Tempo und Masken gegen Corona: Mythos dritte Impfung
Die Diskussion um eine dritte Biontech-Impfung führt in die Irre. Wichtiger ist, möglichst viele Menschen möglichst schnell zweifach zu immunisieren.
D erzeit wird diskutiert, ob eine dritte Dosis nötig ist. Der Impfstoff von Biontech verliere laut israelischen Studien an Wirkung. Eine dritte Immunisierung mit dem Biontech-Impfstoff sei daher auch nach zwei Dosen mit dem hochwirksamen Vakzin angezeigt, um gegen die gefürchtete Deltavariante gewappnet zu sein. Biontech selbst stützt den Vorstoß aus Israel. Die Firma hat mitgeteilt, man sei überzeugt davon, dass eine dreifache Impfung mit dem mRNA-Impfstoff von Nutzen sein würde – um die Menschen noch besser vor Delta und kommenden Varianten zu schützen.
Ist das wirklich einleuchtend? Erst einmal: Die Mitteilung des israelischen Gesundheitsministeriums vom 5. Juli ist keine Studie, die zugrunde liegenden Daten stammen aus dem Juni und sind bevölkerungsbasiert, wurden bislang aber nicht veröffentlicht. Der Impfstoff wiederum ist nach wie vor nach zwei Dosen wirksam – er schützt zu mehr als 90 Prozent vor einer schweren Covid-Erkrankung, Krankenhauseinweisung und Tod.
Das ist, was er tun kann und tun soll. Von einem sicheren Schutz vor Ansteckungen waren auch Experten nicht ausgegangen. Impfungen gegen Atemwegserkrankungen leisten das fast nie.
Dass die israelische Regierung dennoch meint, man habe von Januar bis April einen fast absoluten Schutz vor Infektionen gesehen, muss man deshalb im Kontext der bekannten Maßnahmen betrachten, die tatsächlich vor Ansteckungen schützen – Masken, Hygiene und Kontaktbeschränkungen. In den ersten Monaten dieses Jahres waren sie auch in Israel noch strikt einzuhalten. Im Juni war das nicht mehr der Fall. Kurzum: Die Debatte um die dritte Dosis ist überflüssig und führt in die Irre.
Anstatt nun auch in Deutschland über dritte Dosen zu sprechen und die ohnehin schon reichliche Verwirrung um die Impfungen weiter zu eskalieren, gilt deshalb: Impfen, bis mindestens 80 Prozent der Bevölkerung zweifach immunisiert sind. Und die anderen, einfachen Maßnahmen weiter einhalten.
Das ist nicht nur für die Menschen im eigenen Land wichtig. Weil Geimpfte sich anstecken und das Virus weitergeben können, tragen sie es auf Reisen auch in Länder, die fast noch überhaupt nicht durch Impfungen geschützt sind. Davon gibt es noch viel zu viele.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen