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Editorialvon Kai Schöneberg zum KlimastreikRaus auf die Straße, ran an die Wahlurne!

Für manche ist immer alles zu wenig: zu wenig Liebe, zu wenig Geld, zu wenig gutes Essen – und viel zu wenig gute Klimapolitik auf der Welt. Man kann das Glas für halb leer halten. Aber Ihr, liebe Fridays, habt es mit gesellschaftlichem Druck geschafft, den Erhalt des Planeten ganz nach oben auf die Agenda der Politik zu bringen – weltweit. Chapeau, Euer Glas ist ganz schön voll!

Wegen Euch findet in zwei Tagen in Deutschland keine Renten-, keine Corona-, keine Digital- und auch keine Mietenwahl statt, sondern eine Abstimmung über das Klima. Am Sonntag kann Deutschland erste Schritte in Richtung eines supernotwendigen sozialökologischen Umbaus in den 20ern wählen – und für Klimaneutralität bis 2045. Oder auch nur ein Trippeln.

Das Tragische: Dank der Fridays reden zwar die meisten inzwischen über die Klimakrise. Dennoch steuert die Erde derzeit laut Vereinten Nationen bis 2100 auf eine Erwärmung von 2,7 Grad zu – also weit mehr als die „deutlich unter 2 Grad“, zu denen sich fast 200 Staaten im Pariser Klimaabkommen verpflichtet hatten. Wie schlimm es werden kann, auch für die Deutschen, lassen die Sturzfluten des Sommers nur erahnen.

Deshalb ist es wichtig, wenn die Ak­ti­vist:in­nen weiter das Glas für noch lange nicht voll halten – und wütend auf die Merkels, Lindners, Bidens und Bolsonaros sind, stinksauer auf Shell und VW, RWE oder Thyssenkrupp: Deren Strategien, mit der wissenschaftlich erwiesenen Bedrohung der Schöpfung umzugehen, führen nämlich automatisch gen Apokalypse. Deshalb wird am Freitag weltweit an Tausenden und in Deutschland an 430 Orten für harten Klimaschutz gestreikt.

Die taz spürt in ihrem heutigen Spezial dem Urkonflikt der Fridays nach: dem Generationenclash in der Klimafrage (Seite 4–5). Bei der Bundestagswahl am Sonntag sind rund 70 Prozent der Wahlberechtigten über 40 Jahre alt. Das heißt: Nach der Wahl entscheiden weiter die „Alten“ über die Zukunft der Nachhut. So ist Demokratie. Aber so ist es auch logisch, dass die Jüngeren mit Klimastreik, Hungerstreik, Blockaden und Besetzungen weiternerven – damit aus Klima-Action Klimahandeln wird.

Wir lassen Demonstrierende aus der ganzen Welt über ihre Motivation zu Wort kommen (Seite 2), darunter Umweltaktivistin Carola Rackete. Und wir erklären, wieso Biodiversität so wichtig für den Klimaschutz ist. Außerdem, wie schwer Klimapolitik ist. Das Ergebnis des Klima-Wahlchecks (Seite 3): Keine der größeren Parteien traut sich, ihren WählerInnen für eine klimagerechte Politik etwas zuzumuten – weder CDU noch Grüne landen mit ihren Programmen nämlich beim 1,5-Grad-Ziel.

Deshalb, liebe Ü18, an diesem Freitag raus auf die Straße, am Sonntag ran an die Wahlurne!

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