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Rettungsschiff Sea-Watch im MittelmeerAus dem Holzboot gerettet

Die Besatzung hat in den vergangenen Tagen fast 500 Menschen aus Seenot gerettet. Doch die Sea-Watch sucht weiterhin nach einem sicheren Hafen.

Rettungsaktion der Sea-watch am Sonntag Foto: Suzanne De Carrsco/sea-watch via reuters

Berlin taz/epd/dpa | Es war die siebte Rettungsaktion innerhalb von wenigen Tagen und diesmal war auch ein Neugeborenes dabei: Das Rettungsschiff Sea-Watch hat am Montag 107 weitere Menschen an Bord aufgenommen. Sie trieben in einem Holzboot auf offener See im Mittelmeer. Dabei befanden sich zu dem Zeitpunkt schon über 300 Geflüchtete an Deck der Sea-Watch. Am Samstag habe die Crew auch mehrere schwangere Frauen in Sicherheit gebracht.

Doch ein Ende des Einsatzes ist nicht in Sicht. Noch sucht das Rettungsschiff der in Berlin ansässigen Organisation einen Hafen. „Es befinden sich jetzt 482 Gäste auf unserem Schiff, die so schnell wie möglich in einem sicheren Hafen von Bord gehen müssen“, fordert die Organisation auf Twitter.

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Bevor die Sea-Watch-Crew am Sonntag bei der zweiten Aktion an nur einem Tag 73 Menschen aus Seenot retten konnte, habe ihr Flugzeug, Seabird, die libysche Küstenwache bei einem Pushback-Versuch beobachtet. Sie hätten versucht, das Boot mit den Flüchtenden abzufangen. „Nachdem zwei libysche Patrouillenboote sich zurückzogen, sind wir erleichtert, dass wir die Menschen nun sicher an Bord unseres Schiffes wissen“, schrieb Sea-Watch am Sonntag auf Twitter.

Drohungen der libyschen Küstenwache

Am Tag zuvor sei die Besatzung der Sea-Watch selbst von der libyschen Küstenwache bedroht worden, obwohl sie sich in internationalen Gewässern befunden habe. Auf einem am Freitag auf Twitter veröffentlichten Video mit Aufzeichnungen des Funkverkehrs ist eine zunehmend aufgebrachte Stimme zu hören: „Hier ist die Libysche Marine. (…) Stellen Sie den Motor ab oder Sie werden beschossen.“ Und nach mehrfacher, hektischer Wiederholung: „Das ist unsere letzte Warnung.“ Kurz darauf habe sich die Situation zwar wieder entspannt, so Sea-Watch. Doch die Seenotretter klagen an: „Wann stellt die EU die Unterstützung der sogenannten libyschen Küstenwache endlich ein?“

Die EU trainiert libysche Küstenwächter und stattet sie mit Ausrüstung aus. Auch die EU-Grenzschutzagentur Frontex arbeitet mit ihr zusammen. Die Küstenwache drängt regelmäßig Boote in libyschen und internationalen Gewässern von ihrer Route ab, um sie nach Libyen zurückzubringen. Dort werden die Menschen unter prekären Bedingungen in Lagern interniert. In der Vergangenheit hatten die Libyer beim Zusammentreffen mit Rettungsschiffen auf dem Meer sogar Warnschüsse abgegeben, um sie von ihren Rettungsaktionen abzubringen.

In den letzten Monaten ist die Zahl der Menschen, die die Überfahrt von Libyen nach Italien wagen, deutlich gestiegen. Laut dem italienischen Innenministerium kamen in diesem Jahr bislang rund 59.700 Flüchtende in Booten in Italien an. Im Vorjahr waren es im gleichen Zeitraum fast 32.500.

Zumindest konnte das von Ärzte ohne Grenzen betriebene Rettungsschiff Geo Barents am Wochenende in Sizilien anlegen. Die 186 Männer, Frauen und Kinder seien in Messina von Bord gegangen, twitterte die Hilfsorganisation am Samstag.

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2 Kommentare

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  • Die Menschen begeben sich an Bord dieser Boote, weil es häufig der letzte Ausweg ist. Es gibt KEINE Möglichkeit der legalen Einreise. Es gibt KEINE andere Möglichkeit, Libyen zu verlassen. Die gesamten Ersparnisse, meistens sehr hart erarbeitet, werden den Schleusern gegeben, es wird natürlich ein seetüchtiges Boot versprochen, und wenn die verzweifelten Flüchtenden dort ankommen und realisieren, dass das Boot überfüllt sein wird und nicht wirklich manövrierfähig, ist es meistens zu spät. Manche wurden schon mit vorgehaltener Waffe gezwungen, das Boot zu besteigen, sich womöglich ins untere Decklevel zu begeben, wo nicht zuletzt Erstickung und Benzinvergiftung droht.

    Diese Menschen versuchen dem schlimmstem zu entkommen. Sie sind nicht selten bereits seit Jahren auf der Flucht - auf der Flucht aus Ländern, wo sie lieber bleiben würden, die aber zerstört sind, damit wir hier im perversen Wohlstand leben können.

    Diese Menschen haben Bitterstes erlebt und kommen doch mit offenem Herzen hier an, immer noch mit der Hoffnung, überleben zu können, und vielleicht sogar ein einigermaßen würdiges Leben haben zu können. Ich wünsche so sehr: ihnen allen, und auch uns allen, dass dies gelingen möge.

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Ich verstehe nicht, wie man sich mit Kleinkindern oder gar hochschwanger auf so einen Todestrip begeben kann.



    Die Schlepper müssen denen das Märchen vom Land, in dem Milch und Honig fließt, erzählt haben. Wie damals, als sich Tausende nach Kalifornien aufmachten und viele dort verhungert sind.



    Deutschland sollte eine Aufklärungskampagne starten, was die Migranten hier erwartet.