nordseehäfen wird schon seit Jahren gesprochen, nicht zuletzt, weil sie zunehmend unter Druck geraten sind: wirtschaftlich durch die Konzentration der Reedereien und die Konkurrenz anderer Häfen, ökologisch durch den steigenden Preis, den der Ausbau der Fahrrinnen in Elbe und Weser fordert.
Als Kooperationspartner kommen einerseits die Behörden infrage, also die Port Authorities von Hamburg, Bremen und Wilhelmshaven sowie der Bund, der die Infrastruktur mitfinanziert. Andererseits sind es die Umschlagsbetriebe, also die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), die mehrheitlich der Stadt gehört, sowie die Firma Eurogate, die jeweils zur Hälfte der Bremer Logistics Group (BLG) und der privaten Firma Eurokai gehört.
Seit rund eineinhalb Jahren verhandeln HHLA und Eurogate über einen gemeinsamen Containerumschlag. „Ich halte es nach wie vor für möglich, dass bei gutem Willen aller Beteiligter noch in diesem Jahr eine Absichtserklärung unterzeichnet werden kann“, sagte HHLA-Chefin Angela Titzrath im November vorigen Jahres. Jetzt ist eine Einigung noch im Januar angepeilt. Auskünfte zum Stand der Verhandlungen gibt es nicht.
Mit einer Zusammenarbeit der insgesamt acht Containerterminals verbindet sich die Hoffnung, gemeinsam Investitionen besser stemmen zu können, die für einen schnelleren Umschlag und für die angestrebte Klimaneutralität nötig sind. Die Unternehmen könnten wechselseitig von ihren Erfahrungen profitieren und gemeinsam IT-Lösungen entwickeln.
Burkhard Lemper vom Bremer Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL) geht davon aus, dass eine Zusammenarbeit Effizienzgewinne bringen würde. „Es muss darauf hinauslaufen, dass man die Kosten senkt“, sagt der Forscher. Bei einer weitergehenden Zusammenarbeit würden sich die deutschen Terminals nicht mehr untereinander Konkurrenz machen, sondern mit Häfen wie Antwerpen und Rotterdam. Zudem könnten sie den Reedereien leichter alternative Liegeplätze anbieten.
Die Hoffnung, dass sich im Falle einer derart weitgehenden Kooperation die Schiffe im Sinne der Umweltverbände lenken ließen, teilt Lemper nicht. „Die Entscheidung, wo welche Schiffe abgefertigt werden, liegt bei den Reedern“, sagt der Professor. Auf einen Ausbau der Fahrrinnen könne daher nicht verzichtet werden. Im Übrigen müsse man die Entwicklung der Flotte insgesamt betrachten. „Es können nicht alle großen Schiffe Wilhelmshaven anlaufen“, sagt Lemper.
Malte Siegert, Vorsitzender des Nabu Hamburg, hält dagegen, dass schon heute ein Großteil der sehr tief gehenden Schiffe den möglichen Tiefgang zumindest in Hamburg gar nicht ausnutzt. Zwischen Mai und Dezember 2021 waren das laut einer Senatsantwort an die Linke nur 14 Prozent aller Containerschiffe mit kritischem Konstruktionstiefgang.
Siegert stellt sich eine Deutsche-Bucht-Hafen-AG vor, in der die Terminals und die Behörden zusammenarbeiten. Er hofft, dass dann aus seiner Sicht rationalere Entscheidungen getroffen würden. So hätte es bei der jüngsten Fahrrinnenanpassung der Elbe gereicht, eine Begegnungsstrecke für die breiter werdenden Schiffe zu schaffen, argumentiert er. Die ökologisch wesentlich belastendere Vertiefung sei verzichtbar gewesen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen