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Volkssport Zoom-Konferenzen„Ich bin keine Katze!“

Wegen allem und jedem wird heute eine Videokonferenz einberufen. Und ob Katzenfilter oder Unterhose, immer noch fehlt es an Basiswissen.

Auch nach mehr als einem Jahr Zoom-Videokonferenzen sind diese für einige noch Neuland Foto: Judge Roy Ferguson/PA Media/picture alliance

I n den vergangenen Wochen gab es einen Jahresrückblick nach dem anderen. Ständig konnten wir dieses beschissene Jahr noch einmal Revue passieren lassen. Abgelöst von verschiedensten Ausblicken und Szenarien, wie 2022 wohl werden oder was sich ändern wird. Worüber aber niemand spricht: die nervigen Dinge, die genauso weitergehen werden. Zoom-Konferenzen zum Beispiel. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich sehe die Notwendigkeit und auch den Nutzen. Zwischendurch ist es auch immer wieder nett, andere Gesichter im einsamen Homeoffice zu sehen. Aber mittlerweile scheinen sie zum Volkssport geworden zu sein. Wie viele Zoom-Konferenzen passen in einen Arbeitstag? JA!

Wegen allem und jedem wird eine Videokonferenz einberufen, und sei sie noch so unwichtig. Meist dauert die Terminfindung zwischen allen Beteiligten länger als die Besprechung selbst. Es gibt mindestens eine Person, die den Link nicht mehr findet, behauptet, sie habe nicht das richtige Passwort, oder zehn Minuten zu spät kommt, damit alle anderen sich anschweigen und sich gegenseitig beim E-Mail-Schreiben zuschauen können. Oder irgendjemand hält noch stummgeschaltet einen Monolog und lässt sich einfach nicht beirren.

Es ist faszinierend, aber auch nach zwei Pandemiejahren scheint das Basiswissen für Videomeeting noch nicht bei allen angekommen zu sein. Die Grundregeln: prüfen, ob die Kamera läuft. Checken, ob das Mikro an oder besser aus ist. Kontrollieren, ob alle Emoji-Filter ausgeschaltet sind. Erinnern Sie sich noch an das süße Kätzchen mit den großen Augen, welches immer wieder mit verzweifelter Stimme ruft: „Ich bin wirklich hier, ich bin keine Katze!“? Mein persönliches Zoom-Highlight. Anwalt Rod Ponton schaffte es bei einer Anhörung in den USA vor Gericht im letzten Jahr nicht, den Katzenfilter auszuschalten. Also erscheint der Verteidiger während der Konferenz als 3-D-Kätzchen eingeblendet, das Lippenbewegungen und Augenzwinkern dem Anwalt anpasst.

Niemand will Menschen in Unterhose sehen

Ein Hinweis, den scheinbar auch noch einige brauchen: Bevor eine Videokonferenz betreten wird, kann der Bildausschnitt überprüft werden. Nutzt das! Niemand möchte mehr Menschen in Unterhose am frühen Morgen sehen. Damit Sie auch nach der Besprechung noch mit allen Kol­le­g:in­nen klarkommen, nutzen Sie die Chatfunktion nur sehr aufmerksam.

Das Prinzip „allen antworten“ hat schon bei Mailprogrammen für viel Ärger gesorgt. Für die Einladung zur nächsten Besprechung nehmen Sie sich auch besser kein Beispiel an der niederländischen Verteidigungsministerin. Sie hatte fast den kompletten Zugangscode zu einer Onlinerunde mit ihren EU-Kollegen auf Twitter veröffentlicht. Worauf sich spontan auch noch ein Journalist dazuschaltete.

Mein Vorsatz fürs neue Jahr: Bei meiner Abneigung gegen T-Shirts mit Aufschrift eine Ausnahme zu machen und mir für all die kommenden Besprechungen folgendes zu kaufen: „I survived another meeting that should have been an email“.

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Malaika Rivuzumwami
Redakteurin taz zwei
Jahrgang 1994 | bei der taz seit 2016 | früher auf Deutschlandreise für taz.meinland & Editorial SEO für die taz | seit 2019 Redakteurin für Gesellschaft und Medien | spricht mit im Podcast Weißabgleich und schreibt die Kolumne Digital Naives | Interessiert sich für Datenpolitik, Fake News & Social Bots.
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5 Kommentare

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  • @IO JAP

    Volle Zustimmung.

    Warum muss die Presse (und die linke noch dazu) kostenlose Werbung für irgendwelche Unternehmen aus dem Überwachungskapitalismus machen?

  • Nebenbei: Was natürlich gar nicht geht sind Konferenzen mit "Zoom" oder "Teams" und anderen Überwachungskapitalist(inn)en, weder privat noch dienstlich. Wozu gibt es BBB und Jitsi?

  • So wahr das alles. Immer wieder erstaunlich, wer so alles nach zwei Jahren immer noch nicht kapiert hat, dass das Mikro ausgeschaltet werden sollte, wenn man telefonieren will oder muss. Nicht alle anderen Personen in der Videokonferenz wollen unbedingt mitbekommen, was es bei Familie XY am Wochenende zu Essen geben soll.

    Was ich ansonsten bemerkt habe, dass die Zahl der Personen, die ihre Kamera ausmachen, deutlich angestiegen ist.

    Und der Weichzeichner für den Hintergrund ist eigentlich ein Segen. Man muss nicht mehr auf Details im Hintergrund achten oder vorher kontrollieren, ob das was im Regal hinter einem steht, alle sehen dürfen sollen.

  • Meeting-Overload ist eine Frage der Unternehmenskultur, nicht der Technologie.

  • (1) Sorgen Sie dafür, dass Ehepartner, Kinder und Hunde außer Reichweite sind.

    (2) Der ideale Hintergrund ist eine weiße Wand.

    (3) Stellen Sie die Kamera auf schwarzweiß, und regeln Sie den Kontrast hoch.

    (4) Sorgen Sie für hartes Seitenlicht, um auf dem kleinen Bildchen deutlicher sichtbar zu sein.

    (5) Pro-Tipp: Stellen Sie die dienstliche Webcam auf oder unter den Monitor des privaten Rechners, um zumindest visuell volle Aufmerksamkeit zu simulieren.