Evakuierung aus Afghanistan: Flüge aus Kabul gestoppt
Die Bundesregierung setzt die Charterflüge via Katar vorerst aus. Die Ausreise auf dem Landweg bleibt für Afghan*innen möglich, aber schwierig.
Offiziell kommentiert das Auswärtige Amt die Nachricht nicht. Aus Kreisen des Amtes heißt es aber, dass die Flüge über Katar tatsächlich gestoppt seien. Allerdings sei das nicht von Deutschland ausgegangen. Die Taliban hätten alle Charterflüge nach Doha gestoppt. Das betreffe auch die Flüge anderer Nationen, zum Beispiel der Amerikaner.
Eigentlich sollte in der vergangenen Woche noch ein Flug über Katar nach Deutschland gehen. Die Menschen, die dort hätten mitfliegen sollen, waren schon nach Kabul gekommen und hatten dort den Coronatest gemacht, den sie brauchen, um an Bord zu gehen. So erzählt es der Sprecher eines inoffiziellen Netzwerks afghanischer Ortskräfte der taz. Durch einen Anruf der Bundeswehr hätten diese Menschen erfahren, dass ihr Flug nicht stattfinden werde. Aus dem Auswärtigen Amt heißt es, man bemühe sich, für diese Leute einen Flug nach Islamabad zu organisieren und von dort die Weiterreise nach Deutschland. Wann der stattfindet und wann es überhaupt wieder reguläre Evakuierungsflüge aus Kabul geben kann, könne man derzeit nicht sagen.
Bisher nur rund 7.000 Menschen in Deutschland
Über den Landweg ist eine Ausreise vor allem nach Pakistan weiterhin möglich, allerdings schwierig: Afghan*innen brauchen einen Pass und ein Visum für Pakistan. Die Visavergabe dauert sehr lange. Viele Afghan*innen versuchen, ein Visum auf dem Schwarzmarkt zu kaufen. Die kosten bis zu 150 US-Dollar pro Person, berichten Afghan*innen der taz.
Wie viele Menschen in Afghanistan noch auf eine Evakuierung warten, ist schwer zu sagen. Vergangene Woche war bekannt geworden, dass die Bundesregierung knapp 25.000 Aufnahmezusagen für Afghan*innen ausgesprochen hat. Bislang seien aber nur rund 7.000 Menschen in Deutschland angekommen.
Warum die Taliban nun die Flüge verhindern, ist unklar. Beobachter vermuten, dass die Talibanführung einen Braindrain verhindern will. Hilfsorganisationen berichten stattdessen, dass die Taliban mittlerweile Rache nehmen an ihren vermeintlichen Gegnern. Laut Human Rights Watch haben die Taliban in den letzten Monaten rund 100 Polizei- und Geheimdienstangehörige getötet oder verschwinden lassen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Autobranche in der Krise
Kaum einer will die E-Autos
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
Ungelöstes Problem der Erneuerbaren
Ein November voller Dunkelflauten
Abschiebung von Pflegekräften
Grenzenlose Dummheit
Plan für Negativ-Emissionen
CO2-Entnahme ganz bald, fest versprochen!
Human Rights Watch zum Krieg in Gaza
Die zweite Zwangsvertreibung