piwik no script img

Koalitionsverhandlungen in BerlinGrüne Stimmen fürs Enteignen

Die Berliner Grünen sprechen sich bei einem Kleinen Landesparteitag am Montagabend für Koalitionsgespräche mit SPD und Linke aus.

Werben für die Koalition mit SPD und Linke: Nina Stahr, Bettina Jarasch und Werner Graf (von links) Foto: Philipp Znidar / dpa

BERLIN taz | Die Grünen haben Bock: Mit nur einer Stimme Enthaltung haben sich die Delegierten eines kleinen Landesparteitags am Montagabend in Berlin dafür ausgesprochen, mit SPD und Linken in die Koalitionsverhandlungen zu gehen. Einzelne Delegierte sprachen sich dabei dafür aus, Themen wie Digitalisierung, Feminismus, Queerpolitik oder Abschiebestopp noch stärker zu machen.

Die Berliner SPD hatte in einem Beschluss des Landesparteivorstands schon am Montagnachmittag den Koalitionsgesprächen zugestimmt, die Linke wird darüber bei einem Kleinen Landesparteitag am Dienstagabend entscheiden.

„Wir haben in allen Bezirken dazugewonnen, das zeigt: wir sind als Partei in die Stadt hineingewachsen“, sagte Co-Landesvorsitzender Werner Graf. „Unser gutes Wahlergebnis hat auch gezeigt: Es gibt bei der Regierungsbildung keinen seriösen Weg an uns vorbei.“ Spitzenkandidatin Bettina Jarasch betonte, wie stark die Grünen ihre Vorstellungen in das mit SPD und Linke gemeinsam verfasste Sondierungspapier hätten einbringen können – bei Klimaschutz, Verkehr, Bildung und Soziales und Wohnungspolitik.

Nun sei es Aufgabe der 16 Facharbeitsgruppen, die Einzelheiten herauszuarbeiten. Und man werde in den Koalitionsverhandlungen noch mal „priorisieren müssen“ – denn nicht für alle Vorhaben sei genug Geld da, so Jarasch.

Im Sondierungspapier ist Klimaschutz ein „Querschnittsthema“. Außerdem ist ein „Bündnis für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen“ angekündigt. Dazu sagte Jarasch: „Auch wenn das anders heißt“ – Subtext: auch wenn es deutlich nach SPD klingt – „ihr werdet sehen, es steckt viel von unserem Mietenschutzschirm drin“. Mit dem Mietenschutzschirm hatten die Grünen im Wahlkampf eigene Ideen für Maßnahmen gegen steigende Mieten und Wohnungsknappheit präsentiert.

Das geht aber auch einigen Grünen nicht weit genug. „Ich habe mir die Ergebnisse des Volksentscheids Deutsche Wohnen & Co enteignen noch mal genauer angesehen“, sagt André Schulze von den Grünen Neukölln. „Die zehn Kreise mit der höchsten Zustimmung für den Volksentscheid, mit teils 80 Prozent Ja-Stimmen – das sind gleichzeitig Wahlkreise, in denen wir stärkste Kraft geworden sind und Direktmandate geholt haben“, sagte er. Das Ziel der Expertenkommission sollte klar sein: Sie müsse ein Vergesellschaftungsgesetz erarbeiten. „Da müssen wir gemeinsam mit den Linken in den Koalitionsgesprächen noch nachschärfen“, sagte Schulze. Dafür bekam er lauten Applaus.

Die Sondierungsteams wollen laut ihrem Papier eine „Expertenkommission“ einsetzen, die innerhalb eines Jahres eine Empfehlung für den Senat zum Umgang mit dem Volksbegehren Deutsche Wohnen & Co enteignen erarbeiten soll. Die Initiative selbst machte vor dem Tagungsort des Landesparteitags am Montagabend deutlich, dass ihr das zu wenig ist. „Umsetzen, umsetzen“, skandierten rund 50 Aktivist*innen, während die grünen Delegierten am Estrel eintrafen. Auf Plakaten forderten sie, dass nun schnell ein Gesetz zur Enteignung gemacht werden müsse.

Auch Katrin Schmidberger, wohnungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, sprach sich dafür aus, nun schnell ein Enteignungsgesetz zu präsentieren. „Deutsche Wohnen & Co enteignen hatte das allerbeste Wahlergebnis“, sagte sie. Von solchen Zustimmungen könnten die Grünen nur träumen. „Um den Druck zu erzeugen, muss man nun auch zügig ein Gesetz entwerfen“, sagte sie. Gutachten gäbe es schließlich schon genug. Die Frage sei: wo ist die Expertenkommission angesiedelt? Und wer sitzt da drin? „Das ist nur der Anfang. Wir müssen weiterkämpfen und ich habe da voll Bock drauf“, sagte sie.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Hoffentlich kann sich die Basis der Grünen da durchsetzen...

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Huuh, kettet eure Kühlschränke an. Die wollen die auch enteignen.

    Was wir brauchen sind Tabu-Bereiche, in denen profitorientierte Gesellschaften komplett außen vor bleiben müssen, per Gesetz!



    Dazu zählen Wohnungen, Krankenhäuser, Kitas, Lerneinrichtungen.

  • Bravo endlich eine andere Partei, die den Mut hat....

    ...Nein zu Immobilien-Mafia......



    und Nein zur EXTREM-TEURE IMMOBILIEN in Deutschland..