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Verhaftung Oppositioneller in NicaraguaSchnurstracks in Richtung Diktatur

Nicaraguas Präsident Daniel Ortega lässt weitere Oppositionelle festnehmen. Darunter ist die legendäre „Comandante 2“, Dora María Téllez.

Steht bereits seit Anfang Juni unter Hausarrest: Cristiana Chamorro Barrios Foto: Jorge Torres7efe/epa

Wien taz | Nicaraguas Regierung unter Präsident Daniel Ortega bewegt sich weiter in Richtung Diktatur. Vier von sieben potentiellen Oppositionskandidaten für die kommenden Präsidentenwahlen sind seit Monatsbeginn festgenommen oder in Hausarrest gesteckt worden. Am Sonntag hat die Polizei fast die gesamte Führung der oppositionellen Unamos zu Hause abgeholt. Darunter die legendären Comandantes Dora María Téllez und Hugo Torres sowie den Ex-Vizeaußenminister Víctor Hugo Tinoco. Man wirft den verdienten Veteranen der sandinistischen Revolution Verstöße gegen das erst kürzlich geschaffene Gesetz 1055 „zur Verteidigung der Rechte des Volkes auf Unabhängigkeit, Souveränität und Selbstbestimmung für den Frieden“ vor.

Laut Polizeikommuniqué wurden sie unter dem Verdacht festgenommen, „zur ausländischen Intervention in innere Angelegenheiten aufgerufen zu haben“ und „mit der Finanzierung durch ausländische Mächte Terrorakte“ vorbereitet sowie „Sanktionen gegen den nicaraguanischen Staat und seine Staatsangehörigen begrüßt“ zu haben. Nach einer ebenfalls neuen Strafrechtsreform können Verdächtige jetzt statt 48 Stunden bis zu 90 Tage ohne formale Anklage in Untersuchungshaft gehalten werden.

Der international bereits weitgehend isolierte Präsident Daniel Ortega, der sich am 7. November um eine vierte Amtszeit in Folge, seine fünfte insgesamt, bewerben will, scheint jedes Risiko ausschließen zu wollen. Am 2. Juni ließ er über die Zeitungsverlegerin Cristiana Chamorro wegen angeblicher Geldwäsche Hausarrest verhängen. Deren Mutter Violeta Barrios de Chamorro hatte Ortega 1990 als Kandidatin einer breiten Allianz besiegt. Ähnliches dürfte Ortega jetzt befürchten, wenn sich die verschiedenen Oppositionsbündnisse auf eine gemeinsame Kandidatur einigen.

Auch der ehemalige Präsident des Unternehmerverbandes José Adán Aguerri und der Ex-Präsident der Nicaraguanisch-Amerikanischen Handelskammer Mario Arana wurden letzte Woche festgenommen. Über sandinistische Medien wird verbreitet, alle diese Oppositionellen würden vom US-Geheimdienst CIA gesponsert, damit sie einen Umsturz vorbereiten.

Einst sein Leben für Daniel Ortega riskiert

Tatsache ist, dass die meisten oppositionellen Medien und Organisationen ohne Gelder von ausländischen Stiftungen oder Organisationen kaum überleben könnten. Die USA haben gegen mehrere hohe Funktionäre, darunter die Ortega-Tochter und Medien-Unternehmerin Camila Ortega Murillo, Sanktionen und Einreiseverbote verhängt.

Der 73-jährige Hugo Torres konnte noch ein kurzes Video aufnehmen, bevor die Polizei am Sonntag gewaltsam in sein Haus eindrang, um ihn abzuführen. Darin erinnerte er daran, dass er 1974 sein Leben riskiert hatte, als er mit einer Geiselnahme während der Party eines Ministers der Somoza-Diktatur die Freilassung des politischen Gefangenen Daniel Ortega durchsetzte.

Auch die militärischen und später administrativen Verdienste von Dora María Téllez sind unbestritten. Beide trennten sich aber 1994 von Ortega und gründeten die Sandinistische Erneuerungsbewegung (MRS) weil Ortega jede Reform der hierarchischen Struktur der Sandinistischen Befreiungsbewegung (FSLN) blockierte.

Die MRS erfreute sich zwar des Zulaufs von Intellektuellen und Künstlern, konnte aber nie eine Massenbasis aufbauen, die Ortegas Macht ernsthaft herausgefordert hätte. Anfang des Jahres wurde die Partei in Unamos umbenannt, weil das Etikett „sandinistisch“ inzwischen als Belastung empfunden wird.

Der Journalist Carlos Fernando Chamorro fragt sich in einem Editorial seiner Online-Zeitung confidencial.com.ni, warum Ortega die Oppositionellen fünf Monate vor den Wahlen hinter Gitter bringt, obwohl er doch das Wahlgesetz so zurecht gerichtet und den zentralen Wahlrat so besetzt hat, dass seine Wiederwahl – notfalls durch flagranten Betrug – ungefährdet ist.

Er hat zwei Theorien: Ortega fürchte trotzdem eine Niederlage, oder der autoritäre Staatschef wolle das Land Richtung Kuba steuern, wo die Kommunistische Partei als Einheitspartei regiert. Chamorro arbeitet vom Exil in Costa Rica aus, seit sein Redaktionsgebäude in Managua zuerst besetzt und geplündert und dann konfisziert wurde. Manche Beobachter orakeln bereits, dass die Wahlen überhaupt abgesagt werden könnten.

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3 Kommentare

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  • Das ganze lässt sich von hier aus schlecht beurteilen. Kann ja sein, dass da Verbindungen mit den USA geknüpft wurden, oder dass die Verhängung von Sanktionen gegen Nicaragua vorgeschlagen wurden. Tut ja Tichanowskaja und Guaido auch.

    Warum wird eigentlich in Abrede gestellt, dass tatsächlich Gesetze übertreten wurden. Warum wird das jetzt als unseriös dargestellt?

    • @Martin_25:

      Fragen Sie doch mal nach der Gleichschaltung des Staatsapparats unter seiner Herschaft, dem Ausschalten einer demokratischen Opposition, den massiven und systematischen Menschenrechtsverletzungen..., fragen Sie doch mal nach Mord und Totschlag seiner Killerbanden, seiner persönlichen Bereicherung und der seines Familienclans, seiner Verquickung über Jahrzehnte mit der Oligarchie und dem Kapital des Landes, dem Ausverkauf des Landes an China für grössenwahnsinne Projekte wie einem neuen Panamakanal, der Verquickung des Saatsapparates in den Drogenschmuggel. Fragen Sie mal nach dem Staatsterror, den dieser ehemalige Revolutionär und jetzige Diktator gegen die eigene Bevölkerung losgetreten hat. Aber diese Fragen interessieren Sie nicht, da Sie meinen, der Zweck heilige die Mittel....nur welcher Zweck? Wenn Sie meinen, dass Ortega und seine Mafia noch irgendwelche sozialen Projekte verteidigt, kennen Sie die Realität Nicaragus nicht.

  • Vertreter von Unamos im Ausland haben Politiker der EU, Vertreter der OEA und der USA auf die Risiken ihrer viel zu lange andauernden Passivität gegenüber der Diktatur hingewiesen: die Möglichkeit eines bewaffneten Aufstands und eine neue Flüchtlingswelle in Richtung USA und Europa. Zur Isolierung Ortegas braucht die OEA die Zustimmung von 24 der 35 Mitgliedsstaaten zur sog. "Carta interamericana".



    Wegen der neutralen Haltung eher linker (Bolivien, Argentinien, México), aber auch , aber auch rechter Regierungen (El Salvador, Honduras, Dom. Rep., etc.) kommt die notwendige Zustimmung nicht zustande.



    Währenddessen fordert Staatsminister im AA, Niels Annen, den Diktator nur zögerlich auf, doch bitte die "Menschenrechte zu achten" und "zur Rechtsstaatlichkeit zurückzukehren." Wie in Belarus, Myanmar oder Russland, werden aber diese Floskeln den Widerspruch zwischen einer Diktatur und der Opposition nicht beseitigen.