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SPD-MinisterInnen der neuen RegierungSolide, mittig, rational

Stefan Reinecke
Kommentar von Stefan Reinecke

Karl Lauterbach ist der einzige künftige SPD-Minister, der nicht in Scholz’ Anforderungsprofil leiser Mitarbeit passt. Die Erwartungen an ihn sind riesig.

Karl Lauterbach am 6. Dezember im Willy-Brandt-Haus in Berlin Foto: Hannibal Hanschke/reuters

D ie Riege der SPD-MinisterInnen mag einige überraschen. Wer hatte schon damit gerechnet, dass die Juristin Christine Lambrecht sich künftig mit der Bundeswehr herumschlagen muss? Auch Nancy Faeser, die Innenministerin wird, hatte kaum jemand auf dem Zettel. Und die meisten hätten gewettet, das Svenja Schulze Bauministerin wird – und nicht Ministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit.

Diese Liste kann man verlängern. Aber das führt in die Irre. Denn die Besetzung der SPD-Posten im Kabinett ist nur auf den ersten Blick erstaunlich. Sie entspricht passgenau dem, was von Olaf Scholz als Kanzler zu erwarten ist: mittige Politik, solides Handwerk.

Die SPD hat nicht zufällig jene Ministerien für sich reklamiert, in denen es um Sicherheit geht: Innen, Verteidigung und Arbeit und Soziales. Das entspricht dem Profil, das die Scholz-SPD will. Sie ist für Verlässlichkeit und Risikominimierung zuständig. Nicht nur die Auswahl der Ministerien, auch die Besetzung atmet diesen Geist: lieber solide als charismatisch. Deshalb hat Lambrecht, robust und professionell, den schwierigsten Job – nämlich das Verteidigungsministerium möglichst skandalfrei zu managen.

Das Kabinett wird, wie von Scholz angekündigt, quotiert sein. Sieht man davon ab – ein funkenschlagender Aufbruch ist die Besetzungsliste nicht. Einige verdanken ihren Job Scholz’ Sympathie, die meisten Erfahrung und Zuverlässigkeit. Nummer sicher eben.

Das folgt einem nüchtern abwägenden, rationalen Kalkül. Diese Regierung hat mit Annalena Baer­bock eine sehr gesinnungsstarke und sehr unerfahrene Außenministerin. Bei Finanzminister Christian Lindner wäre die größte Überraschung, wenn es mit ihm keine böse Überraschung geben würde. Und beim Schlüsselprojekt der Ampel, dem vor allem von Robert Habeck verantworteten klimaneutralen Umbau, werden gewiss die Fetzen fliegen.

Für Glamour und Katastrophen werden in der Ampel also FDP und Grüne sorgen. Die SPD hat es lieber solide und unauffällig. Scholz folgt darin seiner Vorgängerin Angela Merkel. Die holte ungern Stars in ihre Regierung und umgab sich im Kabinett lieber mit loyalen, etwas farblosen Fachkräften.

Die einzige Überraschung ist, dass Karl Lauterbach Gesundheitsminister wird. Er passt eigentlich nicht in Scholz’ Anforderungsprofil geräusch- und störungsfreier Mitarbeit. Lauterbach ist Arzt, Pandemie­ex­perte und ein Star – jedenfalls außerhalb von SPD und Fraktion.

Es ist ein gutes Zeichen, dass Fachkompetenz und mediale Wirksamkeit keine Knock-out-Kriterien für einen Ministerjob sind. Bei Lauterbach ist damit die Fallhöhe am höchsten. Die große Reform, die Bürgerversicherung, wird mit der Ampel nicht kommen. Das Dickicht der Lobbyinteressen ist in der Gesundheitsbranche besonders undurchdringlich. Und viele erwarten, dass Lauterbach die Pandemie in den Griff bekommt. Die Erwartung ist riesig. Das Risiko zu scheitern auch.

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Stefan Reinecke
Korrespondent Parlamentsbüro
Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.