piwik no script img

Vier Jahre Haft für IS-Witwe

Omaima A. verurteilt, weil sie von Sklaverei profitierte

Bei der Urteilsverkündung saß auch eine der Frauen im Saal,die gezwungen wurden, bei Omaima A. zu putzen

Das Hamburger Oberlandesgericht hat nachgelegt: Es verurteilte die IS-Rückkehrerin Omaima A. am Donnerstag zu insgesamt vier Jahren Haft – wegen Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Sie soll die Sklaverei unterstützt und auch direkt von der Ausbeutung von zwei Jesidinnen auf dem Gebiet des sogenannten Islamischen Staats (IS) in Syrien profitiert haben.

Mit diesem Urteil erhöhte das Gericht ihre Haftstraße um ein halbes auf insgesamt vier Jahre. Im Oktober 2020 war sie schon einmal verurteilt worden – damals wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Das zweite Verfahren hatte die Staatsanwaltschaft angestoßen, weil es neue Hinweise zu den Umständen von A.s Aufenthalt im syrischen Rakka gab.

Dort sollen zwei jesidische Sklavinnen bei Omaima A. geputzt haben. Bei ihr gelebt haben sollen sie aber nicht. Trotzdem, stellte das Gericht fest, habe sie damit direkt von der Ausbeutung der jungen Frauen profitiert und wurde auf dieser Grundlage schuldig gesprochen. Bei der Urteilsverkündigung saß auch eine der Frauen im Saal, die gezwungen wurden, bei Omaima A. zu putzen. Sie befindet sich im Zeugenschutzprogramm.

Der IS hatte 2014 mit der Vertreibung und Ermordung von Je­si­d*in­nen aus dem Nordirak begonnen. Laut einer Studie der Vereinten Nationen aus dem Jahr 2017 töteten An­hän­ge­r*in­nen des „Islamischen Staates“ damals mehr als 3.000 Menschen und entführten weitere 6.000.

Vor Gericht hatte sich Omaima A. im ersten Verfahren nur bedingt einsichtig gezeigt und die Schuld von sich gewiesen: Ja, sie habe beim IS gelebt. Eigentlich habe sie dort aber nur ein Jahr lang die Wohnung geputzt und sich um ihre Kinder gekümmert, sagte sie damals vor Gericht. Am Ende des zweiten Prozesses gestand sie dann doch: Die zwei jungen Frauen hätten in ihrer Wohnung geputzt und ihr sei klar gewesen, dass sie keine Wahl hatten.

A. war 2015 in das damals vom IS besetze Rakka gereist, mit ihren drei Kindern. Damit folgte sie ihrem damaligen Ehemann und Vater der Kinder, der sich der terroristischen Miliz angeschlossen hatte. Er starb kurz danach. Sie blieb in Syrien und heiratete wieder, diesmal den Berliner Rapper und Islamisten Denis Cuspert – selbst seit 2014 beim IS. Nach Angaben des Bundeskriminalamtes starb auch er 2018.

Bereits 2016 kehrte Omaima A. nach Deutschland zurück und lebte unentdeckt drei Jahre lang in Hamburg. Dort arbeitete sie nach eigenen Angaben als Übersetzerin und Eventmanagerin. Eine jordanische Journalistin fand Bilder von ihr im Internet. Davon ausgehend konnte sie den Weg der Frau nach Deutschland zurückverfolgen und so die Ermittlungen gegen die heute 37-Jährige in Gang setzen. Lisa Bullerdiek

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen