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Rechtsextremer Anschlag in HalleHoffen auf weitere Hilfe

Nach dem rechtsextremen Anschlag in Halle sind die Betroffenen weiter in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Eine zugesagte Spende kommt nicht.

Muss immer wieder Unterstützung einfordern: Kiez-Döner-Betreiber Ismet Tekin Foto: Hendrik Schmidt/dpa

Berlin taz | Am 9. Oktober 2019 griff ein Rechtsextremist die Synagoge und den Kiez-Döner in Halle an. Er tötete eine Frau auf der Straße und erschoss einen jungen Mann im Dönerimbiss. Viele Betroffene sind bis heute traumatisiert. Ak­ti­vis­t*in­nen sagen, dass die Aufarbeitung des Terroranschlags nur schlecht funktioniere, es gebe zu wenig Unterstützung.

Der Imbiss müsse aus Sicht der Betreiber umgebaut werden, um nicht mehr an den Anschlag erinnert zu werden, so die Soligruppe Kiez-Döner. Einer der beiden Betreiber könne wegen der belastenden Erinnerung bis heute kaum mehr in dem Imbiss arbeiten. Auch seien nach dem Anschlag viele Kun­d*in­nen weggeblieben.

„Die Stadt hat seit dem Anschlag keinen Schritt von alleine unternommen, wir mussten jeden Kontakt einfordern und sind regelmäßig mit Zurückweisung konfrontiert“, teilt die Soligruppe um die Betreiber des Imbisses, Ismet und Rifat Tekin, auf Anfrage mit. Es gebe zwar Verbündete in der Stadtverwaltung, die die Betroffenen aufrichtig unterstützen wollten, heißt es: „Aber diese Menschen entscheiden letztendlich nicht über die Finanzen.“ Denn es geht hier auch um Spenden an die Betroffenen.

In einer schriftlichen Stellungnahme der Stadt Halle vor einigen Wochen wurde die Situation anders dargestellt: „Die Stadt hat Herrn Tekin Unterstützung beim Wiederaufbau des Gewerbebetriebes zugesagt“, erklärte Drago Bock, Pressesprecher der Stadt Halle. Bock schrieb, dass die Stadt eine finanzielle Hilfe von 47.000 Euro „koordiniert“ habe. Dieses Geld soll von der Saalesparkasse und von der Jüdischen Studierendenunion zu Halle an die Betreiber des Kiez-Döners geflossen sein.

Verweis auf Hartz IV

„Das stimmt nicht“, sagt die Soligruppe zu der Darstellung. Die Stadt habe die Spenden der Jüdischen Studierendenunion und der Saalesparkasse nicht „koordiniert“. Eine Spende von 27.000 Euro habe die Jüdische Studierendenunion eigenständig überwiesen. Die Soligruppe sagt, dass eine Spende von 10.000 Euro von der Saalesparkasse auf ihr Konto eingegangen sei. Mit dem Geld seien Schulden, laufende Fixkosten und Einnahmeausfälle nach dem Anschlag ausgeglichen worden.

Die Stadt selbst, so stellt es die Soligruppe dar, habe 2.000 Euro an finanzieller Hilfe geleistet. Eine weitere von der Stadt versprochene Spende sei nie angekommen. Im Gegenteil: Vor wenigen Tagen erreichte die Ak­ti­vis­t*in­nen und die Brüder Tekin ein Schreiben aus der Verwaltung. Darin wird erklärt, dass das versprochene Geld „wegen der weitreichenden Folgen der Pandemie“ nicht ausgezahlt werden könne. Es kommt also nicht mehr. Das Schreiben liegt der taz vor.

„Aus diesen Erfahrungen heraus können wir nur annehmen, dass die Stadt kein Interesse daran hat, die Betroffenen so zu unterstützen, wie sie es wirklich brauchen“, heißt es aus der Soligruppe. Empörung bei den Un­ter­stüt­ze­r*in­nen löste der Hinweis aus der Stadtverwaltung aus, die Brüder Tekin könnten doch Hartz IV beantragen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.

Hoffnung auf neuen Bürgermeister

Dazu schreibt der Pressesprecher der Stadt Halle: „Der Hinweis neben vielen weiteren, auch Unterstützung über ALG-II-Leistungen in Anspruch nehmen zu können, war durchaus opportun.“ Die Un­ter­stüt­ze­r*in­nen macht dies nur noch wütend: „Die leeren Versprechen, die Po­li­ti­ke­r*in­nen und Behörden hier lassen, die bringen uns nichts. Sie sprechen und gehen wieder.“

Die Soligruppe hofft dennoch darauf, dass sich in naher Zukunft etwas an der Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung ändert. Weil sich der langjährige parteilose Oberbürgermeister Bernd Wiegand Anfang des Jahres bei der Corona-Impfkampagne vorgedrängelt haben soll, wurde er Mitte Juni des Amts enthoben. Alle Blicke richten sich in Halle nun auf seinen Nachfolger Egbert Geier von der SPD.

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4 Kommentare

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  • ich verstehe auch nicht warum der Döner- Betreiber sich das noch antut, zumal es für ihn noch mit Angst besetzt ist an dem Ort weiter zu arbeiten. Ich bin keine Psychologin, aber ich würde sagen, er muss da raus und einfach anderswo sein Geschäft öffnen. Und wenn die Stadt oder wer auch immer ihm dazu noch eine Anschubfinanzierung gibt, wäre das nur recht und billig. Er lädt sich wahrscheinlich da etwas auf, dass er psychisch nicht stemmen kann, den Döner dort weiter zu halten und ihn gleichzeitig als eine Art Gedenkstätte weiterzubetreiben. Das sollten sich andere zur Aufgabe machen.

  • Der Text liest sich so, dals habe die Soligruppe eine Spende von 10.000 Euro benutzt, um eigene "Schulden, laufende Fixkosten und Einnahmeausfälle" zu begleichen. Sind die Spenden denn dafür auch gedacht gewesen? Oder ist Soligruppe = Kiez-Döner? Wenn letzteres, dann gingen dort doch 37000 Euro Spende ein. Was jetzt noch für den Umbau des Dönerladens erwartet wird, geht aus dem Text nicht so recht hervor.

    • @Chutriella:

      Ich hoffe es ist nur etwas unglücklich formuliert und das Geld wurde für Kosten und Schulden des Restaurantbetreibers verwendet. Eine genaue Aufstellung des aktuellen Finanzbedarfs und die Nennung eines Spendenkontos wären eigentlich angesagt. Warum muss eigentlich immer nur der Staat alles richten? Der aktuelle Finanzbedarf ist aber vermutlich eher pandemiebedingt. Das die öffentliche Hand da jetzt nicht endlos alimentiert ohne Zusammenhang mit dem ursprünglichen Vorfall ist auch irgendwie nachvollziehbar. Den Hinweis auf H4 haben in meinem Bekanntenkreis auch alle Selbstständige bekommen die sich mehr Hilfe erhofft hatten.

  • Genau für diese Art der Berichte bin ich taz-Unterstützer.

    Falls Ihr einen Folgebericht plant. Was machen eigentlich gruene-hanau.de/ ?

    Spoiler - die sind aktiver als die Landesregierung:



    gruene-hanau.de/of...an-die-cdu-hessen/