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Aktionstage für die VerkehrswendeKlimaprotest geht auf die Straße

Autos und Straßen rücken immer mehr in den Fokus der Klimabewegung. Für das Wochenende sind bundesweit Blockaden und Demos geplant.

Protest gegen die Rodung des Dannenröder Waldes für den Ausbau der Autobahn A49 Foto: Christian Mang

Hamburg taz | Gegen Straßen- und Autobauwut: In mindestens 50 Städten wollen Kli­ma­schüt­ze­r*in­nen am Wochenende unter dem Motto „Mobilitätswende jetzt“ protestieren. Ortsgruppen von verschiedenen Umweltverbänden und Klimagerechtigkeitsbündnissen organisieren Fahrraddemos, Straßenblockaden und Kundgebungen.

Die größte Aktion soll in Berlin stattfinden. Die Gruppen Ende Gelände und Sand im Getriebe – beide vor allem für Blockaden von Kohletagebauen bekannt – rufen dazu auf, die Stadtautobahn A 100 zu blockieren. In Braunschweig, Wolfsburg und Lüneburg wollen Ak­ti­vis­t*in­nen gegen den Ausbau der A 39 protestieren, in Osnabrück gegen die Verlängerung der A 33, in Kiel gegen die A 21.

In Hamburg ruft die Ortsgruppe von Ende Gelände zur Anreise ins nördliche Sachsen-Anhalt auf. Dort versuchen Be­set­ze­r*in­nen seit Wochen, den Losser Forst gegen die A 14 zu schützen – gegen den massiven Widerstand lautstarker, mutmaßlich sogar gewalttätiger Autofans. Im Mai hatte es einen Brand in dem alten Bahnhof gegeben, den die Kli­ma­schüt­ze­r*in­nen als Basislager nutzen – die Polizei geht von Brandstiftung aus. Zu dem Zeitpunkt hielt sich zum Glück niemand in dem Gebäude auf.

Sind Autobahnen für die Kli­ma­schüt­ze­r*in­nen die neuen Kohlekraftwerke? Zumindest stehen sie mittlerweile ganz oben auf der Agenda des Protests. „Der Danni war ein Turning Point“, sagt Dominique Just, Mobilitätsreferentin der Umweltorganisation Robin Wood.

Politisches Ziel: Bundesverkehrswegeplan kippen

Sie meint die Besetzung des Dannenröder Forsts im vergangenen Jahr, die dessen Teilabholzung für die A 49 verhindern sollte, in dieser Hinsicht allerdings erfolglos war. „Aber die Vernetzung vor Ort und das öffentliche Interesse haben stark dazu beigetragen, Autoinfrastruktur in den Fokus der Klimaproteste zu rücken“, sagt Just.

Das nächste Ziel müsse sein, den Bundesverkehrswegeplan zu kippen. Das zentrale Instrument der Verkehrsinfrastruktur­planung auf Bundesebene sieht den Ausbau von weiteren Hunderten Kilometern Autostrecke vor.

Das Bündnis Wald statt Asphalt, das maßgeblich hinter den Protesten um den Danni stand, hält auch beim kommenden Aktionswochenende die Fäden zusammen. Dass sie sich mit dem Auto einen sehr mächtigen Gegner gesucht haben, wissen die Aktivist*innen. „Schließlich hat niemand ein Kohlekraftwerk in der Garage stehen, viele aber ein Auto“, sagt Martin Bauhof vom Vorbereitungsteam.

Außerdem sei die Autolobby in Deutschland noch mächtiger als die Kohlelobby, so der Aktivist. Das Aktionswochenende soll die Breite des Aktivismus für die Mobilitätswende sichtbar machen – von Bürgerinitiativen im ländlichen Raum über städtische Bündnisse bis zu Ver­fech­te­r*in­nen zivilen Ungehorsams.

In der vergangenen Woche gab es schon mehrere Anti-Auto-Aktionen. Etwa 20 Greenpeace-Aktivist*innen klauten am Mittwoch die Schlüssel von rund 1.000 VW-Neuwagen. Die warteten auf dem Verladehafen Emden darauf, zu Exportgütern zu werden – vorerst vergeblich. Anschließend brachten die Kli­ma­schüt­ze­r*in­nen die Schlüssel in Säcken auf den nördlichen Schneeferner, einen durch die Klimakatastrophe bedrohten Gletscher der Zugspitze.

Als „Notwehr“ bezeichnete die Greenpeace-Sprecherin Marion Tiemann die Aktion. Vor dem Hintergrund der Klima­krise weiter Verbrenner zu bauen, sei so kaltblütig, dass sie nicht einfach zuschauen könnten. Die Polizei ermittelt wegen Hausfriedensbruchs und besonders schweren Diebstahls.

Manche Ak­ti­vis­t*in­nen richten sich nicht in erster Linie gegen die Verbrennerproduktion. In der Nacht zum vergangenen Mittwoch hatten Unbekannte sechs Hochspannungskabel der im Aufbau befindlichen Tesla-Gigafabrik im brandenburgischen Grünheide in Brand gesetzt. Aus ihrer Sicht ist auch der Elektroautobauer weder ökologisch noch sozial, schrieben sie auf der Plattform Indymedia.

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7 Kommentare

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  • Sammeltaxis!



    Mit Siebensitzern die Privateigentumsautos ersetzen. Dass keiner mehr Autos kauft.



    Zusätzlich zu Bahnen und Bussen, in einem flexiblen Komm- und Abholsystem in den Städten und mit den Stadträndern.



    Durch Beiträge umlagefinanziert gestaffelt wie bei den Krankenversicherungen und subventioniert.



    Der Fuhrpark wird gewartet wie von der Straßenbahn-Bus-Ges.



    Lastenfahrräder sind sehr gut aber einige Strecken sind zu weit.

    • @nzuli sana:

      Zumal der Zubau an der immer schon irrwitzigen Zunahme der Neuzulassungen orientiert war.

  • AutobesitzerIn = Autofan = Mitglied der Autolobby = Gewalttätig

    AktivistIn = Klimaschützer = ziviler Ungehorsam = Notwehr

    Gleichungen können so einfach sein.

    Oder



    40 Mio AutofahrerInnen >> 0,001 Mio AktivistInnen

    • 1G
      17900 (Profil gelöscht)
      @fly:

      Was haben Sie geraucht. Klare Sätze sind nicht ihr Ding, oder?

  • grundsätzlich ist die forderung nach dem ende des privaten massenautomobilismus zwar richtig -aber wahlen kann man damit nicht gewinnen.strassenbloquaden im vorfeld der bundestagswahlen zu machen ist politisch unklug.damit treibt man autofahrer*innenparteien wähler*innen zu.man erreicht das gegenteil dessen was man erreichen will.am ende könnte sogar die "a" fd davon profitieren.die anti-auto-kampagne sollte daher zumindest was strassenbloquaden angeht auf die zeit nach der bundestagswahl verschoben werden



    was sollten die aktivist*innen stattdessen tun?



    waffenexporte sind bei einer grossen mehrheit der bevölkerung sehr unpopulär.auch rein symbolische bloquaden die sich gegen die deutsche waffenindustrie richten wären politisch nützlich



    vor allem kosten sie keine wähler*innenstimmen und sie schaffen eine negative öffentlichkeit für den militarismus



    da für den militarismus die mittel verschwendet werden die man für einen sozial gerechten klimaschutz braucht liegt es auch im eigeninteresse der klimaschützer*innen sich antimilitaristisch zu engagieren



    und nach der bundestagswahl können sie dann ja ihre anti-auto-kampagne machen.

    • @satgurupseudologos:

      Ich stimme Ihnen zu, da die hippe Verbotskultur nur noch mehr Menschen dazu verleitet, AfD zu wählen.



      Was mir mittlerweile extrem auf die Nerven geht ist die Tatsache, dass die KlimaschützerInnen einen der ganz großen CO2 Verursacher permanent außen vor lassen. Und das ist das Militär und die Rüstungsindustrie. Hier helfen offensichtlich der kalte Krieg und die alten Feindbilder, die Rüstungs- und Militärausgaben ständig zu erhöhen. Selbst der Weltklimarat lässt den enormen CO2 Ausstoß von Militär und Rüstungsindustrie BEWUSST außen vor.

      • 1G
        17900 (Profil gelöscht)
        @Rolf B.:

        Die Zementhersteller hat fast nie jemand auf der Rechnung. Dabei verursachen die soviel CO2 wie alle LKW auf der Erde zusammen. Einfach mal recherchieren.