Einfluss von Abtreibungsgegner*innen: „Viel mächtiger als angenommen“
EU-Abgeordnete Barley ruft zur klaren Positionierung gegen Abtreibungsgegner*innen auf. Eine zentrale Rolle komme Christdemokrat*innen zu.
Vergangene Woche hatte die taz berichtet, wie ein Netzwerk aus christlich-fundamentalistischen Gruppen gegen die Gleichstellung von Homosexuellen und die körperliche Selbstbestimmung von Frauen in Europa kämpft. Eine der zentralen Akteurinnen ist die Organisation CitizenGo. Sie hat nach eigenen Angaben über 15 Millionen Nutzer*innen weltweit und lanciert Onlinepetitionen gegen das Recht auf Abtreibung und gegen die Rechte von LGBTQI. Damit will CitizenGo europäische Parlamente beeinflussen.
Im europäischen Kontext sei deutlich zu spüren, dass viele dieser Organisationen in den vergangenen Jahren strategischer und offensichtlich mit mehr Geld arbeiten würden, sagte Katarina Barley gegenüber der taz. „Wir müssen deutlich machen: Das sind nicht irgendwelche harmlosen Bürger*innen. Das sind einflussreiche Lobbygruppen mit Milliarden im Hintergrund.“
Eine zentrale Rolle kommt dabei laut Barley den Christdemokrat*innen im Europaparlament zu. „Gerade die christlichen Parteien Europas dürfen nicht einknicken gegenüber christlich-fundamentalistischen Gruppen, die gegen Minderheitenrechte kämpfen.“ In einer Abstimmung, in der sich die Abgeordneten kürzlich für freien Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen in Europa ausgesprochen hatten, hatte es auch christdemokratische Gegenstimmen gegeben. Das deutsche Büro der EVP-Fraktion verweist auf eine Stellungsnahme, nach der sie „entschlossen für den Schutz ungeborenen Lebens“ eintrete.
Spaniens Datenschützer haben Vorermittlungen eingeleitet
Nach der Veröffentlichung der Recherche meldete sich der Präsident von CitizenGo per Mail bei der taz. Vor der Veröffentlichung hatte er ein Statement verweigert. Nun wirft er der taz vor, die Berichterstattung sei „verleumderisch, diffamierend und beleidigend“ für CitizenGo gewesen.
Ein großes Datenleck auf der CitizenGo-Webseite, das die taz aufgedeckt hatte, hat CitizenGo jedoch weitgehend behoben. So war bis zur vergangenen Woche möglich, auf der Webseite von CitizenGo Adressen von den Menschen abzurufen, die Petitionen unterzeichnet haben.
Nur weil die Daten nicht mehr online sind, heißt das jedoch nicht, dass für die Nutzer*innen keine Gefahr von der Sicherheitslücke ausging. „Wenn Daten so offen abrufbar sind, dann ist es mit einfachstem technischem Aufwand möglich, diese automatisiert auszulesen und zu speichern“, sagt Konstantin Macher vom Verein Digitalcourage der taz. „Dann ist davon auszugehen, dass die Daten aller Personen, welche sich auf dieser Website einmal beteiligt haben, schon längst irgendwo im Internet gesammelt wurden.“ Es ist auf der Webseite weiter möglich nachzuvollziehen, ob von einer E-Mail-Adresse aus bereits einmal eine Petition auf CitizenGo unterzeichnet wurde.
Ob die Organisation damit gegen Gesetze verstoßen hat, wird nun offiziell überprüft. Da ihr Sitz in Spanien ist, ist die spanische Datenschutzbehörde zuständig. Man habe ein Verfahren eingeleitet, eine sogenannte Vorermittlung, um den Sachverhalt zu überprüfen, erklärte die Behörde auf Anfrage.
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