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Italienischer Fußballclub US SalernitanaProfiklub dringend abzugeben

Bis Silvester muss der Fußballklub US Salernitana verkauft sein. Dem Besitzer, Claudio Lotito, gehört nämlich auch noch Ligakonkurrent Lazio Rom.

Lazio-Präsident Claudio Lotito, hier mit einem Kardinal, liebt den Fußball als Geschäftsfeld Foto: Andrew Medichini/ap

Für 25 Millionen Euro kann man in Italien bis Silvester einen Fußballklub der Serie A erwerben. Denn exakt zum Jahreswechsel läuft die Sondergenehmigung für den Besitzer von Lazio Rom, Claudio Lotito, aus, parallel auch Eigentümer des Ligakonkurrenten US Salernitana zu sein. Gibt es keinen Käufer, wird der Klub ausgeschlossen und die Serie A mit 19 statt 20 Vereinen weitergeführt.

Der Countdown läuft in Salerno. Sportlich ist der immerhin seit mehr als 100 Jahren bestehende Klub kaum der Beachtung wert. Zwei Siege und acht Punkte in 18 Spielen stehen zu Buche. Der Neuling hält die rote Laterne fest in seinen Händen. Zuletzt schlug auch noch Corona zu und führte zur Spielabsage gegen Udinese Calcio.

Berichtenswertes von dem Aufsteiger gab es vor allem wegen der illustren Besitzerschaft. Seit 2011 sind Claudio Lotito und Marco Mezzaroma Eigentümer. Lotito gehört auch Lazio Rom. Partner Mezzaroma ist sein Schwager und gehört zum einflussreichen Bauunternehmerclan der Mezzaroma. Die sind traditionell im Fußball aktiv. Ein Onkel investierte mal üppig in den AS Rom, einem Cousin gehörte bis zum Bankrott der Erstliga­klub AS ­Siena. Und selbst betrieb Marco Mezzaroma eine Baufirma gemeinsam mit dem aktuellen Nationaltrainer Roberto Mancini. Davon erfuhr die Öffentlichkeit nur, weil die Staatsanwälte gegen die Partner wegen betrügerischen Bankrotts ermittelten.

Darüber hinaus war Mezzaroma auch mal mit der Forza-Italia-Politikerin und aktuellen Ministerin für Süditalien und territorialen Zusammenhalt, Mara Carfagna, verheiratet. Lotito wiederum ist Dauerfunktionär im italienischen Fußballverband FIGC.

„Braucht sehr schnelle Lösung“

Seine guten Verbindungen im Verband führten auch dazu, dass er und Mezzaroma über die Gnadenfrist von zuerst 30 und später 60 Tagen eine Ausnahmegenehmigung für die Teilnahme der US Salernitana an der Serie A erhielten. Jetzt hat Verbandspräsident Gabriele Gravina – ein langjähriger Intimfeind Lotitos – aber die Faxen dicke. Er fordert den Verkauf bis Silvestermitternacht. Unmissverständlich teilte er von den World Globe Soccer Awards in Dubai mit: „Es braucht eine sehr schnelle Lösung. Der einzige Rettungsanker ist eine neue Besitzstruktur.“ Bei den Globe Soccer Awards tauchte Gravina auf, um für die Serie A einen Innovationspreis der Expo Dubai entgegenzunehmen.

Der Verkauf der Salernitana gestaltet sich derweil schwierig. Seit dem Aufstieg im Frühsommer hatten Lotito und Mezzaroma immerhin Zeit. Damals riefen sie italienischen Medien zufolge einen Preis von 60 Millionen Euro aus. Diversen Unterhändlern zufolge ist der Preis mittlerweile auf 20 bis 25 Millionen Euro gesunken. Zugeschlagen hat noch niemand, was vor allem bei den Fans für Frust sorgt. „Was machen die eingesetzten Treuhänder nur? Warum geben sie nicht bekannt, wie weit die Verhandlungen mit einzelnen Interessenten gekommen sind?“, fragte bekümmert die Fanwebsite granatacento.com.

Für großes Vertrauen sorgen die Interessenten nicht. Von einer Schweizer Investorengruppe wurde gesprochen, zu der der Ex-Präsident des FC Lugano gehören soll. Der distanzierte sich nach Medienanfragen aber. Die luxemburgische Fondsgesellschaft Toro Capitals bot nach eigenen Angaben 40 Millionen Euro als Kaufpreis an. Nach Auskunft der Treuhänder, die für die Verkaufsabwicklung eingesetzt wurden, fehlen jedoch Bankbürgschaften. Kampaniens Gouverneur Vincenzo De Luca, zuvor fast zwei Jahrzehnte lang Bürgermeister von Salerno, versucht derweil regionale Unternehmer zur Rettung des Vereins zusammenzutrommeln. Auch eine Investorengruppe aus den USA soll gesichtet worden sein sowie eine Gruppe um den lokalen Unternehmer Domenico Cerruti, der sein Fußballglück zuvor schon – vergeblich – beim Viertligisten US Agropoli versucht hatte.

Nach glücklicher Rettung schaut all das nicht aus. In den anderen 19 Serie-A-Heimstätten werden derweil die Rechenschieber herausgeholt. Denn im Falle des Ausschlusses zählen die Salernitana-Spiele nicht mehr. Die 14 siegreichen Konkurrenten werden wohl drei Punkte abschreiben müssen.

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