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Sportlerinnen in den MedienTurnen statt Boxen

Frauen, die Spitzensport machen, sind in den Medien unterrepräsentiert. Wenn sie zu sehen sind, dann eher passiv und in kontaktarmen Disziplinen.

Gibt's nicht nur als männliche Disziplin: die deutsche Gewichtheberin Sabine Kusterer 2016 in Rio Foto: imago

Es kommt nicht allzu oft vor, dass Sportverbände als Vorkämpfer für Gleichberechtigung in Erscheinung treten. Kurz vor Beginn der Olympischen Spiele aber setzte der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) zur Medienkritik an. In der viel beachteten Kampagne #ShowUsEqual fordert er eine „ausgewogene und gleichwertige Sportberichterstattung – ohne stereotype und diskriminierende Darstellungen von Sportlerinnen in Wort und Bild“.

Ganze 10 Prozent der sportmedialen Aufmerksamkeit, so der DOSB, gehen außerhalb von Großereignissen wie Olympia an sporttreibende Frauen. Nur 4 Prozent der Mädchen zwischen 6 und 13 Jahren hätten ein Vorbild im Sport, im Gegensatz zu 42 Prozent der Jungs im selben Alter. Für die Sportlerinnen seien mit der medialen Unsichtbarkeit deutlich geringere Einnahmen verbunden.

Es ist ein Thema mit mindestens zwei Ebenen. Viele Studien kommen zu dem Schluss, dass Frauen als Protagonistinnen höchstens 15 Prozent der Sportberichterstattung erhalten. Die Sporthochschule Köln stellt eine leichte Verbesserung fest und prognostiziert, dass es bei dem aktuellen Tempo 130 Jahre dauern wird, bis über Männer und Frauen im Sport gleich oft berichtet wird.

Das hat auch mit der Zusammensetzung der Redaktionen zu tun. Der alte Witz, dass im Sport „Männer für Männer über Männer“ berichten, stimmt weiterhin. Der Verband Deutscher Sportjournalisten, der seinen Titel bezeichnenderweise nicht gendert, schätzt den Anteil der Frauen in der Branche auf etwa 10 Prozent. Auf ähnlichem Level pendelte er schon 2004. Und viele von ihnen sind normschöne Moderatorinnen oder Field-Reporterinnen statt Journalistinnen, die etwa Taktik analysieren.

Systematischer Ausschluss

Mindestens genauso problematisch sind die Inhalte. Die Sportsoziologin Bettina Rulofs schreibt, dass es zwar Hinweise auf eine Verbesserung gebe, Männer aber weiterhin viel in stereotyp aggressiven Sportarten wie Boxen, Fußball oder Motorsport gezeigt würden, Frauen dagegen in Sportarten ohne gegnerischen Kontakt wie Schwimmen, Turnen oder Tennis, die auch bestimmte weibliche Körperbilder vermitteln. Männer würden stärker in aktiven Situationen gezeigt, Frauen eher passiv. Immerhin würden sportliche Leistungen mittlerweile laut jüngeren Studien gleich hervorgehoben.

Durch die neue feministische Welle kommt das Thema sehr allmählich in den Sportmedien an, der Sexismus ist weniger krass als früher. Und dennoch: In einer aktuellen SWR-Umfrage beklagten 26 Prozent der befragten Spitzensportlerinnen, sie würden von den Medien weniger ernst genommen, 14 Prozent nannten sexistische Berichterstattung – und ein Drittel berichtete, für die eigene Karriere spiele das Aussehen eine wichtige Rolle.

Und es gibt eine zweite Ebene, denn dass gerade der DOSB sich zum feministischen Vorreiter aufschwingt, ist auch ein wenig wohlfeil. Es gibt Gründe, warum die Darstellung der Sportlerinnen so ist. Die aktuellen Olympischen Spiele sind die ersten geschlechterparitätischen Spiele überhaupt. Was die Verbände gerade feiern, ist ein Armutszeugnis. Seit Sportverbände den Ton angeben, also etwa seit Ende des 19. Jahrhunderts, wurden Frauen systematisch ausgeschlossen.

Über Jahrzehnte, teils ein Jahrhundert, verweigerte man ihnen bei Olympia schlicht die Teilnahme. Die Sportarten, die Frauen gerne betreiben durften, waren vor allem kontaktarme Sportarten der Oberschicht wie Tennis und Schwimmen – die immer noch vorwiegend bei Frauenwettkämpfen in den Medien gezeigt werden. Boxen wurde für Frauen in Deutschland etwa erst in den Neunzigern legalisiert. Und erst 2012 wurde es olympisch. Durch die so entstandene Machokultur klicken sich Texte über Frauensport kaum, was wiederum Medien nicht dazu motiviert, sie zu schreiben.

Vorschriften für knappe Höschen

Auch wenn es mittlerweile kaum mehr direkte Verbote gibt, nutzen die Verbände ihre Macht über Sportplätze und Veranstaltungsdaten, Vorschriften für knappe Höschen oder Testosteronwerte, um zu bestimmen, welche Frauen wie Sport treiben dürfen. Bei der Siegerehrung gebührt den Männern der krönende Abschluss. Unabhängige Frauenverbände wurden stets nach Kräften verhindert.

Der DOSB ist tendenziell bemühter als andere; er hat etwa ein paritätisch besetztes Präsidium und seit 2014 eine 30-Prozent-Quote für seine Gremien. In seinen Mitgliedsorganisationen sieht das jedoch ganz anders aus. Und in der SWR-Umfrage berichteten 77 Prozent der Spitzensportlerinnen, sie würden überwiegend von Männern trainiert. Sportverbände und Sportmedien funktionieren ähnlicher, als es beide gerne hätten.

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3 Kommentare

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  • Super Artikel, auch wenn es mich, so schade es ist, nicht wirklich verwundert. Eine Frage ist mir aber gekommen: gibt es auch Zahlen zu den Zuschauern bei Männer/- Frauenwettkämpfen? In dem Artikel stand ja, dass nur 10-15% der Artikel sich mit Frauensport befassen. Ist das wohl proportional zum Anteil der Zuschauer? Also schalten nur 10-15% der Zuschauer für Frauensport ein? Das ist nämlich ein Argument, das ich oft höre, ich kann mir aber nicht vorstellen, dass es wirklich so ist

  • Ich bin ähnlich bestürzt wie die Autorin, allerdings über die vollkommene Unterrepräsentation von Männerschuhen in Modemagazinen. ;-)

    Davon abgesehen stimmt doch die Kategorisierung nicht so richtig: Wenn sich Frauen beim Biathlon gewaltige Anstiege hochkämpfen und danach hochaggressiv auf schwarze Scheiben ballern, ist das Fernsehen voll dabei. Und wer glaubt, Tennis sei eine weiche, kontaktfreie Sportart, hat noch nie gesehen, wie martialisch Serena Williams & Co. auf arme unschuldige Bälle eindreschen...

    Es gibt durchaus Aggressivität und Aktivität im Frauensport, die auch berichtet werden. Aber die Medien nehmen eben auch Rücksicht darauf, was die Zuschauer sehen wollen. Und das ist in vielen Fällen einfach die höhere Dynamik, die im Spitzenbereich unweigerlich die Männer zustande bringen. Die mediale Verbreitung von Hochleistungssport ist nun einmal in erster Linie Unterhaltung und folgt deren Kriterien.

    Was man aus diesen Spielchen gänzlich ausklammern sollt, ist die Frage nach den Hormonen im Frauensport. Hier dient die harte Linie von Verbänden nicht dem Fernsehpublikum sondern der großen Mehrzahl an leistungssportlich aktiver Frauen, die sich nicht schinden, um dann doch gegen eine Konkurrenz chancenlos zu sein, die mit hormonell ungleichen Waffen kämpft. Das bleibt sicher eine Kontroverse, die menschlich und sportlich einer Lösung bedarf, aber mit der Benachteiligung von Frauen im Sport gegenüber Männern hat sie nichts zu tun. Einzig mag man sich wünschen, dass in der Diskussion in den Medien nicht immer nur die betroffenen Aktiven gegen die Funktionäre gestellt werden, sondern auch die Sportlerinnen OHNE erhöhten Testosteronspiegel mal mehr zu Wort kämen (wenn sie das wünschen).

  • "Der Verband Deutscher Sportjournalisten, der seinen Titel bezeichnenderweise nicht gendert, schätzt den Anteil der Frauen in der Branche auf etwa 10 Prozent"

    Der Verband Deutscher Zeitungsleser, ungegendert, schätzt den Anteil der Männern an den Lesern von Sportseiten auf ca 95%.

    Ansonsten, gerne voran gehen, mehr von Frauensport berichten, zB von der heutigen sehr aktiven Olympasiegerin im Radfahren. Obwohl, wenn man dann auch über die zweiten und dritten berichtet, kommt ein arg passives Bild rüber.

    Die Klickzahlen werden zeigen, was gelesen wird.



    Nur nicht über "Testosteronwerte, um zu bestimmen, welche Frauen wie Sport treiben dürfen." - die schützten nämlich Frauen.