Senat zu Deutsche Wohnen & Co enteignen: Ablehnende Neutralität

Über eine Stellungnahme des Senats zum Volksentscheid DW enteignen gibt es Streit. Die Initiative kritisiert die mögliche Einigung von SPD und Linken.

Linken-Politiker bei der Übergabe von Unterschriften an DW Enteignen

Linken-Politiker bei der Übergabe von Unterschriften an DW Enteignen Foto: dpa

Berlin taz | Die rot-rot-grüne Koalition ringt um ihre Stellungnahme zum Volksentscheid „Deutsche Wohnen & Co enteignen“. Am Dienstag soll im Senat ein finaler Text beschlossen werden, der dann mit den Amtlichen Wahlunterlagen verschickt wird. Die Schwierigkeit: SPD, Linke und Grüne haben keine einheitliche Position. Während die SPD die Vergesellschaftung der großen privaten Wohnungsbestände ablehnt, ist die Linke dafür, mit Einschränkungen auch die Grünen.

Anders als bei bisherigen Volksentscheiden, etwa zur Offenhaltung Tegels, wird der Senat nicht für ein Ja oder Nein werben, sondern – bei einer Einigung – eine allgemeine Einschätzung abgeben. Und anders als bei jedem Volksentscheid bislang wird eine Stellungnahme der Mehrheit des Abgeordnetenhauses gänzlich fehlen. Eine dafür notwendige Sondersitzung wird wohl nicht mehr zustande kommen. Die ursprüngliche Frist für die Einreichung der maximal 5.000 Zeichen langen Texte – auch die Initiative hat einen geschrieben – endete schon vor einer Woche. Ab 15. August werden die Wahlunterlagen verschickt, bis dahin müssen Millionen Broschüren gedruckt werden.

Auf der Tagesordnung für Dienstag hat der Senat eine Debatte anberaumt, wie die zuständige Senatsverwaltung für Stadtentwicklung auf Anfrage der taz bestätigte – ohne zum Inhalt Stellung zu nehmen. Dem Vernehmen nach gibt es noch Streitpunkte zwischen Stadtentwicklungssenator Sebastian Scheel (Linke), Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) und der Senatskanzlei von Michael Müller (SPD).

Eine Vorlage für einen Text kursiert aber bereits. Darin heißt es zur angestrebten Überführung von 226.000 Wohnungen aus Privateigentum in öffentliches Eigentum: „Dies kann nur durch ein politisch und juristisch umstrittenes Vergesellschaftungsgesetz erreicht werden, hätte weitreichende Bedeutung und wäre juristisches Neuland.“ Im weiteren Verlauf wird auf die amtliche Kostenschätzung des Senats für die Entschädigungssumme eingegangen. Demnach geht der Senat von kreditfinanzierten Entschädigungskosten von „mindestens 29 Milliarden Euro“ aus, die das Land mit „etwa 6 Milliarden Euro bezuschussen müsste“.

Streit um die Finanzierung

In der Linken dürfte der Text für Unmut sorgen, befeuert er doch das zentrale Argument der Gegner*innen, die Vergesellschaftung sei zu teuer und würde den Haushalt belasten. Das Finanzierungsmodell der Initiative sieht dagegen vor, die Kredite vollständig aus den Mieteinnahmen zu refinanzieren. Die ursprüngliche Kostenschätzung des Senats hält die Initiative für viel zu hoch und überdies für veraltet.

„Das Prinzip Einnahmen finanzieren Kaufpreis hat Berlin zuletzt mehrfach angewendet oder angekündigt, zuletzt bei der Rekommunalisierung des Stromnetzes und auch beim Ankauf der 20.000 Wohnungen im Zuge der Übernahme der Deutsche Wohnen durch Vonovia“, sagt DW-enteignen-Sprecher Ralf Hoffrogge. Kollatz selbst hatte diese Modelle für gangbar gehalten. „Wenn nun etwas anderes behauptet wird, sind das interessengeleitete Rechnungen“, sagt Hoffrogge. Von Scheel forderte er, dass die „Finanzierung zum Ertragswert endlich auch im Falle der Vergesellschaftung ernsthaft durchgesetzt wird, statt veraltete Zahlen in die Wahlbroschüre zu schreiben“.

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