Die Wahrheit: Neues vom Internet: die Meta-Kritik

Mark Zuckerberg benennt Facebook um, Trump gründet sein eigenes soziales Netzwerk – aber der Internetstandort Deutschland ist allen voraus.

Das neue Meta-Symbol.

Meta: Sieht wie ein trauriges Unendlich-Zeichen aus Foto: ap

Zurzeit ist im US-amerikanischen Social-Media-Bereich einiges los. Facebook etwa heißt jetzt Meta. Aber keine Sorge: Face­book-Freunde werden damit nicht zu Meta-Freunden. Das soziale Netzwerk Facebook wird weiterhin Facebook heißen. Nur das Gesamtunternehmen, also die Dachgesellschaft oder, wenn Sie so wollen, der Metakonzern, zu dem neben Facebook auch Instagram und Whatsapp gehören, der hört künftig auf den Namen Meta.

Und warum? Weil Facebook-Chef Mark Zuckerberg nicht länger nur ein Gesichtsbuch zum Anschauen bieten will, sondern auch etwas zum Fühlen. Seine Vision ist das sogenannte „Metaverse“. Mithilfe von Virtual-Reality-Brillen soll das Metaversum physische und digitale Welt verbinden. Der 37-Jährige träumt von einer Art begehbarem Internet, wo man Dinge nicht nur betrachten, sondern auch spüren und bewegen kann, wo man einander nicht nur sieht und hört, sondern so richtig begegnet, wo man sich riecht und schmeckt, wo man nicht nur Webcam-Sex hat, sondern – na ja, so ganz konkret ist das alles noch nicht, aber es geht in die Richtung. Eine Art Zoom-Konferenz, auf der man einander trotzdem mit Viren anstecken kann! Man müsste Zuckerberg mal sagen, dass es etwas Ähnliches unter dem Markennamen „Realität“ schon gibt.

Doch dass er nach einer besseren Welt strebt, kann man ihm nicht zum Vorwurf machen. Zuckerberg arbeitet an einer optimierten Fantasiegegenwart, in der es dann vielleicht keine Datenlecks mehr gibt, keine willfährig zugelassene politische Desinformation, keine aus finanziellen Interessen geförderte Hetze, keine bewusst abhängig und krank machenden Algorithmen oder wenigstens keine Whistleblower.

Erstaunlich und lobenswert ist, dass Zuckerberg bei der Namensgebung ausnahmsweise mal nicht von der Konkurrenz geklaut, Verzeihung, sich inspirieren lassen hat. Facebooks beziehungsweise Metas Geschäftsmodell basiert seit Jahren im Grunde darauf, die besten Ideen der anderen zu kopieren: Die Instagram-Story und der Whatsapp-Status wurden bei Snapchat abgekupfert, die „Reels“ genannten Kurzvideos wiederum bei Tiktok. Erwartet hätte man, dass sich Zuckerberg einfach beim erfolgreichsten Tech-Konzern bedient und seine Firma „Apple“ nennt. Oder analog zu Apfel eben Birne. Also auf Englisch „Pear“. Vielleicht auch Pear Group – Moment mal, das wäre tatsächlich ein guter Name, müsste man ihm mal für ein paar Millionen zum Kauf anbieten.

Rebranding ohne Erfolg

Bedenkt man, dass sich auf Facebook aber ohnehin nur noch rechtskonservative Verschwörungsboomer mit superkurzer Zündschnur tummeln, wird schnell klar, dass auch ein Rebranding zumindest in Deutschland keinen Erfolg haben dürfte. Denn bei uns gibt es jetzt ein ganz neues Angebot für ebenjene Klientel: „The Republic“ heißt der neue heiße Scheiß für Leute, denen die Werte­union zu faktenbasiert arbeitet. Leute mit prominenten Namen wie die Tochter von Wolfgang Bosbach (bekannt vom Cover der Single „Nina“ von Michael Wendler, kein Witz) schreiben auf der Kampagnen-Homepage gegen Gender-Ideologie, radikale Krawallaktivisten (gemeint: Greenpeace) und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk – den man allerdings plötzlich enorm zu schätzen weiß, je länger man sich auf privaten Kanälen wie „The Republic“ herumtreibt.

Wem „The Republic“ aber gefallen dürfte, ist der Republican und Fake-News-Guru Donald Trump. Auch der hat jetzt Pläne für ein eigenes Onlinenetzwerk verkündet, nachdem der Covfefe-Mann auf allen anderen gesperrt wurde. „Truth Social“ soll’s heißen und ab November als Betaversion getestet werden, „um der Tyrannei von Big Tech die Stirn zu bieten“, so Trump, der erst vor fünf Jahren unter anderem dank der Tyrannei von Big Tech Präsident geworden war.

Doch auch hier ist Deutschland meilenweit voraus: Einen millionenschweren schmierigen Medienmogul mit fragwürdiger Weltanschauung und einem riesigen Informationsimperium ohne Faktenchecks haben wir mit Mathias Döpfner und dem Axel-Springer-Verlag längst etabliert.

Vielleicht sollte man Trump also statt einer eigenen Social-Media-Plattform einfach eine Kolumne bei „The Republic“ anbieten, das dürfte doch fürs Erste reichen. Und wenn Zuckerberg sich ein spürbareres, intensiver erfahrbares Internet wünscht, soll er einfach den Hamburger Innensenator auf Twitter als Pimmel bezeichnen, dann reißt ihm im Handumdrehen die Staatsanwaltschaft die Vordertür ein. Der Internet­stand­ort Deutschland ist den altbackenen Ideen der Amerikaner haushoch überlegen.

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kari

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